Filmplakat X

7/10

"Because it's possible to make a good dirty movie." — X, 2022

X

Besprechung

Wayne (Martin Henderson) und seine Crew wollen Ende der 1970er irgendwo in Texas einen guten, soliden Porno drehen. Wayne wittert Gold auf dem neuen Markt der Home-Videos. Seine Freundin Maxine (Mia Goth) will einfach nur berühmt werden und in die weite Welt hinaus. Bobby-Lynn (Brittany Snow) ist dauer-geil. Zum Glück kann es ihr Freund Jackson (Kid Cudi) der Blondine immer besorgen, auch vor der Linse. Kameramann und Regisseur RJ (Owen Campbell) hat ein höheres Ziel. Er möchte einen anspruchsvollen Porno drehen. Für ihn soll „The Farmer’s Daughters“ der Einstieg zu Hollywoods Traumfabrik werden. Seine Freundin, Lorraine (Jenna Ortega), ist das stille Mädchen mit dem Mikrofon.

Wayne und Co. mieten sich bei dem uralten Howard (Stephen Ure) und seiner Frau Pearl (Mia Goth in einer Doppelrolle) ein. Howard weiß nicht, was die jungen Leute in seiner Scheune treiben.

Pearl, die auch schon gefühlte 100 Jahre alt ist, ist zwar gebrechlich, aber sexuell immer noch umtriebig. Howard, der Angst um sein Herz hat, kann seiner geliebten Pearl nicht das geben, was sie braucht. Pearl sucht sich anderswo Hilfe. Die Greisin hat ein Auge auf Maxine geworfen.

Meinung von

X aus der Feder von The Innkeepers-Regisseur Ti West, war der Eröffnungsfilm auf den Fantasy Filmfest Nights 2022. Corona hat alles durcheinander gebracht. Wie wir vor dem Streifen erfahren durften, ist durch das Virus der Vertrieb von Filmen extrem erschwert worden. Termine werden ständig verschoben. Gerade einmal zwei Tage vor Katalogdruck, gab es dann die Bestätigung, dass X gezeigt werden könne. Auftritt: Wayne und seine bunte Schar von Erwachsenenfilm-Darstellern.

Der Film, bei dem Ti West auch Regie geführt hat, fängt ruhig an. Die Bilder sind toll, die Musik der 70er war es ohnehin. Die plärrt aus dem Sanyo-Radiodeck in dem Van, mit dem Wayne und Co. auf die abgelegene Farm fahren. Die Grillen zirpen ununterbrochen, man spürt die Hitze, die drückende Luft und hat die Graspollen in der Nase — so stimmungsvoll ist der Streifen gedreht.

Ja, man sieht nackte Haut. Was ein Wunder, wird doch immerhin ein Porno gedreht. Alle Figuren sind gut gezeichnet und ebenso gespielt. Man kann jede Person verstehen und begreifen. Was mich besonders fasziniert hat, ist der Schnitt. Hier hat West auch mitgemischt. Es ist spannend zu sehen, wie die Handlung des Sexstreifens mit der des gezeigten Films verschmilzt. Es gibt einige Überblenden, die, bevor sie von Szene A zu Szene B wechseln, eine schnelle Schnittfolge zwischen den beiden Szenen haben. Das habe ich noch nicht gesehen bisher. Spannend.

X ist ein "klassischer" Slasherfilm. Da kommen die Kids aus der Großstadt aufs Land und werden einer nach dem anderen hingerichtet. Einziger Unterschied: Hier greifen keine Halbstarken oder irren Psychos an. Die Idee mit den überraschend mordlustigen Alten, hatten wir vor gar nicht so langer Zeit schon bei The Owners gesehen. Da waren die Alten aber wirklich krank. In X sind selbst die Mörder vernünftig erklärt. Pearl war einst wunderschön und ihr Howard hat ihr jeden Wunsch erfüllt. Nun, im hohen Alter, leidet Pearl darunter, dass sie nicht mehr schön ist und auch keinen Sex mehr hat.

Der Film hat auf der einen Seite die moralsauren Alten, die sowas wie Pornografie verabscheuen. Bei ihnen läuft auch immer ein Fernsehprediger in der Glotze. Aber dann sind sie wieder "komplett anders". In all der Mörderei kommt dann auf einmal das Thema Altwerden auf. Man merkt der alten Frau den Schmerz an. Sie möchte wieder geliebt werden, ihr Alter verhindert das. Der Horror ist wohl für die meisten Kinobesucher gar nicht das Messer im Hals oder die Heugabel im Auge gewesen, sondern eher die Sexualität der Alten.

Nimmt man das alles zusammen, die tollen Bilder, den Schnitt, die Musik, die Schauspieler – kommt eigentlich ein guter Film bei raus. Verrückt. Wer hätte das gedacht?