Filmplakat Nur noch 72 Stunden

6/10

"Einen Freund versucht man zu verstehen und nicht zu verurteilen." — Nur noch 72 Stunden, 1968

Nur noch 72 Stunden

Besprechung

Die beiden New Yorker Polizisten Detective Daniel Madigan (Richard Widmark) und Detective Rocco Bonnard (Harry Guardino) wollten nur helfen und einen alten Bekannten, den Kriminellen Barney Benesch (Steve Ihnat) zu einem Verhör abholen. Ja, die beiden gehen etwas grob vor. Was eigentlich einfach hätte sein sollen, entpuppt sich als Desaster. Barney überrumpelt die beiden Polizisten und entwendet ihnen auch noch die Dienstwaffen.

Madigan und Bonnard wussten nicht, dass Benesch nicht einfach nur zu einem Verhör abgeholt werden sollte. Er hat einen Raubmord begangen und nun ist er auf der Flucht und bewaffnet. Commissioner Anthony Russell (Henry Fonda) ist nicht begeistert. Russell überaus korrekt und hatte vor allem Madigan schon lange auf dem Kieker. Er gibt widerwillig den beiden Polizisten 72 Stunden, um Benesch zu finden. Danach geht’s ihnen an den Kragen.

Das Polizistenpaar macht sich auf die Suche, doch Benesch ist immer schon ein umtriebiger Typ gewesen und nie lange an einem Ort. Erst mit Hilfe von Hughie (Don Stroud) kommen sie Benesch langsam auf die Schliche. Derweil hat Russell mit seinem Gewissen zu kämpfen. Wie es scheint, ist sein bester Kumpel, Chefinspektor Charles Kane (James Whitmore) korrupt. Wie soll er sich in diesem Fall verhalten?

Meinung von

Ein Film seiner Zeit. Klingt blöd? Ist aber so. Nur noch 72 Stunden basiert auf dem Roman "The Commissioner" von Richard Dougherty. Der Name lässt schon vermuten, dass der Commissioner irgendwie im Mittelpunkt stehen sollte. Ist im Film nicht so richtig der Fall. Der Fokus liegt auf dem raubeinigen Madigan – so heißt der Film dann ja auch im Original. Warum also "ein Film seiner Zeit"? Weil man damals sehr ruhige Filme gedreht hat mit sehr viel Augenmerk auf die Charaktere.

Die eigentliche Jagd auf den Bösewicht nimmt gar nicht so viel Platz ein. Viel mehr wird auf Madigan und seine Frau Julia (Inger Stevens) geschaut. Die haben arge Probleme. Madigan ist mehr mit seinem Job verheiratet, als mit seiner Frau. Die beiden lieben sich, aber der Job ist verdammt wichtig für Madigan. Weil Julia oft damit nervt, sucht Madigan auch schon mal Trost bei Jonesy (Sheree North). Julia freut sich auf den Captains-Ball der Polizei, aber Madigan hat da keinen Bock drauf. Zum einen muss er Benesch finden, zum anderen ist er nicht der Partyboy und abgesehen davon, hat Russell auf ihn ein Auge. Da macht es sich nicht sonderlich gut, wenn man sich auf einem Ball herumtreibt und draußen läuft ein Gesuchter herum.

Henry Fonda spielt wie immer den tragenden, langweiligen Typen. Sein Russell ist hochmoralisch. Zumindest im Job ist er das. Das verlangt er auch von all seinen Polizisten. Dass sein eigener Chefinspektor und Freund Charles Kane korrupt zu sein scheint, belastet ihn sehr. Aber so ganz tadellos ist Russell auch nicht. Er hat eine Affäre mit der verheirateten Tricia Bentley (Susan Clark). Dann ist da noch der angesehene, farbige Priester Dr. Taylor (Raymond St. Jaques), der die Polizei beschuldigt aus rassistischen Gründen seinen Sohn verhaftet zu haben. Russell hat also viel um die Ohren. Fonda hat mir am besten in Spiel mir das Lied vom Tod, weil er da mal so richtig mit seinem Image gebrochen hat. Aber in Nur noch 72 Stunden langweilt er nur.

Regisseur Don Siegel (u.a. Dirty Harry, Telefon, Flucht von Alcatraz) nimmt sich in den 100 Minuten echt viel Zeit, um die Probleme der beiden Hauptfiguren zu zeichnen. Dabei haben Widmark und Fonda kaum gemeinsame Leinwandzeit. Man weiß zwar, dass Russell Madigan im Nacken sitzt. So richtig dramatisch wird das aber nicht. Es sind viel mehr zwei recht unabhängige Geschichten um zwei Männer mit persönlichen Problemen. Die Jagd auf den Mörder ist ein loses Band zwischen den Geschichten. Was ich schade finde. Da hätte man gerne mehr draus machen können.

Will man sich Nur noch 72 Stunden anschauen, muss man auf einen verdammt ruhigen Film gefasst sein, der psychologische und moralische Probleme zweier Männer betrachtet. Action oder Krimi ist eher klein geschrieben.