Filmplakat Capote

7/10

"Pass auf was du tust, um zu kriegen was du willst." — Capote, 2005

Capote

Besprechung

Der gefeierte Autor Truman Capote (Philip Seymour Hoffman) findet 1959 einen Zeitungsartikel, der ihn sehr interessiert. In einer Kleinstadt in Kansas wurde eine Farmerfamilie umgebracht. Capote fühlt sich zu diesem Fall hingezogen. Er will darüber schreiben. Er reist mit seiner Jugendfreundin und Assistentin Nelle Harper Lee (Catherine Keener) nach Holcomb, um vor Ort zu recherchieren. Dabei ist es Capote zunächst völlig egal, wer die Tat begangen hat. Er will die Emotionen der Stadt aufsaugen, um einen Tatsachenbericht daraus zu machen. Ein neues Literatur-Genre soll geboren werden.

In Holcomb lernen Capote und Lee den führenden Detektiv Alvin Dewey (Chris Cooper) kennen. Der ist zunächst etwas reserviert. Dieser homosexuelle Paradiesvogel aus New York ist Dewey anfangs nicht geheuer. Das Duo interviewt gefühlt jeden in Kansas, um die Geschichte richtig zu erzählen. Dann landet die Polizei einen Treffen. Perry Smith (Clifton Collins Jr.) und Dick Hickock (Mark Pellegrino) werden gefasst.

Der Schriftsteller besucht die beiden Täter im Gefängnis. Er baut zu Smith eine Verbindung auf. Der Täter vertraut Capote. Nur das Warum bleibt er Capote schuldig. So lange Capote diese Information nicht hat, kann er das Buch nicht beenden. Außerdem müssen die beiden zum Tode verurteilten Männer erst hingerichtet werden, bevor Capote das Ende des Buches schreiben kann.

Meinung von

Truman Capote hat sich einen Namen mit Kurzgeschichten gemacht, bevor er 1948, gerade einmal 23-jährig, sein Romandebüt mit "Andere Stimmen, andere Räume" gab. Ab da war er der Welt bekannt. Nach seinem zweiten Roman "Die Glasharfe" schrieb er Frühstück bei Tiffany, das 1958 erschien und 1961 verfilmt wurde. Sein Folgewerk war "Kaltblütig", das die grausamen Morde an der Clutter-Familie aus Holcomb detailliert rekonstruiert. Um so schreiben zu können, bedarf es einer ausgiebigen Recherche. Drehbuchautor Dan Futterman fand, dass im Buch die Figur des Capote fehlt. Immerhin hat er sich auch mit den Tätern unterhalten.

Capote ist schon ein besonderer Film. Regisseur Bennett Miller und seine Crew verzichten auf Rot- und Blautöne. Die Optik des Films ist eher kalt und ungemütlich. Hoffman erhielt für seine grandiose Art den exzentrischen Schriftsteller darzustellen einen Oscar. Absolut verdient. Hoffman hat ganz feines Minenspiel entwickelt. Auch die Hände zucken ganz zart in vielen Szenen. Im Original hat er die hohe, nasale Stimme von Capote nachempfunden.

Die Figur Capote, die von sich selber behauptet niemals zu lügen, lügt sich den Arsch ab, wenn es zum Gespräch mit Smith kommt. Der Mörder fragt, ob Capote schon einen Titel hätte – was er verneint, dabei stand der für den Autor sehr schnell fest. Auch ob er bereits angefangen habe zu schreiben verneint Capote. Die beiden Täter werden schnell zum Tode verurteilt. Capote besorgt ihnen einen neuen Anwalt. Nicht, weil er glaubt die beiden Männer seien unschuldig. Er braucht sie einfach noch länger am Leben, weil er sie aushorchen will. Smith fleht Capote an, ihnen einen neuen Anwalt zu besorgen. Der kümmert sich nicht einmal darum, behauptet aber, er habe keinen gefunden.

Capotes Freund Jack Dunphy (Bruce Greenwood) erkennt es vollkommen richtig, dass Capote den Männer auch gar nicht helfen wollte. Capote gab vor ein Freund zu sein. Und anfangs scheint das auch zu stimmen. Er fühlt sich mit Smith verbunden. Beide hatten eine schlechte Kindheit. Doch unterm Strich ist Capote Autor und der muss abliefern. Der will abliefern.

Nach "Kaltblütig" hat Capote keinen Roman mehr fertiggestellt. Hoffman zeigt, wie sehr er an dieser Aufgabe, den Roman zu schreiben, gelitten hat. Capote quält sich. Das Ende will und will nicht kommen, weil Smith und Hickock einen Aufschub nach dem anderen erhalten. Da er sich emotional gebunden hatte, muss er nun mit aller Macht eben diese Bindung kappen. Er verfällt in Depressionen. Das Verhältnis zu Jack wird enorm strapaziert. Zu seiner Freundin Lee hat er auch keinen Bezug mehr. Die Autorin von Wer die Nachtigall stört fragt ihn nach der Filmpremiere, wie er es fand. Der ist jedoch schon so sehr in seinem Kummer drin und hat diesen mit Alkohol versucht zu betäuben – danach wendet sie ihm den Rücken zu und geht.

Die Geschichte ist sehr sorgfältig und emotional verfilmt. Das Schauspiel von Hoffman ist superb. Der Film ist aber keine leichte Kost, sondern ein ausgewachsenes Drama.