Besprechung
Der kleine T.J. (Devon Brochu) trauert. Seine Mutter ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sein Vater Paul (Rainn Wilson) ist deswegen total am Boden zerstört, wirft Tabletten ohne Ende ein und verschläft die Tage auf dem Sofa. Nur die Großmutter Madeleine (Piper Laure) scheint die einzige lebende Seele im Haushalt Forney zu sein.
Ein dummer Zufall lässt T.J. über Hesher (Joseph Gordon-Levitt) stolpern. Wenig später nistet sich Hesher bei den Forneys ein. T.J. ist zu klein und eingeschüchtert von dem langhaarigen, tätowierten und wie es scheint gewaltbereiten Hesher. Vater Paul nimmt es in seinem Beruhigungstabletten-Nebel einfach hin, dass jetzt „ein Freund von T.J.“ mit ihnen unter einem Dach lebt, isst und schläft.
In der Schule wird T.J. von dem größeren Dustin (Brendan Hill) schikaniert. Hesher weiß davon, tut aber nicht wirklich etwas dagegen. Ein Engel ist Hesher nicht gerade. Er macht nicht viel, außer destruktiv zu sein.
Ein wenig Trost findet T.J. in der Kassiererin Nicole (Natalie Portman), in die er sich trotz des enormen Altersunterschied etwas verliebt hat. Sonst gibt es nicht viel Positives in seinem jungen Leben.
Meinung von Nils
Auf der Skurrilitätsskala ist Hesher ganz weit oben! Die Geschichte ist eine echte Geschichte, kein glamouröses Hollywood, sondern etwas, das überall in jeder normalen Durchschnittsfamilie passieren kann: der Verlust eines geliebten Menschen, das Loch, das zurück bleibt, die tiefe Trauer und Ohnmacht. Das alles porträtiert Regisseur und Autor Spencer Susser sehr genau. Unterstützt wird er hierbei von den gelungenen Darstellungen Rainn Wilsons und des jungen Devon Brochus. Hesher ist somit kein Wohlfühlfilm. Hesher ist aber dennoch ein guter Film.
Hauptfigur neben Brochu ist natürlich Joseph Gordon-Levitt, den man eigentlich immer als lieben, braven Jungen kennt, so wie z.B. in (500) Days of Summer. In Hesher kann er seine andere Seite zeigen. Seine Figur ist düster, schweigsam, gewaltbereit, hört Metall, ist kriminell und wenn man denkt, Hesher wäre eine Art "Erlöser" für die gebeutelte Familie Forney, ist man auf dem Holzweg. An machen Stellen wirkt Hesher zwar mit seinen langen Haaren, seinem hageren, gerne zur Schau gestellten Oberkörper wie Jesus — ist er aber nicht. Der ungebetene Gast bringt keine Liebe, keinen Halt oder etwas Ähnliches in die Familie, das wäre zu platt und geleckt.
Gordon-Levitt hatte eine ähnlich intensive Rolle auch schon in Brick, wo er ebenfalls gefiel.
Die Portman, die anscheinend vor ihrer Schwangerschaft noch jeden Film mitgenommen hat, in dem sie mitspielen konnte, gibt die schüchterne, verzweifelte Frau sehr überzeugend. Sie ist nicht die Hauptfigur und nimmt sich sehr zurück. Angenehm.
Hesher ist sehr ruhig und traurig, hat aber großartige, abgedrehte Momente — immer wenn Hesher in Erscheinung tritt. Dass er eine menschliche, eine warme Seite hat, zeigt sich nicht gerade, wenn er sich umdreht, während T.J. den Klostein aus der Schultoilette fressen muss. Aber wenn er sich mit der Großmutter unterhält, sehen wir ihn in einem anderen Licht. Sie ist trotz Trauer und Kummer stark, wenn auch verzweifelt. T.J. und sein Vater hingegen haben sich aufgegeben. Darauf kann Hesher gar nicht.
Irgendwann dachte ich noch während des Films, dass die Geschichte einfach nicht gut enden kann. Ich konnte mir schlicht nicht vorstellen, wie man den Dreh hinbekommen sollte, um aus all dem Scheiß rauszukommen. Doch es gibt einen Weg. Einen ruhigen und doch herzlichen Weg, der — ganz Hesher — allerdings nicht ganz "sauber" über die Bühne geht.
Hesher sollte man sich unbedingt anschauen, wenn man ausgefallene Charaktere, aberwitzige Situationen und eine "ehrliche" Geschichte mag. Allerdings muss man sich auf sehr ruhige Filmpassagen einlassen wollen. Auch wenn man sich im ersten Moment fragen mag, was der Film sollte, im Anschluss wird klar, dass er eine "Moral" hat.