Besprechung
Der mürrische und traurige Englischlehrer Tom Michell (Steve Coogan) kommt 1976 in ein sehr instabiles Argentinien. Das Land steht kurz vor einem Militärputsch, Bomben explodieren regelmäßig, Menschen „verschwinden“. Tom unterrichtet eine achte Klasse von reichen und verwöhnten Jungen, die keine Lust auf seinen Unterricht haben.
Als es politisch zu heikel wird, bekommen die Lehrer eine Woche frei. Tom, der sich amüsieren will, fährt nach Urugay. Im Schlepptau hat er den finnischen Lehrer Tapio (Björn Gustafsson). Der wurde von seiner Frau verlassen und ist nicht nur ein Trauerkloß, sondern auch eine Nervensäge. Tom schafft es dennoch, Carina (Micaela Breque) „abzuschleppen“. Nur um sie zu beeindrucken – und ins Bett zu bekommen – kümmert er sich zusammen mit ihr um einen kleinen Pinguin, der im Ölschlick am Strand zu sterben droht.
Carina verabschiedet sich und so hat Tom den Pinguin an der Backe. Jeder Versuch, das Tier loszuwerden, scheitert. Also nimmt Tom den Vogel mit nach Argentinien, wo er ihn auf dem Balkon unterbringt. Schuldirektor Buckle (Jonathan Pryce) hat viele Regeln. Eine besagt, dass Haustiere verboten sind. Ebenso politische Lehrinhalte.
Toms Unterricht wird tatsächlich immer politischer. Er hat sich mit der Putzkraft Maria (Vivian El Jaber) und deren Nichte Sofia (Alfonsina Carrocio) angefreundet. Sofia steht unter Verdacht etwas gegen das Militär zu haben – bis sie „verschwindet“.
Meinung von Nils
Tom Michell gab es wirklich. Den Pinguin ebenfalls. Michell, so lernen wir aus dem Abspann, hat erst viele Jahre nach seiner Zeit in Argentinien, als er schon wieder in Cornwell war, einen alten Film aus seiner Zeit mit dem Pinguin gefunden. Das hat ihn dazu bewegt, das Buch zum Film zu schreiben. Herausgekommen ist ein herrlich britischer Film mit einer herzlichen Geschichte. Der Pinguin meines Lebens ist kein "volles Drama", aber er hat seine dramatischen Momente.
Steve Coogan (Coffee and Cigarettes, Nachts im Museum, Die etwas anderen Cops), ein britischer Komiker, den ich sehr gerne mag, passt bestens in die Rolle des betrübten Lehrers, der durch einen Schicksalsschlag so wurde, wie er ist. Es wäre kein britischer Film, wenn nicht hinter jeder Ecke dunkler, trockener Humor hervor schauen würde. Coogan bringt seine spitzen Bemerkungen herrlich staubtrocken herüber. So manches Mal ist sein Gegenüber vom Gesagten überrascht — oder das Gegenüber bekommt die Spitzfindigkeiten gar nicht mit. An so mancher Stelle dachte ich, der Film würde im englischen Original 100%-ig noch besser sein, als in der Synchronisation.
Ich war froh, dass die Geschichte nicht die typische "Lehrer wird mit schwierigen Schülern konfrontiert und kann sie dann alle zu 1er-Schülern wandeln"-Geschichte ist. Die Schüler sind verwöhnte Gören, die schnell merken, dass sie mit Tom einen Lehrer vor sich haben, der kein Rückgrat hat. Mittlerweile ist der Brite an einem Punkt angekommen, wo ihm alles egal ist. Der Job ist nur ein Job. Aus Politik hält er sich heraus. Hin und wieder eine Frau aufreißen – mehr braucht er nicht. Im Grunde eine traurige Gestalt.
Als Tom dann Juan Salvador, wie der Pinguin dann irgendwann heißt, bei sich aufnimmt, ist da keine Liebe. Hoffentlich fällt es dem Schuldirektor nicht auf, dass Tom einen Untermieter hat. Wäre ganz gut, wenn der Vogel auch mal etwas essen würde. Wenn ich ehrlich sein soll, so eine große Rolle spielt der Pinguin gar nicht. Ich hatte mehr erwartet. Pinguine sind nicht so süß, wenn man sie aus der Nähe sieht. Aber wenn sie herumwatscheln, mit geschlossenen Beinen eine Treppe hoch oder runter hopsen – das ist schon niedlich anzuschauen.
Der Pinguin meines Lebens ist einer dieser seltenen Wunder-Filme, die von allem etwas haben. Eine tolle Geschichte, gute Schauspieler, etwas 70er-Jahre-Flair und wenn man nicht herzlich lacht oder ein Tränchen unterdrücken muss, dann sitzt man im Kino und lächelt seelig vor sich hin, weil man das Glück hat, einen guten Film zu sehen.
Natürlich hat der Film ein gutes Ende. — Okay, das war gelogen. Aber auch nicht. Der Pinguin meines Lebens hat, wie schon erwähnt, von allem etwas. Ich spare mir den schwulstigen Ausdruck "fast wie das Leben selbst". Das schreibe ich nicht. Nein.
Anschaubefehl für alle Freunde des feinen, britischen Humors. Am besten gleich im Original gucken.