Filmplakat The Lodge

6/10

"We wouldn't know if we had died." — The Lodge, 2019

The Lodge

Besprechung

Nachdem sich die Mutter (Alicia Silverstone) von Mia (Lia McHugh) und ihrem Bruder Aidan (Jaeden Martell) das Leben genommen hat, sind die Geschwister noch schlechter auf die Neue von Vater Richard (Richard Armitage) zu sprechen. Schon vor dem Tod ihrer Mutter wollten die Kinder nichts mit Grace (Riley Keough) zu tun haben. Als sich das Jahr dem Ende zuneigt, will Richard seine Kinder mit Grace, die er heiraten will, besser bekannt machen.

Die Vier fahren in die Familien-Berghütte. Wie angekündigt, muss Richard Kinder und Demnächst-Frau für einige Tage alleine lassen. Aber zum 25. wird er wieder da sein. Mia und Aidan sind anfangs sehr feindselig gegenüber Grace. Die Stimmung ist angespannt. Da hilft es auch nichts, dass im Haus religiöse Relikte der verstorbenen Mutter hängen. Grace ist die einzige Überlebende einer religiösen Sekte. Deshalb nimmt sich auch heute noch Medikamente.

Eines Morgens ist alles verschwunden. Die Kleider, das Essen, die Pillen — weg. Der Strom ist ausgefallen, die Mobiltelefone tot. Völlig abgeschnitten, mitten in einem schweren Schneesturm fängt Grace an Stimmen zu hören …

Meinung von

Das kreative Paar Veronika Franz und Severin Fiala aus Österreich sind 2014 einer breiten Mystery-Gemeinde durch Ich seh ich seh bekannt geworden. Ihr neuster Streich aus dem Hause Hammer war der Eröffnungsfilm des Fantasy Filmfests im Hamburger Savoy. Der Film ist sehr minimalistisch. Wenige Drehorte, wenig Text. Die Musik ist ebenfalls sehr zurückgenommen.

Vor dem Start des Films wurden noch Grußworte der Regisseure von der Produktionsfirma vorgelesen. Da hieß es, selbst wenn Franz/Fiala anwesend gewesen wären, hätten sie nicht viel zum Film gesagt. Die Spannung soll bestehen bleiben. Es soll nicht so viel verraten werden. Lustig, weil vor dem Kino noch zwei Leute darüber sprachen, dass die Trailer heutzutage zu viel vom Film zeigen.

Die Kinder sind verständlicher Weise von Grace wenig begeistert. Sie ist die junge Frau, die ihren Vater der Mutter ausgespannt hat. Sie ist dafür verantwortlich, dass die Mutter so unglücklich ist und sich sogar das Leben nimmt. Welches Kind wäre da nicht angepisst von der Neuen? Das Geschwisterpaar findet aber auch heraus, dass Grace die einzige Überlebende der Sekte ihres Vaters ist. Richard ist Journalist und hat eine Story über die Sekte und deren Freitod geschrieben. Seine Recherchen fallen den Kindern in die Hände. Das Bild von Grace wird dadurch nicht besser.

The Lodge ist ein schöner Psychothriller. Eine abgeschiedene Hütte in den Bergen, von Schnee eingeschlossen – das ist immer ein gutes Setting. Wenn dann noch eine psychisch labile Frau mit zwei sie hassenden Kindern eingesperrt ist, kann das nicht gut gehen.


Wenn die warmen Kleider und das Essen verschwinden, kommt schnell der Verdacht auf, dass hier eine dritte Macht am Werke ist. Grace hat zwar die Kinder unter Verdacht, aber die sind von dem Verlust ebenfalls betroffen. Als Grace, die auch keine Medikamente mehr hat, im Schnee ein Bild von den Kindern findet, das die Unterschrift trägt "In liebevoller Erinnerung", wird das Spiel sehr seltsam.

Franz und Fiala, die auch die Geschichte geschrieben haben, führen den Zuschauer in eine sehr dunkle Ecke der Menschheit. Die Vergangenheit von Grace kommt langsam an die Oberfläche. Da sie zusehends mehr Blackouts bekommt, kann es auch sein, dass sie Kleider und Essen hat verschwinden lassen. Sicher sind wir uns als Zuschauer nicht. Schritt für Schritt führen uns Franz/Fiala in den Wahnsinn von Grace. Sie hört die Stimme ihres Vaters, sie sieht die Bilder der toten Sektenanhänger. Es geht um Sühne, die geleistet werden muss.

Das Ende ist nicht vorhersehbar. An einem Punkt dachte ich, es würde so ein beschissenes, verzweifeltes, ekelhaftes Ende wie in Der Nebel werden, doch dann kommt Vater Richard doch noch rechtzeitig. Oder doch nicht?

Fazit ist: Spiele keine Spielchen mit psychisch Kranken. Das kann nicht gut enden.

Das Regie-Duo braucht wenige Mittel, um Spannung aufzubauen. Lediglich als Grace die Kinder zurück lässt und in den Schnee geht ... da bricht der Film stark ein und wird unnötig langsam. Ansonsten ist es ein ansehnliches kleines Geschichtchen mit einem echt fiesen Twist.