Filmplakat Alles Geld der Welt

6/10

"Unbezahlbar? Ich missbillige dieses Wort!" — Alles Geld der Welt, 2017

Alles Geld der Welt

Besprechung

Der Enkel des reichsten Mannes der Welt zu sein ist gefährlich. Das muss John Paul Getty III (Charlie Plummer) erfahren, als er 1973 in Rom von der Straße weg gekidnappt wird. Die Erpresser verlangen von seiner Mutter Gail Harris (Michelle Williams) 17 Millionen Dollar. Dumm, dass Gail kein Geld hat, das hat ihr erfolgreicher Ex-Schwiegervater John Paul Getty (Christopher Plummer).

Getty will aber nicht für seinen Enkel bezahlen. Würde er das machen, machte er sich angreifbar. Abgesehen davon hängt er an jedem Cent, den er verdient hat. John Paul Getty gibt kein Geld her. Gail ist verzweifelt. Der alte Getty holt den Ex-CIA-Agenten Fletcher Chase (Mark Wahlberg) mit ins Boot. Der soll schauen, wie er den Enkel zurückbekommt ohne einen Cent zu zahlen.

Derweil spitzt sich die Lage um den jungen Paolo zu. Der Erpresser Cinquanta (Romain Duris) hat nicht mehr das Ruder in der Hand. Nun haben skrupellosere Menschen das Sagen. Menschen, die auch vor den „klassischen“ Beweisszenarien – wie abgeschnittene Ohren – kein Halt machen. Gail greift zu einer List.

Meinung von

Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit. Sowohl Getty, als auch die Entführung seines Enkels hat es gegeben. Ridley Scott hat sich der Geschichte routiniert angenommen. Doch das ist nicht der Grund, warum der Film für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Eigentlich hatte Kevin Spacey die Rolle des Milliardärs gespielt. Der Film war schon fast fertig, als Spacey in Ungnade fiel, weil er in dem Sumpf von sexuellen Übergriffen in Hollywood seinen Teil dazu geleistet hat. Man entschied sich jede Spur von Spacey zu tilgen.

Einen Monat vor der Premiere wurden alle Aufnahmen mit dem alten Getty mit Christopher Plummer neugedreht. Hätte man Spacey behalten, wäre der Film grandios untergegangen. So ist er "nur" still untergegangen. Woran lag das? Hatte der Film einen zu bitteren Nachgeschmack wegen der Spacey-Affäre und die Leute haben ihn deswegen boykottiert? Es ist wohl eher, weil der Film mehr Durchschnitt ist.

Wir haben die Entführungsgeschichte, den Kampf der Mutter ums Geld, den sturen Geldsack. Fertig. Scott kann eigentlich mehr aus seinen Figuren rausholen. Michelle Williams' Figur hat noch am meisten Charakter, kann aber auch nicht überzeugen. Charlie Plummer sagt als Entführter kaum etwas, ist sehr passiv. Mark Wahlbergs Figur könnte auch mehr machen. Er ist nicht das, was wir erwarten. Tatsächlich ist Chase ein Verhandlungsmeister und selbst das macht er nicht gut in diesem Fall.

Christopher Plummer, zu dem Zeitpunkt 88 Jahre alt, spielt zwar gut – so gut, dass es ihm eine Oscar-Nominierung für die beste Nebenrolle einbrachte. Aber das Schauspiel ist das Eine, die Figur etwas anderes. Wir bekommen nur einen Hauch von dem mit, was den reichsten Mann der Welt ausgemacht hat und wie er getickt hat. Er war anscheinend ein wenig größenwahnsinnig und dachte, er sei ein wiedergeborener Kaiser aus dem alten Rom. Aber so richtig herausgestellt wird dieser Umstand nicht. Was wir zudem lernen ist, dass Getty ein Arsch war. Er liebt sein Geld mehr als irgendjemanden auf dieser Welt. Okay.

Wobei es noch nicht einmal das Geld an sich ist. Er meint im Film, dass jeder Geld machen kann. Die Kunst sei es, das Geld zu behalten. Menschen sind Geldverschwendungsfaktoren. Deshalb umgibt sich Getty lieber mit Dingen. Dingen von Wert. Zu Lebzeiten hat John Paul Getty eine riesige Kunstsammlung angeschafft. Diese sollte nach seinem Tod die Grundlage für das Paul Getty Museum sein.

Getty wollte besitzen! Als er sich bereit erklärt, Gail das Geld für die Freilassung seines Enkels zu geben, macht er das nicht ohne Hintergedanken. Zum einen kann er das Lösegeld von der Steuer absetzen *yeah* und dann will er seinen drogensüchtigen, völlig abgewrackten Sohn John Paul Getty II (Andrew Buchan) als Vormund für seine Kinder einsetzen lassen. Das Sorgerecht lag bei Gail. Mit diesem Schachzug will der alte Getty das zurückbekommen, was ihm gehört: seine Enkel. Die sind immerhin von seinem Blut. Hier zeigt sich kurz im Film der Größenwahn. Aber eben nur kurz.

Unangenehm fallen in der Umsetzung die harten Kontraste auf. Scott arbeitet gerne mit einem kontrastreichen Bild (Gladiator, Königreich der Himmel), aber in Alles Geld der Welt dreht er in der Postproduktion die Regler richtig hoch. Manche Gesichter kann man nicht erkennen, weil sie im Schatten stehen, der dann hochgezogen wird. Das ist alles schon zu viel und unangenehm. Dabei ist mir natürlich nicht entgangen, dass immer wenn der alte Getty auftaucht, die Farben eher kalt und blau sind, während bei Gail und dem jungen Paolo warme Farben vorherrschen. Ich bin ja nicht ganz blöd.

Scott hätte mehr aus den Figuren machen können, hat diese Chance aber vertan. Das tut dem Film nicht gut. Wenn man die Möglichkeit hat, Alles Geld der Welt für lau zu sehen, kann man sich damit den Abend vertreiben. Aber anschauen muss man ihn (leider) nicht.