Filmplakat Zwei Banditen

9/10

"Wie kann man als Revolverheld bloß so ein Pessimist sein?" — Zwei Banditen, 1969

Zwei Banditen

Besprechung

Im nicht mehr ganz so wilden Westen verdienen sich Butch Cassidy (Paul Newman) und seine Felsschlucht-Gang ihr Geld durch Bank- und Zugraub. An der Seite von Butch ist immer sein Kumpel The Sundance Kid (Robert Redford). Als die beiden einmal zu oft die Züge der Pacific Union Railroad überfallen haben, hetzt der Inhaber der Bahngesellschaft eine Horde von Kopfgeldjägern auf die beiden Ganoven.

Was folgt ist ein wilder Ritt, immer mit sechs extrem gut ausgebildeten Männern in ihrem Nacken. Als sie nicht mehr weiter wissen, beschließen Butch und Sundance nach Bolivien zu fliehen. Die beiden Banditen nehmen Kids Freundin Etta Place (Katherine Ross) mit. Die Lehrerin erweist sich als große Hilfe, bringt sie den beiden Gangstern doch die spanische Sprache bei.

Es soll nicht lange dauern, da verfallen die beiden ihrer alten Berufung anheim — und machen nun Boliviens Banken unsicher. Da hilft es schon, wenn man die hiesige Sprache spricht.

Meinung von

Butch Cassidy hieß eigentlich Robert Leroy Parker und Sundance Kids echter Name war Harry Alonzo Longabaugh. Butch hatte mal in einer Schlachterei gearbeitet, Kid wurde einmal wegen Pferdediebstahl in Sundance, Wyoming verhaftet. Die beiden Schurken gab es also wirklich. Butch war wohl eher der ruhige, freundliche Mann, während Sundance ein Revolverheld war. So werden sie zumindest in George Roy Hills Tragödie dargestellt. Selbst der Bahnangestellte Woodcock (George Furth), der mehrmal von Butch und Sundance überfallen wird, ist zumindest Butch irgendwann freundlich gesonnen.

Zwei Schurken – ein dämlicher deutscher Titel – handelt von diesen beiden Männern und vor allem von ihrer Freundschaft. Butch gilt als der Schlaue, seine Ideen sind aber nicht immer wirklich gut. Vielmehr bringen sie Butch und Sundance oft in Schwierigkeiten. Dennoch halten beide zusammen. George Roy Hill, der später noch mit beiden Schauspielern mehrfach zusammenarbeiten sollte, wollte nicht nur die Freundschaft in den Vordergrund stellen. Der Film sollte vor allem das tragische Dasein, besonders aber das Ende der beiden Männer beleuchten. Am Ende passierte jedoch etwas Unvorhergesehenes: Der Streifen ist komisch geworden.

Paul Newman soll in den Proben die Rolle sehr ernst genommen haben, womit Hill zufrieden war. Doch am ersten Drehtag spielte Newman auf einmal die Figur des Butch Cassidy humorig und leicht. Die erste Fassung des Films sorgte bei einer Vorführung vor einem Testpublikum sogar dazu, dass die Kinogänger herzhaft und schallend gelacht haben sollen. Das war Hill zu viel. Der Film wurde umgeschnitten und einige der größten Lachnummern fielen auf den Boden des Schneideraums. Für Hill blieb der Film eine Tragödie.

Das Wort Tragödie hat aber schon die Komödie in sich. Zwei Schurken ist – trotz des großartigen Endes – sehr leicht. Newman und Redford, die das erste Mal gemeinsam vor der Kamera standen, haben abseits der Dreharbeiten über Zeit immer besser zueinander gefunden. Die Chemie stimmte. Das merkt man dann auch den Charakteren vor der Kamera an. Es ist ein beschwingtes, fröhliches Spiel zwischen den beiden, dem man gerne zuschaut. Laut Redford ist Zwei Ganoven der Film, nach dem sich sein Leben komplett geändert hat.

Dass Butch und Sundance eine besondere Freundschaft verbindet, zeigt sich übrigens auch an der Geschichte rund um Sundances Freundin Etta. Zwar sind Sundance und Etta zusammen, Butch ist der attraktiven Dame jedoch auch nicht unbedingt abgeneigt — und sie ihm nicht. So richtig klare Grenzen gibt es in dieser losen Dreiecksbeziehung nicht. Dadurch können auch keine überschritten werden, was zu Ärger zwischen den Männern hätte führen können.

Der Film sticht vor allem durch seine Schlussszene, oder genauer durch sein Schlussbild aus der Masse hervor. Wir lernen die beiden Ganoven kennen, schließen sie in unsere Herzen, hegen Sympathie für sie. Die müssen doch ewig leben und glücklich sein. Tatsächlich weiß man nicht genau, wie der echte Butch Cassidy und Sundance Kid gestorben sind. Die wahrscheinlichste Variante ist jedoch die, dass sie in Bolivien von Soldaten umgebracht wurden. Drehbuchautor William Goldman legte dann aber im Film eine gehörige Schippe oben auf. Nie wieder sollten Film-Helden so glorreich das Zeitliche segnen. Das Bild am Ende ist einfach nur großartig! Filmgeschichte.

Hill wollte dem Film drei Musik-Sequenzen gönnen. Eigentlich mochte er es nicht, Musik unter Dialog zu legen. Deshalb verzichtete er auch in dem Film darauf. Dennoch gibt es Musik. Burt Bacharach schrieb die Musik. Für mich war der Film beim ersten Mal das totale Verwirrungsfest. In der ersten Musiksequenz sehen wir Butch und Etta gemeinsam auf einem Fahrrad fahren. Kein Dialog, nur schöne Bilder von fröhlichen Menschen. Dazu singt auf einmal ein gewisser B.J. Thomas Raindrops keep falling on my head. Das Lied hatte ich als kleines Kind als Spieluhr von Fisher-Price. Ein Stück meiner Kindheit — hatte seinen Ursprung in einem Western? Das Stück wurde nach einem ersten Rohschnitt verfasst und eingespielt. Niemand, nicht einmal die Agenten von Thomas, fand das Lied gut. Jeder ging davon aus, dass es ein Flop werden und den Film stören würde. Auch Redford sah das so. Nicht das Publikum. Das Lied wurde ein Nummer-1-Hit. Außerdem hat das Lied einen Oscar gewonnen. Der Film hat insgesamt vier Oscar absahnen können: bestes Lied, beste Musik, beste Kamera und bestes Drehbuch.

Vermutlich würden die jungen Leute von heute den Film nach fünf Minuten wegschalten oder auf ihre verschissenen Mobiltelefone starren. Der Film ist ruhig – und das können junge Leute nicht mehr. Ruhig sein. Ruhe hinnehmen. Heute würde der Film bestimmt floppen, damals nicht. Wie meinte Newman in einem Interview doch so treffend: Das ist noch ein Film! Kino fing damals an "Abschreibungsobjekt", "Geldmaschine", "Finanzierungsobjekt" oder ähnliches zu werden. Hill schuf noch einen großen Film.