Filmplakat Blade Runner 2049

8,5/10

"Der erste Gedanke ist zumeist Furcht." — Blade Runner 2049, 2017

Blade Runner 2049

Besprechung

In den 2020ern sind auf der Erde die Ökosysteme komplett in sich zusammengebrochen. Ebenfalls zerstört wurde die Tyrell Corporation, die einst die Replikanten erschuf. Replikanten sind nun komplett verboten. Es wird auf die neue Generation, die Nexus 8, weiterhin gnadenlos Jagd gemacht. K (Ryan Gosling) ist auch ein Replikant. Er ist sich dessen sehr wohl bewusst und dennoch verrichtet er seinen Dienst als Blade Runner. Er jagt Seinesgleichen. Bei der „Säuberung“ von Sapper Morton (Dave Bautista) findet K eine Kiste unter einem Baum. Sie wurde vermutlich von Morton dort vergraben. In der Kiste finden sich Knochen einer Frau. Im Labor wird festgestellt, dass die Frau ein Kind geboren hat und dabei starb.

K entdeckt jedoch etwas, das es nicht geben darf. Bei der Frau hat es sich um eine Replikantin gehandelt. Ks Vorgesetzte, Lieutenant Joshi (Robin Wright), will alle Beweise vernichtet wissen. Das bedeutet auch, dass K das unmögliche Kind, das Kind einer künstlichen Lebensform, auffinden und töten muss.

Während K also das Kind sucht, kommt er in Kontakt mit der Wallace Corporation. Niander Wallace (Jared Leto), hat alles von der zerschlagenen Tyrell Corporation aufgekauft und stellt nun unter anderem weiter Replikanten her. Er will mit seinen Experimenten Gott spielen, doch eines können seine Replikanten nicht: sich fortpflanzen. Wallace lässt durch seine rechte Hand Luv (Sylvia Hoeks), die ebenfalls eine Replikantin ist, zunächst die Knochen der wundersamen Frau stehlen. Danach sucht sie wie K das Kind. Ein Wettlauf entbrennt. Wer findet das Kind zuerst? Was bedeutet das Kind zweier Replikanten für die Gesellschaft?

Meinung von

Ridley Scotts Blade Runner ist ein Klassiker des Science Fiction-Genres. Als ich hörte, dass es eine Fortsetzung geben sollte, kam unweigerlich die Frage auf Warum? Lasst den Film doch in Ruhe. Lasst uns uns an diesem Kino-Juwel erfreuen und es nicht durch eine Fortsetzung kaputt machen. Dass ein Harrison Ford auf jeden toten Gaul aufspringt um noch ein paar Dollar zu machen, das wissen wir ja. Unrühmlichstes Beispiel ist sein vierter Indiana Jones-Streifen. Ganz traurige Sache.

Es gab noch einen Grund, warum ich den Film nicht im Kino sah, aber der ist persönlich und hat hier nichts zu suchen. Schließlich sah ich ihn dann doch noch im Heimkino. Und was soll ich sagen? Ich war angenehm überrascht. Der kanadische Regisseur Denis Villeneuve hat schon Filme wie Enemy verbrochen, aber auch so intensive Thriller wie Sicario abgeliefert. Für mich ein absolutes Highlight ist jedoch Arrival. Ein sehr intelligenter, ruhiger, spannender, optisch ansprechender SciFi-Streifen.

Zurück zu Blade Runner 2049: Die Geschichte von Hampton Fancher samt Drehbuch-Überarbeitung durch Fancher und Michael Green, kombiniert mit den wunderschönen Bildern von Kameramann Roger Deakins, zaubern ein tolles Abenteuer auf die Leinwand. Der Film ist, wie sein Vorgänger, sehr ruhig. An manchen Stellen vielleicht ein wenig zu ruhig. Der hätte bestimmt auch etwas kürzer sein können als beinahe zweidreiviertel Stunden. Egal. Das Ergebnis ist eine Augenweide.

Replikanten sind immer noch die Sklaven der Menschheit. War Deckard (Harrison Ford) ein Blade Runner, der nicht wusste, dass er selber ein Replikant ist – das blieb auch den Zuschauern lange verborgen –, so ist sich K dessen sehr wohl bewusst. Er geht absolut unaufgeregt seinem Job nach. Im Polizeirevier von Los Angeles läuft er mit gesenktem Kopf durch die Gänge, weil ihn jeder hasst. Bis auf seine Chefin. Die achtet ihn für seine gute Arbeit. K geht nach der Arbeit nach Hause in seine Wohnung, wo eine holografische Frau namens Joi (Ana de Armas) auf ihn wartet.

Es geht in dem Film um dieses Wunder, dass eine Replikantin ein Kind geboren hat. Das dürfte eigentlich nicht sein. K forscht und gräbt, fliegt sogar nach San Fernando, das nun die Müllhalde von Los Angeles ist. Puzzleteil um Puzzleteil fügt sich ein Bild zusammen, das für K sein gesamtes Weltbild auf den Kopf stellt. Wie in Blade Runner auch, wird die Frage nach dem "Wenn wir etwas schaffen und dieses Etwas uns an Intelligenz ebenbürtig ist, wie können wir die Replikanten dann als Sklaven halten, bzw. als 'verboten' auslöschen?" Sie sind "Dinger", die geschaffen wurden und sich nicht vermehren sollten. Und dann diese Bombe.

Die Auflösung des Falls ist gut gemacht. Was ich an dem Film, der wirklich unglaublich schöne Bilder aufzuweisen hat, nicht verstanden habe, das ist die Figur des Wallace. Was ist genau seine Antriebsfeder? Ist es wirklich "nur" der Gottkomplex, den er ausleben will? Wie immer spielt Leto etwas zu übertrieben. Nicht so schrecklich wie sein peinlicher Joker in Suicide Squad, aber doch "etwas über die Spitze hinaus".

Dass Deckard in der Geschichte vorkommt ... ist okay. Macht Sinn, spannt den Bogen zum ersten Film. Gut gefallen hat jedoch, dass es sich in dem Film nicht um ihn dreht. Dreh- und Angelpunkt ist K, und Ryan Gosling spielt den leicht verträumt dreinschauenden Replikanten gut. Auf großer Leinwand und in 2D muss Blade Runner 2049 wahnsinnig gut gewirkt haben.

Mich ärgerte noch ein wenig die Tatsache, dass wir so viel Schnee sehen. Das ist bekanntlich ein Kniff der Filmemacher, um ihr verkacktes 3D "zu rechtfertigen". Aber im Making-of meinte Villeneuve so schön: Ridley Scotts Blade Runner spielte in einem verregneten Los Angeles. So verregnet wie ein London im Herbst. Scott ist Engländer, also passt das. Villeneuve hingegen ist aus Montreal und wie er selber sagt, steht die kanadische Stadt eher für Schnee. Somit hat jeder Regisseur seinem Film seine Handschrift aufgedrückt. Eine stimmige Erklärung, wie ich finde. Auch ist die Abkehr vom Regen hin zum Schnee noch einmal ein Zeichen dafür, dass sich wirklich etwas in Sachen Umwelt in den dreißig Jahren zwischen den beiden Geschichten getan hat.

Anschauen.