Filmplakat Mortal Engines: Krieg der Städte

6/10

"Es hat kein Herz. So wie ich." — Mortal Engines: Krieg der Städte, 2018

Mortal Engines: Krieg der Städte

Besprechung

Vor rund 1700 Jahren haben die Menschen, die „Damaligen“, Quantenenergiewaffen gezündet und die Erde als Giftklumpen im All zurückgelassen. Das ist das Ergebnis des 60-Minuten-Kriegs. Alles Elektronische ist untergegangen, Aufzeichnungen verschüttet. Die Menschen leben in mobilen Städten, immer auf der Suche nach Nahrung und nach Treibstoff. London, die große Traktionsstadt, hat sich auf den Weg gemacht, auf dem einstigen europäischen Festland zu wildern. London ist gefürchtet.

Während jeder versucht nicht von London gefressen und verwertet zu werden, hat Hester Shaw (Hera Hilmer) es darauf angelegt, nach London zu kommen. Sie hat ein Ziel: den Archäologen Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) zu töten, den Mörder ihrer Mutter. Den Anschlag kann der Museumslehrling Tom Natsworthy (Robert Sheehan) gerade noch verhindern. Als Dank wird er von Valentine in eine riesige Maschine geworfen und aus der Stadt ausgespuckt. Den Weg wählte Hester auf ihrer Flucht ebenfalls. Valentine hat seine Gründe und er wähnt sich unbeobachtet.

Der Stadtgeborene Tom findet sich auf einmal in einer äußerst feindlichen, harschen Welt wieder. Hester ist zunächst keine große Hilfe. Die ist es von kleinauf gewohnt, sich alleine durchzukämpfen. Sie verfolgt immer noch das Ziel Valentine zu töten. Bevor sie das kann, wird sie zusammen mit Tom von der in London gesuchten Antitraktionsaktivistin Anna Fang (Jihae Kim) aus einer brenzligen Situation gerettet. Was niemand weiß: Valentine plant in der St. Pauls Kathedrale Schlimmes und Hester wird von dem Wiederbelebten Shrike (Stephen Lang) verfolgt.

Meinung von

Der Brite Philip Reeves schrieb das Jugendbuch und gewann damit Preise. Gegen 2005 las Herr der Ringe-Regisseur Peter Jackson die Mortal Engines-Bücher und er wollte den Stoff verfilmen. Mit seiner alten Crew von Weta und dem Storyboard-Künstler Christian Rivers im Regiestuhl, machte sich Produzent Jackson daran, den Stoff in seiner ihm üblichen Art episch umzusetzen.

Postapokalyptische Geschichten scheinen seit geraumer Zeit sehr attraktiv für ein junges Publikum zu sein. Die Tribute von Panem, Die Bestimmung - Divergent oder Maze Runner fallen mir als Beispiele ein. In Mortal Engines haben sich die Menschen nicht unbedingt in die Steinzeit gebombt, aber Computer, Mobiltelefone etc. gibt es nicht mehr. Wir zeichnen alles elektronisch auf — im Falle von Mortal Engines eine wahrlich dumme Idee. Somit ist unsere Gegenwart nur noch eine Erinnerung, die mit Geschichten vermischt wird.

Wir lernen Hester kennen, da sagt sie kein Wort, ist auf der Suche und hat ein Tuch vor dem Mund. Erst später lernen wir – was für ein Schockmoment ... nicht –, dass Hester eine ziemlich große Narbe im Gesicht hat. Wir wissen zunächst nicht, warum sie Valentine umbringen will. Der wird als sehr charismatischer, intelligenter und auch einfühlsamer Mann vorgestellt. Wieso sollte man den umbringen wollen? Schnell kommt heraus, dass dieser nette Mann ein ehr dunkles Geheimnis hat. Oh, und die Narbe stammt übrigens von Valentine.

Die isländische Schauspielerin Hera Hilmer kann die Rolle gut ausfüllen. Sie ist anfangs nicht sonderlich sympathisch. Sie ist wortkarg und wenn sie mit Tom außerhalb der Stadt konfrontiert wird, ist sie auch nicht gerade nett zu ihm. In Rückblenden lernen wir dann, wieso Hester so ist, wieso sie niemandem traut und auch was es mit Shrike auf sich hat.

Nach dem 60-Minuten-Krieg haben die "Damaligen" einige Tote wieder zum Leben erweckt. Alles organische wurde durch Mechanik ersetzt. Diese "Stalker" wurden als Waffen eingesetzt, sind aber sehr unberechenbare Monster. Zum Glück sind sie beinahe alle ausgerottet. Shrike ist ein übrig gebliebenes Exemplar, das auf der Suche nach Hester ist und dabei blindwütig alles niedermetzelt, was sich ihm in den Weg stellt. Und dieses Monster wird von Valentine befreit. Oh, Valentine ist doch kein so netter Kerl.

Dabei schafft es Hugo Weaving seinen Schurken sehr vielschichtig darzustellen. Wie gesagt: er wirkt sehr sympathisch. Auch nachdem wir wissen, was er in seiner Vergangenheit getan hat. Er ist nicht laut, nicht wild. Er ist ein ruhiger, gebildeterer Mann, der ein klares Ziel vor Augen hat. Das verfolgt er ohne Wenn und Aber. Die Darstellung von Valentine ist großartiges Schauspiel.

Hester ist die Heldin mit der schrecklichen Geschichte. Tom hingegen ist der Comic relief. Robert Sheehan, der Tom-Darsteller, ist derzeit auf diese komischen Figuren gebucht. Der Ire konnte im selben Jahr in Bad Samaritan dem Publikum das Herz stehlen. Also den wenigen, die den Film auf dem Fantasy Filmfest gesehen haben ...

Die Sängerin Jíhae gibt eine coole "Terroristin". Die Produzenten waren der Meinung, dass jeder Film einen Rockstar benötige. Man entschied sich für die aus Südkorea stammende Frau.

Ich denke einmal, die Bücher sind umfangreicher. Heraus kam ein etwas über zwei Stunden langer Film, der, wie man liest, an einigen Stellen sehr von der Buchvorlage abweicht. Mortal Engines ist gute Fantasy-Unterhaltung mit einem Hauch von Steampunk. Ich könnte den Film nun schön loben, aber mir gefällt die Optik nicht. Aus dem Making of wird deutlich, dass sie viel mit echten Requisiten gearbeitet haben. Aber fahrende Städte sind nun einmal nicht so einfach nachzubauen. Deshalb kam hier der gute alte Computer zum Einsatz. Noch haben wir ihn ja.

Der Film fühlt sich jedoch an, als ob er ausschließlich vor dem Greenscreen gedreht sei. Dabei sind vor allem die Landschaftsaufnahmen unangenehm künstlich. Man nimmt ihnen keinen Realismus ab. Das färbt sich auch auf die Umgebung – also die echten Requisiten. Soweit ich mich erinnere, gab es den Film nur in beschissenem 3D im Kino. Deshalb habe ich ihn auch nicht dort gesehen. Wie wohl viele nicht. Der Streifen war schnell raus aus den Lichtspielhäusern.

Also: Geschichte gut, Figuren gut, aber die Optik ist eklig schlecht. Schade. Da ist bestimmt viel Gehirnschmalz und Kreativität in die Produktion geflossen, dennoch kann der Film nicht überzeugen. Wirklich nur wegen dem "Wie". Dafür gibt es auch Punktabzug.

Ich denke, es wird keine Fortsetzung der Bücher im Kino geben ...