Besprechung
Frisch von der FBI-Schule kommt der Heißsporn und karrieregeile Musterschüler Johnny Utah (Keanu Reeves) nach Los Angeles, der Hauptstadt der Bankraube. Schnell hat er seinen ersten Fall. Vier Typen, maskiert als Ex-Präsidenten, haben in drei Jahren 27 Banken ausgeraubt. Niemand weiß, wer sie sind. Utah krallt sich an diesem Fall fest. Sehr zum Leidwesen seines Partners, dem FBI-Veteran Pappas (Gary Busey). Der hat keinen Bock auf diesen Frischling. Utah bringt Pappas auf seine Seite. So erfährt Utah, dass der alte Agent eine Theorie zu den Bankräubern hat, die allgemein für Gelächter beim FBI sorgt. Pappas vermutet, dass Surfer hinter den Überfällen stecken.
Utah kauft sich ein Surfboard und will so am Strand abhängen, um Informationen zu bekommen. Doch so läuft das nicht. Surfer sind eine eingeschworene, elitäre Gruppe. Utah muss das Surfen lernen, um als Surfer durchzugehen. Da läuft er Tyler (Lori Petty) über den Weg. Utah manipuliert die junge Frau, so dass sie ihm das Wellenreiten beibringt.
Über Tyler lernt Utah Bodhi (Patrick Swayze) kennen. Der hängt mit seinen Kumpels Grommet (Bojesse Christopher), Nathaniel (John Philbin) und Roach (James Le Gros) immer am Strand ab. Bodhi ist ein Suchender. Er sucht nach „der einen Welle“. Wie alle in seiner Gang ist Bodhi ein Adrenalin-Junkie. Utah freundet sich mit Bodhi an, der wird eine Art Vorbild für den verdeckten Ermittler. Allmählich begreift Utah, was es bedeutet zu surfen.
Meinung von Nils
Gefährliche Brandung ist einer der Filme, die gefühlt von jedem (älteren) Kinogänger mit einem leuchten in den Augen erwähnt wird. Es geht um Adrenalin-Junkies, um Leute, die dem Tod mit einem fetten Grinsen im Gesicht in die Augen starren. Der Film handelt aber auch von Surfern, von Menschen, die eins werden mit der Natur und sie zugleich zu fürchten wissen. Das Surfen hat hier eine spirituelle Natur. Das wird überdeutlich. Ich denke, den Film muss man auf der Großleinwand sehen, dann packt er vermutlich jeden – die Aufnahmen der Surfer in ihren Tunneln sind atemraubend.
Johnny Utah ist ein Typ, der vermutlich seinen Bleistift immer exakt parallel zur seitlichen Tischkante ablegt. Er macht alles nach Vorschrift. Erst als er das Surfen lernt, lernt er, was es heißt zu leben. Auch Utah kann sich der Magie des Surfens nicht entziehen. Mit Bodhi (Bodhi ist ein Erkenntnisvorgang im Buddhismus, der auf dem Erlösungsweg eine zentrale Bedeutung einnimmt) als Mentor, taucht Utah nicht nur in die Wellen, sondern auch die Lebensart der Surfer ein. Zwischen den beiden Männern entsteht ein tiefer Bund.
Die Untersuchungen von Utah und Pappas verlaufen zunächst in eine völlig falschen Richtung. Doch eines Tages sieht der junge Undercover-Agent Bodhi und seine Jungs auf den Wellen, da trifft es ihn wie der Schlag. Sind Bodhi und Co. etwa die vier Ex-Präsidenten, die er sucht? Utah gerät in einen fiesen Gewissenskonflikt.
Der Film von Regisseurin Kathryn Bigelow sollte zunächst von Ridley Scott und mit Johnny Depp oder Charlie Sheen in der Hauptrolle umgesetzt werden. Doch das Skript wurde irgendwann von den Studios fallengelassen. Einige Jahre später wurde es wieder herausgekramt und Bigelow übernahm das Ruder. Ihr damaliger Mann James Cameron half beim Umschreiben des Endes und war ausführender Produzent. Für Bigelow stand immer fest, dass Keanu Reeves den FBI-Agenten spielen sollte. Dafür hat sie auch gekämpft, heißt es.
Keanu Reeves sollte mit diesem Film als Action-Held etabliert werden. Tatsächlich hatte der Film genau diese Wirkung. Das Image lebt in John Wick auch heute noch weiter – nur dass John nicht surft.
In dem Film, in dem mit John Philbin und Bojesse Christopher echte Surf-Profis mitspielen, herrscht ein bis dahin kaum gesehener Realismus. Die Profis können natürlich unglaublich gut Surfen, die Kamera kann diese Wellenreiter wunderbar in Szene setzen. Auch die Szenen mit dem Fallschirmspringen wirken unglaublich echt. Das liegt daran, dass zum Beispiel ein Patrick Swayze passionierter Fallschirmspringer war – sehr zum Ärgernis des Filmstudios. Kommt blöd, wenn einer der Hauptdarsteller mitten im Film bei der Ausübung seines Hobbys ums Leben kommt. Wenn Bodhi in Mexiko aus dem Flugzeug springt und dabei Utah in die Augen schaut, ist das wirklich Swayze. Kein Schnitt, kein Trick.
Die Authentizität, die der Film versprüht, macht ihn so nah erlebbar und packend. Auch über 30 Jahre nach seinem Erscheinen ist der Streifen gut. Surfen, Natur, Leben, Freundschaft und Loyalität sind ein toller Mix.
Das Ende wurde neu gedreht. Utah verfolgt Bodhi bis nach Australien. Mittlerweile sind viele Monate vergangen. Utah ist seinem früheren Mentor einmal um den Globus hinterher gereist. Utah hat lange Haare. Das passt zum Charakter, ist aber eigentlich dem Umstand geschuldet, dass Keanu Reeves vor seiner Rückkehr ans Gefährliche Brandung-Set Bill & Ted's verrückte Reise in die Zukunft gedreht hat. Sein Ted hat diese lange Kiffermähne, die Reeves auch heute wieder hat.
Die Szene, in der Utah hinter Bodhi herläuft, sich das Knie verdreht und seinen Freund laufen lassen muss, wenn Utah dann voll Wut sein Magazin in die Luft entleert? Das ist die Szene, von der Nick Frosts Charakter in Hot Fuzz schwärmt. Falls jemand fragt ...