Filmplakat Kingsman: The Golden Circle

7/10

"Zu wissen, dass man etwas zu verlieren hat, macht das Leben lebenswert." — Kingsman: The Golden Circle, 2017

Kingsman: The Golden Circle

Besprechung

Eggsy (Taron Egerton) ist nach dem Tod von Galahad (Colin Firth) der neue Galahad. Merlin (Mark Strong) hilft ihm immer noch mit Rat und Tat. Eines Abends werden alle Kingsman-Stützpunkte dem Erdboden gleich gemacht und die Kingsman-Organisation damit ausgelöscht. Lediglich Eggsy und Merlin sind übrig. Verantwortlich für die schreckliche Tat ist die psychopathische Drogenbaronin Poppy Adams (Julianne Moore). Die ist die Top-Drogenvertickerin auf der Welt, aber weil ja Drogen illegal sind, ist sie in Kambodscha untergetaucht. Hier hat sich Poppy ihre eigene 50er-Jahre-Style-Stadt bauen lassen.

Eggsy und Merlin finden heraus, dass die Kingsman ein amerikanisches Gegenstück haben: die Statesman. Also ab nach Kentucky. Die Briten sind Schneider, die Amis Alkoholbrenner. Der Chef ist Champagner (Jeff Bridges), das Merlin-Pendant aus Amerika ist Ginger Ale (Halle Berry). Eggsy muss mit Whiskey (Pedro Pascal) zusammen arbeiten. Agent Tequila (Channing Tatum) ist leider ausgefallen, weil er Drogen genommen hat.

Poppy hat nämlich ihre Drogen mit einem Virus versetzt, der die Konsumenten innerhalb kurzer Zeit tötet. Poppy erpresst die Welt: Legalisiert Drogen und ich gebe Euch das Gegenmittel. Der US-Präsident (Bruce Greenwood) stimmt dem – scheinbar – zu. Derweil versuchen Eggsy, Whiskey und ein ungeahnter Mitstreiter das Gegengift zu finden.

Meinung von

Regisseur Matthew Vaughn hatte mit der Comic-Verfilmung Kingsman: The Secret Service einen großen Erfolg. Natürlich wollte das Studio mehr Geld damit machen. Das stellte den Briten jedoch vor die große und schwere Aufgabe, eine Fortsetzung hinzulegen, die nicht enttäuscht. Der häufigste Fehler, der bei einem zweiten Teil gemacht wird ist, dass alles aus dem ersten Teil, das gut ankam, nun wieder vorkommt, nur einfach mehr davon. Der Brite war sich dessen – zum Glück – bewusst. Er musste somit die Balance finden zwischen dem, was altbekannt war und dem, was neu ist. Zu viel Altbekanntes und die Zuschaue sind enttäuscht. Zu viel Neues und die Zuschauer sind enttäuscht. Und bloß nicht die guten Sachen aus dem ersten Teil kopieren und erhöhen.

Hat Matthew Vaughn die Gratwanderung geschafft? Ja. Dabei war das keine leichte Übung. Als im ersten Teil Harry Hart vom Bösewichten erschossen wird, war das ein harter Schlag für den Kinogänger. Jeder wollte Colin Firth wieder in der Rolle des Galahad sehen. Also musste Vaughn den irgendwie zurückbringen. Zum Glück basierte Kingsman auf einem Comic und dort ist bekanntlich alles möglich. Es wurde ein Verfahren zur Rettung bei Kopftraumata erfunden, das die Amis, die von dem Vorfall mitbekommen hatten, bei Harry anwendeten. Ja, das ist etwas an den Haaren herbeigezogen, aber ist das nicht die gesamte Geschichte?

Vaughn lässt erst einmal alles in die Luft gehen. Eggsy musste im ersten Teil vom Straßenjungen zum Spion geformt werden. Nun ist der nächste Schritt dran: Wie fährt er ohne Stützräder, in diesem Fall also ohne seinen Mentor Harry? Vaughn nimmt ihm alles, um ihn und Merlin nach Amerika zu versetzen. Vaughn ist von Americana, also den kulturellen Schöpfungen Amerikas begeistert. Das war sein Hauptbeweggrund, die Briten in die Staaten fliegen zu lassen. Außerdem bietet ihm die Figur der Poppy die Möglichkeit ganz viel von diesen "kulturellen Schöpfungen" zu zeigen.

Im ersten Teil ging es um Überbevölkerung und irgendwie auch um Umweltzerstörung. Valentine (Samuel L. Jackson) wollte einen Großteil der Menschheit ausrotten. Poppy hat das Anliegen Drogen zu legalisieren, damit man – wie bei Tabak, Alkohol und Zucker – das Geschäft kontrollieren kann. Steuern können auf die anderen Drogen dann auch erhoben werden. Das klingt gut — im ersten Moment. Aber Poppy ist nun mal völlig durchgeknallt. Das spielt Julianne Moore mit Leidenschaft.

Poppy hat alles Geld der Welt. Sie ist die erfolgreichste Drogenhändlerin, die es gibt. Aber sie muss sich verstecken, lebt also in einer Art Gefängnis. Aus dem will sie ausbrechen. Und da sie Drogenhandel nicht aus Nächstenliebe betreibt, will sie selbstredend ihren Umsatz noch mehr ankurbeln. Wo Geld ist, da kommt Geld hin ... Den Weg, den sie einschlägt, der geht im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen.

Wir haben also wieder einen guten Bösewichten, Eggsy steht alleine da und dann kommt noch der "Zusammenprall der Kulturen" dazu. Natürlich sind die Amis unkultiviert und prollig im Gegensatz zu den Gentlemen von Kingsman. Channing Tatum spielt Tequila, einen schießwütigen Statesman. Wie schon in 21 Jump Street muss er mal wieder Drogen nehmen und wild herumtanzen. Das scheint sein Schicksal zu sein. Wichtiger ist natürlich Narcos-Darsteller Pedro Pascal als Whiskey. Der hat mehr Leinwandzeit und bildet mit Eggsy ein Team – nachdem Tequila an dem Virus von Poppy erkrankt. Pascal erinnert stark an einen jungen Burt Reynolds. Vermutlich hat sich Pascal auch einiges von Ein ausgekochtes Schlitzohr abgeschaut ...

Zwar heißt es, der Film wurde an vielen Stellen an echten Orten gedreht, dennoch wurde viel mit dem Computer ergänzt. Ich glaube, den Film sah ich nicht im Kino, weil er in effing 3D lief – das merkt man ihm auch an. Viele Einstellungen scheinen so aufbereitet, so choreografiert zu sein, damit sie in 3D "wirken". Arbeitet doch endlich mal wieder für 2D!

Kingsman: The Golden Circle (eine Anspielung an das Goldene Dreieck, nebenbei erwähnt ...) ist kein Flop. Er hat echt schöne, verrückte Ideen. Von daher gefällt der Film. Die Figur des Eggsy wird deutlich weiterentwickelt, was wirklich schön zu sehen ist. Er flucht noch ganz heftig, aber das ist seiner Herkunft geschuldet. Vaughn hat seine Gratwanderung durchaus gemeistert. Er meinte selber, dass das Schreiben einer Fortsetzung eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt sei. Lediglich die Optik des Films stört mich an vielen Stellen ungemein. Das ist alles zu sehr CGI und zu schrill. Wurde der Film mit hoher Framerate gedreht? Das wäre erklären, warum alles so schrecklich künstlich wirkt

Kingsman: The Golden Circle ist eine gelungene Fortsetzung. Der Film macht Spaß, die liebgewonnenen Figuren sind wieder da. Die Idee, dass es in Amerika die Vettern der Kingsman-Vereinigung gibt, ist nett. Auch, dass sie natürlich das haben, was die Amis auszeichnet: Scheiße viel Geld. Dieses geben sie schließlich gönnerhaft an ihre britischen Vorfahren ab. Damit wird die Verquickung von US-Geldern und britischem Secret Service als Verbindung für einen dritten Teil gelegt.