Filmplakat The Batman

8,5/10

"Vergeltung ändert nichts an der Vergangenheit." — The Batman, 2022

The Batman

Besprechung

Gotham City ist eine dunkle, verkommene Stadt. Überall lungert Verbrechen und Korruption. Seit zwei Jahren sorgt Bruce Wayne (Robert Pattinson) als maskierter Vigilant in seiner Heimatstadt für Ordnung. Zumindest versucht er es. Er will Angst und Schrecken in den Herzen der Verbrecher säen. Dafür opfert er seine Nächte. Nur dann ist Bruce am Leben, auch wenn es ein mechanisches, betäubtes Dasein ist. Die Tage und das Leben als Bruce Wayne fällt ihm schwer, das sieht auch sein Butler Alfred (Andy Serkis) so.

Als Gothams Bürgermeister Mitchell (Rupert Penry-Jones) brutal umgebracht wird, taucht damit ein neuer Spieler in der Stadt auf. Der Riddler (Paul Dano) hinterlässt Rätsel an diesem und weiteren Tatorten. Er will den Batman auf eine ganz bestimmte Fährte führen. Der Detektiv ist auch gut, aber ganz kann er den Riddler nicht durchschauen. Um dem Mörder auf die Spur zu kommen, braucht der selbsternannte Rächer Unterstützung. Er braucht Informationen aus der Iceberg Lounge des Pinguins (Colin Farrell). Da der Ganove nichts sagen will, hängt sich Batman an die Fersen von der Bardame Selina Kyle (Zoë Kravitz). Die entpuppt sich als mehr als nur eine Bardame.

Bei den Ermittlungen stößt Bruce auf Dinge aus seiner Familienvergangenheit, die er nicht glauben will. Ist sein bisheriges Leben auf einer Lüge aufgebaut?

Meinung von

Och nö. Schon wieder? Noch eine Verwurschtung von Batman? Niemand kann an Christopher Nolans Batman heran. Niemand kann an Heath Ledgers Joker in The Dark Knight heran. — Das waren meine ersten Gedanken zum x-ten Aufguss der Batman-Saga. Ich muss einige Dinge revidieren, aber nicht alle.

Ich mag die beiden Planet der Affen-Filme (Revolution und Survival) von Regisseur Matt Reeves. The Batman wird ebenfalls eingereiht in die Rubrik "Klasse Film". Reeves hatte wohl im Vorfeld ein Script von Ben Affleck vorliegen gehabt. Das wäre eine komplett andere Geschichte geworden. Reeves hat deshalb die Geschichte zu The Batman selber geschrieben (mit Unterstützung von Peter Craig). Bereits beim Schreiben soll er Robert Pattinson in der Rolle des Batmans im Sinn gehabt haben. Zudem soll der Regisseur viel Nirvana gehört haben. Kurt Cobain war jung und vom Erfolg nicht nur überrascht, sondern überwältigt, bis angeekelt. So kommt dann auch Reeves' Batman daher. Dieser Batman ist ein Nachttier. Sonnenlicht schmerzt schon in den Augen, so viel treibt er sich in dieser kaputten Stadt herum. Sein eigenes Leben ist ihm egal. Er will Gotham retten, so wie es sein Vater gewollt hat. Seine Eltern sind bekanntlich dieser Stadt zum Opfer gefallen.

Pattinson, der das Casting noch während der Verhandlungen für seinen Auftritt in Tenet absolviert hat und Christopher Nolan gegenüber wohl ein schlechtes Gewissen gehabt haben soll, passt zu diesem Batman. Er ist düster, beinahe schlafwandelnd und abwesend wirkend. Er hat den Gedanken vom Verbreiten von Furcht absolut verinnerlicht. Dennoch ist dieser Batman ein recht öffentlicher Batman. Er ist sehr oft zusammen mit der Polizei an den Tatorten zu sehen. Lt. James Gordon (Jeffrey Wright), zu dem Batman ein gutes Verhältnis hat, holt ihn als Hilfe an die Tatorte. Wenn Batman im Einsatz ist und sich den bösen Jungs nähert, hört man ihn mit schweren Schritten ankommen. Keine Eleganz, keine schnellen Angriffe, sondern ganz der einsame Cowboy, der mit den Sporen rasselt, wenn er die Bühne betritt. Das ist alles schon gut gemacht.

Die Bilder sind düster, kränklich grün und die gotischen Elemente extrem überhöht. Wir sehen oft enorme Unschärfen, hervorgerufen durch geringe Tiefenschärfe. Das lässt das Bild auf der Leinwand unheilschwanger und unheimlich wirken. Die Stimmung ist hervorragend eingefangen. Andy Serkis als Alfred? Sehr gute Besetzung, bzw. sehr gute Interpretation. War Jeremy Irons in Batman vs Superman ein moderner Waffenschmied – was mir nicht gefiel –, so ist Serkis die Figur, die wir aus den Comics kennen. Sein Alfred hatte stets das Beste für seinen Zögling im Sinn und leidet darunter, dass er "nur" der Butler war und Bruce nicht ein Vater hat sein können. Reeves hat sich bei The Batman von so großen Geschichten wie "Batman: Ego", "Batman: The Long Halloween" und "Batman: Year One" inspirieren lassen. Wer die Geschichten kennt, wird Dinge wiedererkennen.

Drei Dinge schmälern mir den absoluten Genuss. Ich fand den Film toll, die Geschichte ist dicht, hat viele Facetten, auch viele Bösewichte – die aber im Gegensatz zu anderen Filmen nicht alle gleichzeitig um Leinwandpräsenz buhlen, sondern vernünftig eingeführte Nebencharaktere sind. Jeder hat genug Leinwandzeit, auch Batman. Die Geschichte ist echt gelungen erzählt, doch mit drei Stunden ist der Film zu lang. Nachdem der Riddler dingfest gemacht wurde, merkt man, dass künstlich verlängert wurde. Vermutlich, um den zweiten und dritten Aufschlag an der Kinokasse zu rechtfertigen. Wermutstropfen Eins.

Wermutstropfen Zwei hat bedingt mit dem ersten Kritikpunkt zu tun. The Batman ist ein guter Thriller und auch ein Drama. Der Action-Anteil ist angenehm zurückhaltend. Doch dann diese wilde Verfolgungsjagd. Das war ein Moment a la "Wir müssen in jedem Film auch eine Autoverfolgung haben, also machen wir das jetzt". Dieser Batman hat ein selbstgebautes Muscle Car als Batmobil. Sie hätten es sich sparen können – und dann auch wieder nicht. Hätten sie es nicht reingenommen, hätten sich vermutlich mehr Leute über die Abwesenheit aufgeregt als umgekehrt. Abgesehen davon, fand ich die Idee mit dem Sound, der von diesem Auto ausging, schon gelungen. Das ist ein unheimliches Monster, das im Dunkeln auf Einsatz wartet und mit seinen Geräuschen schon die Bösewichte einschüchtert.

Letzter Punkt, der mir nicht gefiel. Damit werde ich mich extrem unbeliebt machen. Paul Danos Riddler war schlecht. Sein Schauspiel schien darin zu bestehen, laut zu sein. Wer laut schreit ist irre, so hatte es den Eindruck. Ich sage nur Heath Ledger! Sein Joker ist fantastisch, gefährlich, verrückt – genial. Der Riddler ist im Comic anders. Hier diesen radikalen Wandel hinzulegen ... schmeckt nicht. Dano wollte extravagant sein, wollte polarisieren und schocken. Das ist zumindest der Eindruck. Vielleicht liegt's an der Synchronisation. Aber was da rüberkam war schlecht. Gewollt. Wenn der Riddler nichts sagt, sondern nur agiert: Alles okay. Wenn er dann aber zu seinen Followern spricht und zum Anarchisten wird, das passt hinten und vorne nicht. Seine Motivation ist verständlich, da kommt die gut geschriebene Geschichte durch. Aber die Umsetzung im Schauspiel hat mich sehr gestört. So sehr, dass es Punktabzug gibt. Was echt schade ist. The Batman ist wirklich ein hervorragend geschriebener und umgesetzter Film — wären da nicht diese Wermutstropfen.

Anschauen sollte man sich den Film aber dennoch und irgendwann wird er auch seinen Weg in meine Filmsammlung finden. Da bin ich mir ganz sicher.