Besprechung
Aaron Cross (Jeremy Renner) ist gerade im Ausbildungslager in Alaska, als in den geheimen Amtsstuben der noch geheimeren Black Ops-Abteilung des Verteidigungsministeriums die Krise ausbricht. Die Operation Blackbriar und das Treadstone Projekt sind dank Jason Bourne öffentlich geworden, weshalb Eric Byer (Edward Norton) die Reißleine zieht. Um auch die Folge-Projekte Outcome und Larx zu vertuschen, die Weiterentwicklungen der beiden erst genannten Unternehmen sind, rät er, alle Beweise zu zerstören. Das bedeutet auch alle Testobjekte, wie Aaron eines ist. Dieser kann gerade noch einer Rakete entkommen und ist im verschneiten Alaska auf der Flucht, kann jedoch Byer seinen Tod vortäuschen.
Ein weiteres loses Ende, das es zu beseitigen gilt, ist auch eine pharmazeutische Versuchsanstalt, in der die Wissenschaftlerin Dr. Marta Shearing (Rachel Weisz) arbeitet. Das gesamte Personal wird eliminiert, bis auf Shearing, die entkommen konnte. Vorerst. Schnell wird auch auf sie Jagd gemacht. Aaron, der unbedingt die grünen und blauen Pillen benötigt, die in der Versuchsanstalt verabreicht wurden, kommt Marta gerade noch rechtzeitig zur Hilfe.
Gemeinsam reisen sie nach Manila, wo es eine Fabrik gibt, die die Pillen für Outcome herstellt. Marta weiß, dass im Programm Outcome mittels Viren das Genom der Outcome-Agenten verändert wurde. Die Pillen sind dazu da, um die körperliche und die geistige Fitness zu stärken. Um unabhängig von Pillen zu werden, will sich Aaron den Virenstamm, der zur Herstellung der Pillen benutzt wird, direkt spritzen. Für ihn ist das alles sehr wichtig, war er vor seinem Eintritt in das Outcome-Projekt doch eher dumm. Ohne das Virus verliert er wieder seine geistige Überlegenheit.
Byer schickt Aaron und Marta einen Larx-Agenten (Louis Ozawa Changchien) auf den Hals. Larx ist das Folgeprogramm von Outcome, bei dem die Emotionen ausgeschaltet sind …
Meinung von Nils
Die Jason Bourne-Reihe ist gute, actiongeladene Unterhaltung mit einem roten Faden. Da man offensichtlich das Franchise neu starten wollte, wurde eine Seitenlinie erfunden. Jeremy Renner ist smarter und härter als Bourne, aber nicht charismatischer. Der Zuschauer kann keine Verbindung zu Aaron Cross herstellen. Auch gibt es viele unverständliche Passagen in Das Bourne Vermächtnis. So weiß man nicht, wieso Aaron am Anfang zu der Hütte unterwegs ist, wieso er seine Pillen vor dem anderen Agenten versteckt hält. Das wird alles erst im Nachhinein irgendwie klar, als er Marta erzählt, dass er vor Outcome metal benachteiligt war und nun unbedingt diese Pillen benötigt, nur um nicht wieder zu verdummen. Bis dahin ist es jedoch ein langer Weg. Und noch einmal: Sympathien für den Helden kommen nicht recht auf.
Ebenso wenig für Rachel Weisz, die als rumkreischende Wissenschaftlerin an Renners Seite hängt. Wenn sie von den Agenten in ihrem eigenen Haus verhört wird und diese später sie umbringen wollen, dann geht sie einem tierisch auf den Keks, so sehr kreischt sie herum.
Das Bourne Vermächtnis zieht sich zäh dahin, wobei man wieder schnell durch die extrem wackelige Kameraführung angenervt ist. Außerdem hat Regisseur Tony Gilroy, der zuvor nur die Drehbücher zur Bourne-Reihe geschrieben hatte, ganz eindeutig eine Vorliebe für JJ Abrams' Lensflairs, die wir aus Star Trek kennen. Dort gingen sie einem schon irgendwann auf den Nerv, hier ist es nicht anders.
Der Film dauert 135 Minuten, wobei man ihn leicht auf vielleicht 100 hätte zusammen dampfen können. Das Bourne Vermächtnis hat einfach zu viele Längen. Zwar füllt Gilroy die Zeit mit Action, Gerenne, Gefahre, Gekreische und Co., nur ist das auf die Dauer sehr ermüdend. Die letzte Verfolgunsszene in Manila, wenn der Larx-Agent hinter Aaron und Marta her ist, fühlte sich an wie volle zehn Minuten. Wie zehn total verwackelte Minuten.
Zwar bietet Das Bourne Vermächtnis einige nette Kampfszenen und -bewegungen von Renner, doch können diese die schwache Story und die Längen nicht retten. Die Story ist im Grunde ein Aufguss von Bournes Geschichte. Die bösen Schlipsträger aus der geheimen militärischen Organisation wollen ihre Taten vertuschen und machen nun Jagd auf die Person, die ihnen schädlich werden könnte. Hatten wir doch alles schon mal. Originell ist nur der Antrieb von Aaron, nämlich seine mentale Schwäche, die er nicht wieder erlangen möchte. Bis zum Ende des Films — der ganz klar nur der erste Teil einer weiteren Reihe sein wird — wollte der manipulierte Agent nur sein eigenes Wohl verfolgen. In der Fortsetzung wird er wohl Jagd auf die Köpfe hinter der gesamten Black Ops-Aktion machen.
Interessanter, wenn auch anfangs etwas verwirrender Gedanke, war die Tatsache, dass Das Bourne Vermächtnis nicht, wie vermutet, nach den Ereignissen um Jason Bourne spielt. Die Geschehnisse um Outcome und Larx spielen tatsächlich zur selben Zeit wie Das Bourne Ultimatum.
Edward Norton war eigentlich die einzige Person, die gefiel. Sein Charakter ist ein Arsch hoch zehn und schreckt nicht vor Mord zurück, um ein geheimes Projekt zu schützen. Macht alles platt, wir haben die Daten und bauen es später wieder neu auf, so sein Credo. Dabei wirkt der sonst so ruhige und charismatische Norton hier ausnahmsweise mal böse. Was er auch spielen kann.
Unterm Strich war Das Bourne Vermächtnis eine herbe Enttäuschung. Die Geschichte ist mau, die Action zu viel und dabei auch nicht besonders spektakulär. Jeremy Renner bleibt blass und so kommt wenig Lust auf, die Fortsetzung wirklich sehen zu wollen. Schade. Beim zweiten Teil mit Renner dürften sie aber nicht wieder auf Bourne verweisen. Das wird dann Der Cross-Lauf? Renner sollte lieber wieder solche Figuren wie in The Hurt Locker spielen. Diese kaputten Typen nimmt man ihm ab.