Filmplakat Spider-Man: Far from Home

7,5/10

"Als Mann der Wissenschaft würde ich sagen ... Hexen." — Spider-Man: Far from Home, 2019

Spider-Man: Far from Home

Besprechung

Nachdem sich im Kampf gegen Thanos einige Helden geopfert haben, darunter auch Iron Man, sind viele Menschen erschüttert. Peter Parker (Tom Holland) sah in Tony Stark immer einen Mentor – der nun fort ist. Die Menschen fragen sich, wer der nächste Iron Man sein wird. Sie fragen Spider-Man, was Peter arg belastet. Hinzu kommt, dass S.H.I.E.L.D.-Chef Nick Fury (Samuel L. Jackson) irgendwas von Spider-Man will. Doch Peter will nur raus. Er freut sich auf den Europa-Trip mit seiner Klasse. Sein Plan ist es, hier seine Liebe zu MJ (Zendaya) zu gestehen. Fury muss warten. Abgesehen davon, hat Peter auch Schiss vor Nick. Wer hat das nicht?

In Venedig angekommen, muss Peter mit ansehen, wie ein riesiges Wassermonster die Stadt angreift. Seine Mitschüler geraten in Schwierigkeiten und Peter hat sein Spider-Man-Kostüm extra nicht mitgenommen. Da kommt ein fliegender Mann zur Hilfe, der das Monster bekämpft. Es stellt sich heraus, dass es sich hierbei um Quentin Beck (Jake Gyllenhaal) handelt. Nick Fury ist in Venedig und macht die beiden bekannt.

Beck stammt von einer anderen Erde, die durch so genannte Elementals, Wesen der Elemente, zerstört wurde. Nun ist er hier und will helfen. Wäre schon gut, könnte Peter als Spider-Man mithelfen. Doch der entscheidet sich anders. In Prag muss Peter dann doch eingreifen. Nach der Auseinandersetzung mit einem weiteren Elemental, ist unser junger Wandkrabbler erschöpft.

Tony Stark hat ihm die Kontrolle über Edith gegeben. Dabei handelt es sich um ein multimillionenschweres Verteidigungsnetz a la Stark. Peter sieht in Mysterio, wie Beck genannt wird, einen würdigen Nachfolger von Tony Stark und überträgt ihm die Kontrolle über Edith. Ob das eine gute Idee war?

Meinung von

Avengers: Endgame hat uns mit offenen Mündern dastehen lassen. Iron Man ist tot. Er hat sich – wie es sich für einen echten Helden gehört – geopfert. Nicht nur die Zuschauer waren geschockt, auch die Filmwelt im MCU. Besonders hat es aber den 16-jährigen Peter Parker getroffen. Spider-Man: Far From Home zeigt uns einen jungen Mann, auf dessen Schultern plötzlich wahnsinnig viel abgelegt wird. Die Presse fragt, ob er der nächste Iron Man werde. Tony Stark hat ihm die Kontrolle über ein planetenweites Verteidigungsnetz gegeben. Das ist zu viel. Spider-Man will nur die nette Spinne aus der Nachbarschaft sein. Dass er im Weltall war, erklärt er Nick Fury gegenüber, das war nur ein Unfall. Mit einem Mal ist sie da: die große Verantwortung, die Aufforderung ganz rasch erwachsen zu werden. Dabei möchte Peter doch eigentlich nur MJ sagen, dass er sie liebt. Eine unschuldige Geste auf der einen Seite, die Bürde in die Fußstapfen von Iron Man zu treten auf der anderen.


Der Film geht weiter. Es geht um Verantwortung und um die Sicht der Welt. Was ist echt und was nicht? Es stellt sich heraus, dass Mysterio nicht von einer anderen Erde aus einem anderen Universum stammt. Ich hatte ein gewisses Hintergrundwissen zu dieser Figur und war doch durchaus angenehm überrascht, dass sie diesen – in meinen Augen – minderwertigen Gegner von Spider-Man genommen und ihm eine neue Geschichte verpasst haben.

So wie der Zuschauer in die Irre geführt wird, so wird auch Peter Parker getäuscht. Mysterio ist doch, wie im Comic, der Scharlatan, der Illusionen erschafft. Allerdings ist seine Herkunft doch ein bisschen abgewandelt worden. Quentin Beck war der eigentliche Erfinder von der "holographischen Therapiestunde" für Tony Stark, die er einem Haufen Studenten in The First Avenger: Civil War gezeigt hat. Stark hatte den Namen des Systems geändert und dann Beck gefeuert. Daher rührt der Hass von Beck. Der ehemalige Erfinder hat dann einen Haufen weiterer frustrierter Ex-Stark-Industry-Angestellter um sich geschart und so täuschen sie die Welt.

Beck will sich selber als Held darstellen. Er kämpft gegen Hologramme und Drohnen, seine Mitarbeiter haben all die Geschichten erfunden - und so durchgeknallt die Idee mit dem Paralleluniversum auch ist ... die Menschen haben sie Beck abgekauft. Die Menschen wollen glauben, wollen Helden, wollen sich führen lassen. Diesen Wunsch nutzt Beck aus.

Spider-Man: Far From Home hält uns damit also einen Spiegel vor die Nase. Hinzu kommt, dass der Film uns eine Welt zeigt, in der das, was wir sehen, gnadenlos manipuliert werden kann. Wir sehen es. Wir glauben es. Das gipfelt schließlich in der Postcredit-Scene, in der Beck "echtes Filmmaterial" zeigt, das Spider-Man als Angreifer von London darstellt. Das kommt ein wenig in die Richtung von Deepfake-Videos und damit auch in Richtung (amerikanische) Politik.

Schließlich knallen sie uns einen Monster-Cliffhanger um die Ohren, bei dem unser guter, alter Freund J. Jonah Jameson (J.K. Simmons) gegen Spider-Man hetzt. Diesmal aber zeitgemäß nicht als Herausgeber einer Zeitung, sondern einer Hass predigenden Internetplattform. Übrigens war das ein großer Kracher, dass sie J.K. Simmons wieder als J.J.J. reingeholt haben. Die Rolle spielte er schon bei den Spider-Man-Filmen von Sam Raimi.

Spider-Man: Far From Home zeigt uns also die Ängste und Sorgen eines Teenagers in einer angsteinflößenden und von falschen Informationen durchtränkten (Medien-)Welt. Das macht Regisseur Jon Watts, wie zuvor in Spider-Man: Homecoming auch schon, mit viel Liebe zur Figur. Tom Holland ist ein wunderbarer Spider-Man, da er viel Witz, Charme und eine gewisse Unschuld versprüht. Das macht ihn unglaublich sympathisch. Vor dem Kampf von London fliegt Happy Hogan (Jon Favreau) Peter auf die EU-Aussteiger-Insel. Der junge Held braucht ein neues Kostüm – was er da macht, erinnert sehr an Iron Man und lässt einem schon ein wenig das Herz aufgehen.

Die Geschichte ist solide und nimmt nach dem Kampf in Prag eine dramatische Wende, die dann in einem unglaublichen Cliffhanger mündet. Der Film hat sehr viel Witz! Nur einer tat weh: Wenn plötzlich AC/DC aufspielt und Peter meint Oh, ich liebe Led Zeppelin!. Das war schon ein tiefer Stich in meine Seele.

Der Film bekommt einen halben Punkt Abzug, weil er doch recht viele Szenen hatte, denen man ansah, dass sie nur für den verkackten 3D-Effekt so gedreht wurden, wie sie gedreht wurden. Ich habe den Film natürlich in 2D gesehen. Wie es sich gehört!

Der besagte Cliffhanger und die letzte Postcredit-Scene machen richtig Appetit auf mehr. Was aber nicht so gut war, dass war der Soundtrack ...