Filmplakat The Suicide Squad

8,5/10

"Das ist ein Overhead-Projektor." — The Suicide Squad, 2021

The Suicide Squad

Besprechung

Amanda Waller (Viola Davis) hat mal wieder einen Auftrag für die Suicide Squad. Sorry, die heißt jetzt Taskforce X. Ist wohl so ein PR-Ding. Diesmal schickt sie den Meisterschützen Bloodsport (Idris Elba) als Anführer der Squad nach Corto Maltese, wo es einen Putsch gegeben hat. Der Auftrag involviert den Thinker (Peter Capaldi). Der soll ausfindig gemacht und mit seiner Hilfe das Projekt Urthenheim unschädlich gemacht werden. Oder genauer, das Projekt Starfish in Urthenheim, einem alten Nazibunker, in dem grausame Experimente vorgenommen wurden und noch werden …

Bloodsport, der weiß Gott keinen Bock hat, da mitzumachen, geht trotzdem, weil Waller ihn zu erpressen weiß. An Bloodsports Seite sind der tumpe und gefräßige King Shark (Sylvester Stallone), die junge, ewig müde Ratcatcher 2 (Daniela Melchior), der eklig patriotische Peacemaker (John Cena) und der unter einem negativen Mutterkomplex leidende Polka-Dot Man (David Dastmalchian). Zu der illustren Gruppe gesellen sich noch Colonel Rick Flag (Joel Kinnaman) und später auch Harley Quinn (Margot Robbie). Flag und Quinn waren Teil der „Ablenkung“, einem zweiten, ersetzbaren Team. Waller eben …

Vor Ort muss dieses völlig disfunktionale, kranke Team irgendwie diesen Auftrag erfüllen. Doch bevor man loslegen kann, will Flag noch schnell Harley Quinn aus den Fängen des Diktators Silvio Luna (Juan Diego Botto) befreien. Harley weiß sich aber schon selber zu helfen. Danach geht es los, einen großen Seestern erlegen.

Meinung von

Was für ein Glücksfall für DC, dass der Konkurrent Marvel James Gunn hat fallen lassen. So konnten sie sich den Regisseur von Guardians of the Galaxy schnappen, Geld in die Hand drücken und der durfte sich austoben, um am Ende DC Geld zu bescheren. Am besten ist es, wenn man den ersten Versuch die Suicide Squad auf die Leinwand zu bringen einfach vergisst. Ayer? Wer ist das? Wirklich! Es gab nie einen ersten Teil! Schaut nur die Version von James Gunn. Die ist richtig gelungen! Und die Tatsache, dass ich drei Ausrufezeichen hintereinander benutzt habe, bestätigt das.

Während Marvel hingegangen ist und seinen Team-Mitgliedern (Stichwort The Avengers) zunächst Solo-Filme gegönnt hat, ist DC – vermutlich weil man schon hinterher hinkte – Kopf über ins Geschehen gesprungen. Das Ergebnis (Justice League aber auch der jüngere Birds of Prey) ist entsprechend mau — im Vergleich. Und dann das Desaster mit Suicide Squad. Marvel nimmt seine Charaktere ernst und transportiert sie in die Echt-Welt, wohingegen DC oft noch in der Comicwelt bleibt. Und Jaret Letos Joker ist schrecklich! Absolut schlecht.

James Gunn hat mit Guardians of the Galaxy tatsächlich Erfahrungen gesammelt, wie man ein Team von Null auf Hundert auf der Leinwand präsentiert. Der große Vorteil, den er bei The Suice Squad hatte: das sind alles drittklassige Bösewichte. Mit Ausnahme von Harley Quinn, die es von der Animated Series zu den Comics zur großen Leinwand geschafft hat. Und Bloodsport ist auch nicht unbedingt der bekannteste Schurke, aber - das wird auch nebenbei im Film angesprochen - er hat zumindest Superman ins Krankenhaus befördert, als er den Außerirdischen mit einem Kryptonit-Projektil getroffen hat. Mit Antihelden hat Gunn zudem auch noch Erfahrungen sammeln können (Super).

Was so toll ist an The Suicide Squad ist die Tatsache, dass Gunn es schafft den Figuren echte Charaktere und Hintergrundgeschichten zu geben. Der Film hat ein hohes Tempo und dennoch bremst Gunn von Zeit zu Zeit etwas, um eine Figur etwas genauer zu beleuchten.

Der Streifen ist offiziell "ab 16 Jahren", was mich mal wieder zu der Frage bringt, was denn dann bitte ab 18 sei soll? Holla, da fliegen Gedärme und Blut und rauen Mengen. Wobei auch hier Gunn – zumindest an einer Stelle – die eigene Zensur walten lässt. Es ist herrlich anzusehen, wie Margot Robbies Harley Quinn sich aus den Fängen ihrer Häscher befreien kann, um sich dann den Weg nach draußen freizukämpfen. Das ist eine wilde Gewalt-Orgie, die Gunn aber durch bunte Blumen "zensiert". Sehr schöner Kunstgriff.

Die Geschichte ist ziemlich geradlinig. Das Team aus ersetzbaren Kriminellen soll in einen Inselstaat eindringen und etwas zerstören. Wer den Charakter Amanda Wallers kennt, der weiß, dass sie immer zwanzig Asse im Ärmel und mindestens eine geheime Agenda im Sinne hat. Die Mission verläuft also anders als erwartet.

Gunn kennt sich aus mit den Comics. Der Regisseur hat auch den Bleistift gespitzt und das Drehbuch geschrieben. Dabei hat er sich einige "künstlerischen Freiheiten" herausgenommen. King Shark ist eigentlich ein Hammerhai, aber, so Gunn, die Tests mit einem Hammerhai, bei dem die Augen weit auseinander stehen ... kamen nicht gut an. Auch der Polka-Dot Man ist anders als im Comic. Aber da gefühlt niemand diese Witzfigur von Bösewicht kennt, ist es auch nicht schlimm, wenn der eine andere Hintergrundgeschichte erhält.

Die Revolution im Inselstaat Corto Maltese ... Also zuerst ist Corto Maltese eine Comic-Figur aus der Feder des italienischen Zeichners Hugo Pratt. Zweitens: Den Inselstaat gab es im DC-Universum auch schon vor dem Film. Gunn kennt sich aus. Hatte ich das schon erwähnt?

The Suicide Squad ist ein wilder, herrlich komischer und schräger Ritt durch die Geschichte von DC. Gunn hat tatsächlich Starro als Gegner für die Suicide Squad benutzt! Verrückt. Das war, für alle Comic-Neulinge, der erste Gegner der Justice League. Damals ... in den 1960ern ... Wer sich an der Farbgebung des Seeigels stört, der soll die Comics lesen. Diesmal ist das absolut okay, dass Gunn sich an die Comicvorlage gehalten hat.

The Suicide Squad ist in seiner zweiten Inkarnation ganz gewiss kein Himmelfahrtskommando, sondern ein wunderbar schräger, lustiger, überraschender Antihelden-Film. Gunn hatte wirklich freie Hand. Selbst das Studio Warner soll sich nicht groß eingemischt haben. Die wussten, was für einen Könner sie mit Gunn an der Angel hatten. Und übrigens: Jetzt sind Ratten auch nicht mehr so schlimm. Sebastian rockt!

Gerne mehr von der Bande! Sofort.