Filmplakat Doctor Strange in the Multiverse of Madness

6/10

"Man geht bei Rot." — Doctor Strange in the Multiverse of Madness, 2022

Doctor Strange in the Multiverse of Madness

Besprechung

Wieder einmal Ärger in der Stadt. Im Zentrum des Ärgers ist ein junges Mädchen. Doctor Stephen Strange (Benedict Cumberbatch) erkennt, dass hier mystische Mächte am Werk sind. Die junge America Chavez (Xochitl Gomez) kann gerettet werden, doch sie will gleich wieder weglaufen. Irgendwie kommt das Mädchen Strange bekannt vor. Hat er nicht noch letzte Nacht von ihr geträumt? Ein sehr verwirrender und gewaltsamer, gruseliger Traum.

Nein, das war kein Traum, das war ein Blick in ein anderes Universum, in dem ein anderer Doctor Strange mit America vor einem Monster geflohen und schließlich gestorben ist. Da ist es also: das Multiversum. Doctor Strange und der Großmeister der Zauberer, Wong (Benedict Wong), erkennen, dass hier nicht Zauberei, sondern Hexerei am Werke ist. Etwas will die Kräfte von America stehlen. America kann durch das Multiversum springen.

Doctor Strange sucht bei der mächtigsten Hexe Hilfe, die er kennt. Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen), die einen Zusammenbruch hatte und nun der Magie abgesagt hat, lebt ein einfaches Leben. Dumm, dass sie sich verrät. Denn sie ist es, die es auf Americas Kräfte abgesehen hat. Sie hat das Darkhold, ein Buch des Bösen, geöffnet und will Americas Kräfte für ihren eigenen Traum nutzen.

Meinung von

Seit beinahe 15 Jahren besteht die Kinolandschaft – gefühlt – nur noch aus Filmen aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU). Was mit Iron Man anfing und sich über die Avengers mit seinen diversen Charakteren ausbreitete, befindet sich 2022 in der so genannten Phase Vier. Und was soll ich sagen? Ich habe außer Spider-Man: No Way Home bisher noch nichts davon gesehen. Das hat mit Corona zu tun, aber auch einfach mit einem Gefühl von Sättigung, hin zu Desinteresse. Doctor Strange war lustig und gut umgesetzt. Doctor Strange in the Multiverse of Madness hat es als zweiter Teil natürlich schwer. Corona ist noch in aller Knochen, dennoch kommen allmählich wieder Menschen in die Kinos. Das ist gut. Im Regiestuhl saß diesmal Sam Raimi. Ist das gut?

Raimi hat mit Spider-Man 3 etwas geschaffen, das von vielen Kinogängern als lächerlich abgetan wurde. Tobey Maguire als böser Party-Peter ging echt nicht. Nachdem Raimi also für den Film hart verurteilt wurde, wollte sich der Evil Dead-Regisseur nicht mehr ins Superhelden-Genre begeben. Da er aber selber Scott Dericksons Doctor Strange gerne mochte und sehen wollte, was er dem Franchise entlocken könne, ließ er sich breitschlagen, die Führung zu übernehmen. Raimi hat dann mit Doctor Strange in the Multiverse of Madness auch den ersten offiziellen Horror-Film aus dem MCU produziert. Das ist Raimis Ding, also zu erwarten. Was auch durchaus interessant anzusehen ist. Es geht um Magie, auch dunkle Magie, um andere Realitäten, um Hexerei und Geister. Da passt Raimi schon ganz gut in den Regie-Stuhl.

Die Geschichte ist ganz ordentlich. Die Beweggründe des Bösewichts nachvollziehbar. Nach einem kurzen Geplänkel am Anfang geht die Handlung dann sehr schnell ins Eingemachte und hält ziemlich bis zum Ende ein hohes Tempo. Das ist schon ein wenig ermüdend. Und dann das: Doctor Strange prügelt sich gerade – ganz ohne Magie – mit einem Widersacher, als es mir dämmerte. Ich habe irgendwie keinen Bock mehr auf diese geleckten, durchgestylten, CGI-lastigen Superhelden-Filme. Ich wiederhole: Beinahe 15 Jahre MCU-Dauerberieselung. Da ist es doch nur logisch, dass der Lack etwas dünn wird und an der einen oder anderen Stelle gar abgestoßen ist.

Das ständig vorherrschende Tempo ist ein Negativpunkt. Außerdem ist das Wort "Madness" im Titel irreführend. Wenn das für Euch Wahnsinn ist, empfehle ich eine Stunde Gespräch mit mir. Dann wisst Ihr, was Madness ist ... Oder Ihr schaut Euch Everything Everywhere All at Once an.

Beim Thema "Madness" hat Disney also etwas auf die Bremse getreten. Es ist ja schon verwunderlich, dass Raimi überhaupt am Horror-Genre kratzen durfte. Mehr als ein Kratzen ist es auch nicht. Der Film ist immerhin ab 12 Jahre. Alternativ sind die heutigen Zwölfjährigen einfach härteren Stoff gewohnt als wir damals. Was irgendwie traurig ist.

Neben dem "Fantastischen" hat der Film das Thema Bist Du glücklich? als Sekundärgeschichte. Die ist aber wirklich sehr, sehr sekundär. Was ich schade finde. Zwischen all diesem Hokuspokus wäre es durchaus "erfrischend", mal etwas geerdete Handlungsstränge zu haben. Chance verpasst.

Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist vollintegriert in den Disney-Kosmos. Es wird sich stark auf die Geschehnisse aus der Streaming-Serie WandaVision bezogen. Da ich einer von den beiden Menschen auf der Welt bin, der kein Disney+ hat, ist das zumindest meine Vermutung. Zum Glück wird genug gelabert, so dass man sich als Außenstehender einen Reim machen kann.

Hardcore-MCU-Fans werden sich über Doctor Strange in the Multiverse of Madness freuen. Für mich ist langsam die Luft raus. Was unterm Strich gemein gegenüber Raimi ist. Er hat das Ding gut gedreht. Diesmal kein öffentliches Beschimpfen. Aber vermutlich trotzdem geringe Besucherzahlen.