Filmplakat Ein Gauner und Gentleman

7/10

"Ich merke wenn man mich verarscht. Aber das ist okay. Weil ich eigentlich ganz gut über mich selbst lachen kann." — Ein Gauner und Gentleman, 2018

Ein Gauner und Gentleman

Besprechung

Der mittlerweile 74-jährige Forrest Tucker (Robert Redford) hat schon viele Gefängnisse von innen gesehen. 16 mal konnte er ausbrechen. 1981 überfällt er immer noch fröhlich Banken. Dabei geht er stets höflich vor. Forrest hat offensichtlich Spaß an seiner Arbeit. Bei seinem jüngsten Überfall trifft er auf der Flucht Jewel (Sissy Spacek). Die beiden kommen sich näher.

Auch näher kommt Forrest und seinen beiden Helfern Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits) der Polizist John Hunt (Casey Affleck) aus Dallas. Tatsächlich ist Hunt zusammen mit Sohnemann Tyler (Teagan Johnson) gerade in der Bank, die von Forrest ausgeraubt wird, ohne dass er davon etwas mitbekommt. Hunt, der gerade 40 Jahre alt geworden ist und mit dem Sinn seines Lebens hadert, stürzt sich auf den Fall mit der Altherren-Bande. Dabei stellt er fest, dass die drei Rentner 93 Überfälle in fünf Bundesstaaten über einen Zeitraum von zwei Jahren begangen haben.

Während Hunt den Gaunern immer näher kommt, kommen sich Forrest und Jewel ebenfalls näher. Dabei hat Forrest der Witwe nicht seinen wahren Namen, noch seine Profession genannt.

Meinung von

Ich wollte nicht in den Schuhen von Regisseur David Bowery gesteckt haben. Superstar Robert Redford hatte im Vorfeld bereits angekündigt, dass Ein Gauner und Gentleman sein letzter Film sein sollte. Danach wollte er sich zur Ruhe setzen. Den finalen Vorhang für Robert Redford bereiten? Meine Herren, das darfst Du nicht verkacken. Natürlich möchte ein Redford gerne gut abtreten und in bester Erinnerung bleiben.

Zunächst einmal: Ein Gauner und Gentleman basiert auf einer wahren Geschichte. Also so halbwegs. Forrest Tucker gab es wirklich und er hat auch noch ins hohe Alter Banken ausgeraubt. Tucker ist mehrfach aus Gefängnissen ausgebrochen. Dazu gab es einen Zeitungsartikel und auf diesen Artikel wurde dann aufgebaut. Das Skript musste mehrfach umgeschrieben werden. Redford wollte, dass ihm sein letzter Film Spaß bereitet. Doch die vorherigen Drehbuchentwürfe waren alle zu sehr in der Realität verwurzelt. Bis man sich dazu entschied, die Geschichte so zu schreiben, wie sie ein Tucker bestimmt gerne erzählt hätte.

Was herausgekommen ist, ist ein netter, das Herz erwärmende, kleiner Film. Redford verabschiedet sich nicht mit einem lauten Knall, aber das kann man von einem 82-jährigen Mann auch nicht mehr erwarten. Die Story passt also schon ganz gut zum Alter und auch zur Person.

Forrest ist ein Mann, der bereits in frühen Jahren krumme Dinger gedreht hat und dafür auch oft inhaftiert wurde. Schön ist hier gen Ende die Rückblende über das Leben von Forrest, die auch eine Art Rückblende auf das Leben Redfords ist. So gibt es zum Beispiel den 13. Ausbruch, der laut Film am 4. Juli 1963 in Louisiana stattgefunden hat. Hier hat man eine Szene aus Ein Mann wird gejagt mit Redford als Flüchtigen eingeblendet. Aber auch schon am Anfang gibt es einen kleine Reminiszenz an das Oeuvre von Redford. Der Titel ist in der selben Schrift gehalten, wie der Titel von Zwei Banditen aus dem Jahre 1969. Und später wird John Hunt dem im Krankenbett angeketteten Forrest einen Geldschein geben und dabei das "Verschwörungszeichen" machen, das wir aus dem großartigen Der Clou kennen — Ihr wisst schon, das wo die Ganoven sich als Erkennungszeichen mit dem Zeigefinger am Nasenflügel längsstreichen.

Von daher ist Ein Gauner & Gentleman auch ein trauriger Film. Er führt ganz nebenbei dem Kinofreund Highlights einer großen Karriere vor. Gleichzeitig ist er auch ein schöner Film. Wir sehen einen Mann im hohen Alter, der noch einmal sowas wie Liebe findet. Er scheint zu Jewel Zuneigung zu empfinden und sie zu diesem geheimnisvollen Mann ebenfalls. Das zu sehen ist toll.

Forrest könnte aufhören mit dem was er macht. Als er zum letzten Mal ins Gefängnis kommt und Jewel eine Liste mit all seinen Ausbrüchen übergibt, bleibt die Nummer 17 noch offen. Jewel ist es, die ihm den Vorschlag macht, vielleicht diesmal nicht auszubrechen. Was er dann auch nicht macht. Doch nach dem Gefängnis ist das Leben bei Jewel auch nicht so prickelnd. Hier fühlt sich Forrest eingesperrt.

Bei einem Treffen der beiden Senioren meint Jewel irgendwann Ich glaube, man muss einfach immer weitermachen, sein Leben einfach leben, neue Dinge ausprobieren, entdecken. Man muss sich selbst vorwärts treiben. – Forrest treibt sich immerzu vorwärts. Er gibt nie auf. Er überfällt Banken nicht, weil er das Geld braucht, sondern weil er sich dann lebendig fühlt. Das macht ihn glücklich. Überfallopfer beschreiben den Täter auch als Gentleman zum einen, aber auch als einen Mann, der irgendwie glücklich wirkte. Glück zu finden ist etwas Schönes. Forrest hat es getan. Vermutlich auch Redford.

Jewel hat in ihrem alten Haus die Tapeten abgerissen und dabei eine Signatur des Erbauers des Hauses gefunden. Diese Signatur, diese Marke, umrahmt sie später. Der Erbauer hat ein Zeichen gesetzt, das über all die Jahre Bestand hatte. Das möchte auch Forrest haben. Redford hat das bereits geschafft. Keine Frage.

Ein Gauner & Gentleman ist vielleicht nicht der wichtigste Film von Redford, er ist aber ein durchaus gelungener Abschluss einer großartigen Schauspielerkarriere. Sean Connery hatte da leider mit Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen bekanntlich nicht so ein gutes Händchen.

Übrigens markierte Ein Gauner & Gentleman eher das Ende seiner Karriere als Hauptdarsteller. Er hatte nämlich noch einen Mini-Auftritt als Schurke Alexander Pierce in Avengers: Endgame.

Ich verneige mich vor Redford, bedanke mich für die vielen tollen Filme und wünsche ihm noch ein langes, erfülltes Leben!