Filmplakat Charlie Says

5,5/10

"I told my mother to stop loving me." — Charlie Says, 2018

Charlie Says

Besprechung

Man sagt, die Hippie-Bewegung und der „Groove“ der 1960er endete am 9. August 1969. An diesem Tag verübten vier Mitglieder der Manson-Familie auf Anweisung von Charles Manson (Matt Smith) einen Massenmord an so genannten „Piggies“, an reichen Amerikanern, an Leuten aus dem Show-Biz. Drei Jahre später sitzen Susan „Sadie“ Atkins (Marianne Rendón), Leslie „Lulu“ Van Houten (Hannah Murray) und Patricia „Katie“ Krenwinkel (Sosie Bacon) im Hochsicherheitstrakt des Frauengefängnisses in Kalifornien.

Die Studentin Karlene Faith (Merritt Wever) arbeitet im Gefängnis mit den Inhaftierten zusammen. Gefängnisvorsteherin Virginia Carlson (Annabeth Gish) bittet Karlene darum, die drei Frauen zu unterrichten. Das gestaltet sich sehr schwer, da die Frauen über Jahre einer gründlichen Gehirnwäsche durch Manson unterzogen wurden.

In Rückblenden wird hauptsächlich aus der Sicht von Leslie gezeigt, wie das Leben in der Manson-Familie aussah. Manson gab sich als charmanter, die Gitarre zupfender Typ, der Liebe predigte. Doch irgendwann fing er an vom Hass zu sprechen. Er sagte eine Rassenunruhe von apokalyptischen Ausmaßen voraus – die er und seine Familie auslösen sollten. Manson war der Erlöser und seine Anhänger folgten ihm blind.

Meinung von

Ich habe mich bisher noch nie mit der Thematik Manson und Tate-Morde beschäftigt. Dabei scheint Manson bei den Amis eine gewisse Faszination auszulösen. Immerhin wird er immer wieder im Kino oder als Buch abgefrühstückt. Die Filme haben in der Regel gemein, dass sie sich um Manson drehen. American Psycho-Regisseurin Mary Harron geht einen anderen Weg. Sie nähert sich dem Thema von der Seite der so genannten Familienmitglieder an.

Im Zentrum steht die etwas weltfremde Leslie. Sie wird, wie die anderen Mitglieder auch, Manson vorgestellt. Der mustert sie und hält sie für würdig, ein Familienmitglied zu werden. Leslie fühlt sich angezogen vom Charme des Manson. Er predigt mehr beiläufig, dass alle schön sind, die Eltern sind Schuld an allem, was die Familienmitglieder an sich selber hassen. Seine Anhänger sollen sich lossagen von ihrer alten Form. Leslie bekommt von Manson einen neuen Namen. Und Sex ist natürlich immer präsent. Wer das Glück hat mit Charlie zu schlafen, ist schon beinahe gesegnet.

Wir sehen wie der ehemalige Doctor Who-Darsteller Smith u.a. die drei Frauen in seinen Bann zieht. Sie hängen an seinen Lippen. Dabei gibt Charlie die Regeln vor. Wenn die drei Frauen im Gefängnis ihre Vergangenheit betrachten, heißt es immerzu Charlie sagt .... Sein Wort ist Gesetz. Alle Frauen im Camp nehmen es als natürlich an, wenn Charlie den Frauen jegliche Rechte abspricht. Seine Sicht ist extrem frauenfeindlich. Frauen dürfen nicht zuerst essen. Sie dürfen kein Geld besitzen. Es gibt auch noch andere Männer in der Familie, z.B. Tex Watson (Chace Crawford), die sagen aber nichts. Warum auch? Sie genießen alle Privilegien. Was alle Familienmitglieder erfahren, egal ob männlich oder weiblich, ist, dass Charlie ihr Ego bricht.

Charlie Manson hat gezielt Gehirnwäsche betrieben. Seine Familienmitglieder sind lassen denken und stellen nichts in Frage. Manson, der immerzu auf seiner Gitarre spielt – das kann ja kein schlechter Mensch sein –, bekommt die Chance, dass ein Stück von ihm veröffentlicht werden soll. Der Produzent Terry Melcher (Bryan Adrian) kommt extra zu Manson rausgefahren. Allerdings geht er Manson ab. Im Film geht ab hier alles bergab.

Manson fängt an von Hass zu predigen. Hier hat Smith einige starke Auftritte. Die Frauen reden im Gefängnis dann auch von B.C.. Karlene fragt, was sie damit meinen? Normalerweise heißt das bekanntlich before Christ, hier bedeutet es jedoch before the crimes. Die Frauen haben sich auch trotz all der Unterdrückung wohl gefühlt. Das mit den Morden haben sie mitgemacht, aber "vorher war schöner". Die Frauen zeigen kein Bedauern der Reue, so tief sitzt "das Wort Charlies" in ihnen.

Mary Harron zeigt drei völlig gebrochene Frauen, die nur noch an Charlie denken können. Dass es Rechte für Frauen gibt, ein Selbstbewusstsein der Frauen - alles an ihnen vorbeigegangen. Das versucht Karlene ihnen beizubringen. Aber die Gehirnwäsche ist extrem stark. Der Film zeigt die Manson-Tragödie aus der Sicht der Frauen, aber das geht nicht isoliert. Natürlich muss Manson vorkommen. Smith macht einen guten Job als völlig durchgeknallter Kultleader. Die drei Frauen möchte man nur am liebsten schütteln, auf dass sie aus ihrer Verblendung endlich aufwachen.

Charlie says ist ein durchaus guter Film, wenn auch nicht überragend. Interessiert man sich für die kranke Welt des Manson, ist man hier gut aufgehoben.