Besprechung
Das Leben von David Copperfield (Dev Patel) ist ein buntes Auf und Ab. Geboren wurde er als Halbwaise. Seine Mutter Clara (Morfydd Clark) war eine liebevolle Mutter, die Haushälterin Peggotty (Daisy May Cooper) stets ein Quell der Zuneigung und Freude. Als Mrs. Copperfield Mr. Murdstone (Darren Boyd) heiratet und der seine strenge Schwester Jane (Gwendoline Christie) mit anschleppt, wird das Leben für den kleinen David (Ranveer Jaiswal) sehr schwer. Die beiden Murdstones sind äußerst streng und haben für die Fantasie des kleinen David nichts übrig. David (Jairaj Varsani) wird nach London geschickt.
Hier wächst er auf bei dem ständig blanken Mr. Micawber (Peter Capaldi) und seiner Familie. Das Leben ist hart für alle unter dem Micawber-Dach. Als Erwachsener wird David alles genommen und so flieht er zu seiner Tante Betsy Trotwood (Tilda Swinton), die zusammen mit ihrem Cousin Mr. Dick (Hugh Laurie) ein kleines Landgut besitzt – von dem sie immer die Leute mit ihren Eseln verscheuchen muss.
David macht etwas aus sich, muss sich aber selber noch wirklich finden. Die Menschen nennen ihn die verrücktesten Namen. Jeder gibt ihm einen neuen Spitznamen und David nimmt jeden an. So zum Beispiel auch den Namen Daisy, den er von seinem Mitstudenten Steerforth (Aneurin Barnard) erhält. David möchte „oben mitmischen“. Durch seine Tante ist er auch mehr oder weniger dort, nur sind seine Wurzeln nicht die „adligsten“. In der Schule lernt David auch den wieseligen Uriah Heep (Ben Whishaw) kennen. Der will noch dringender nach oben. Koste es, was es wolle.
Meinung von Nils
Hier mein Geständnis: Ich habe noch nie ein Buch von Charles Dickens gelesen. Also auch nicht die Vorlage zu diesem Buch, die in den Jahren 1848 bis 1850 als monatliche Fortsetzungsgeschichte erschien. Die Briten dürften Dickens wohl in der Schule durchnehmen. Wir haben Goethe.
Die Geschichte im Buch soll etwas düsterer und trauriger sein. Das wurde in dieser Verfilmung mal fröhlich über den Haufen geworfen. Der Film dürfte sich wohl nicht bis auf den letzten Buchstaben an die Vorlage gehalten haben. Ich denke, die David Copperfield-Puristen dürften das nicht lustig finden und den Streifen verteufeln. Welch ein Segen unwissend und nicht vorbelastet zu sein! So prasselt dieser Streifen auf einen ein, wie ein erfrischender Frühlingsregen. Er ist lustig und macht das Herz leicht – sowas brauchen wir eigentlich mehr heutzutage.
Dickens hat in der Copperfield-Geschichte, die in der Ich-Form erzählt wird, einige Erlebnisse aus seinem eigenen Leben verarbeitet, beziehungsweise eingewoben. So ist der gute Mr. Micawber, der mit viel Charme und Schalk vom elften Dr. Who-Darsteller herrlich dargestellt wird, eine Anspielung an seinen eigenen Vater. Der war wohl auch immer pleite und saß ebenfalls im Gefängnis.
David Copperfield erinnert ein wenig an Tim Burtons Big Fish. Auch hier wird eine Lebensgeschichte in Rückblenden erzählt und wie bei David Copperfield erlebt der Zuschauer eine wundersame Geschichte nach der anderen. In Big Fish ist das alles Fantasie, der gute David hat vieles selber erlebt und schmückt das Erlebte lediglich etwas aus. David ist ein guter Beobachter, hat aber auch Fantasie.
Der Film lief als Beitrag auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest im Savoy. Ich war nicht der Einzige, der laut und herzlich gelacht hat. David Copperfield ist ein schöner, fröhlicher Film. Alle Schauspieler sind mit Freude dabei und geben all ihr Herzblut. Neben Capaldi ist noch Dr. House-Darsteller Hugh Laurie ein absoluter Hingucker. Seine Figur ist so herrlich schräg und zugleich zu scharfsinnig. Es macht richtig Spaß seinem Schauspiel zuzuschauen. Das wandelnde Chamäleon Tilda Swinton hat ebenfalls eine Traumrolle. Sie gibt eine hervorragende, schräge Tante ab, die laut Angaben von Mr. Dick sehr herzlich sein kann – und schon tritt sie einen Reiter vom Esel.
Wer auch noch heraussticht, dass ist die Stimme von Paddington, Ben Whishaw. Die tragische Hauptfigur aus Das Parfum zeigt hier sein Talent. Sein Uriah Heep – ja, die britische Rockband hat sich nach dieser Figur benannt – ist so unglaublich eklig. Er ist ein Wurm. Er wuselt und bückelt um die Herren aus den noblen Häusern herum. Er ist der Sohn der Wäscherin an der Schule, zu der David geht. Oh, seine Figur ist so unglaublich abstoßend. Ein perfekter Bösewicht, blendend gespielt.
David Copperfield ist nicht nur besonders, weil er so schön und leicht ist. Er ist auch "farbenblind". Denkt man an das Großbritannien in der Mitte des 19. Jahrhunderts, denkt man nicht an so eine Farbvielfalt. Das ist dem Film völlig egal. Es wurden die passenden Schauspieler gewählt, nicht ihre Hautfarbe. Das mag den Puristen ebenfalls nicht gefallen, mir aber schon.
Wenn die Stimmung mal unten ist und man aufgeheitert werden möchte, wenn man mit einem Lachen aus dem Kino kommen mag, dann ist David Copperfield die richtige Wahl.