Filmplakat Der erste große Eisenbahnraub

6,5/10

"Kein noch so tugendhafter Mensch kann so tugendhaft sein." — Der erste große Eisenbahnraub, 1978

Der erste große Eisenbahnraub

Besprechung

Während des Krimkrieges wird regelmäßig der Sold der britischen Soldaten in einem Zug von London nach Folkestone gebracht. Jede Ladung umfasst 25.000 Pfund in Gold. Der Gentleman Edward Pierce (Sean Connery) hat es auf dieses Gold abgesehen. Das ist aber nicht ein einfacher Raub. Noch nie hat jemand es geschafft einen fahrenden Zug auszurauben. Außerdem befindet sich das Gold in einem Tresor, dessen drei Schlüssel an verschiedenen Orten aufbewahrt werden.

Pierce und seine Gehilfin, die ehemalige Schauspielerin Miriam (Lesley-Anne Down) schließen sich mit dem besten Schlüsselspezialisten Englands, Robert Agar (Donald Sutherland), zusammen. Die Planung erweist sich als schwierig, da die Schlüssel so gut geschützt sind. Und wenn man die hat, muss man auch noch irgendwie in den Zug gelangen.

Pierce muss sich als Heiratswilliger ausgeben, Miriam muss einen Schlüsselbesitzer in einem Edelbordell etwas vorspielen und dann muss das Trio auch noch den Fassadenkletterer „Clean Willy“ (Wayne Sleep) vor dem Galgen retten, weil sie seine Dienste benötigen. Der Raub sollte als der erste große Eisenbahnraub in die Geschichte eingehen.

Meinung von

Es war eine andere Zeit, als der Film in die Kinos kam. Dieser Heist-Film ist heute leider schon etwas angestaubt. Im Grunde lässt sich ihm nur vorwerfen, dass er nicht genug Tempo hat. Die Herleitung und die vielen kleinen Gaunereien, die durchgeführt werden müssen um an die Schlüssel zu gelangen, sind schon lustig anzusehen.

Connery hatte seine Bond-Zeit bereits hinter sich gelassen (Wir ignorieren mal Sag niemals nie was ein Remake von Feuerball ist). In Der erste große Eisenbahnraub spielt der Schotte einen Gentleman-Dieb. Sein Pierce ist gebildet, elegant und bewegt sich in den höheren Kreisen. Er wirkt eher gelangweilt, als in Geldnot. Auf alle Fälle ist er sehr hingebungsvoll. Pierce geht eine Beziehung zur Tochter eines Bankiers ein, um an den Schlüssel zu gelangen. Kaum hat er den Abdruck des Schlüssels wird die Dame fallen gelassen.

Er kann also auch Arsch sein. Das zeigt u.a. in der Beziehung zu Miriam. Ja, er ist mit ihr zusammen, teilt das Bett mit ihr. Er macht ihr aber auch klar, dass niemand sich mit ihm anlegen sollte.

Sutherland spielt in diesem Trio den lustigen Part. Sein Charakter ist schelmisch und verschroben. Er muss für die blöden Dinge herhalten, wie Laufen zum Bahnhofsbüro, um Schlüsselabdrücke zu machen oder sich mit einer toten Katze in einen Sarg legen. Dieser Part von Sutherland ist aber auch wichtig, um dem Film Schwung zu geben.

Michael Crichton war schon ein verrücktes Huhn. Fast jedes seiner Bücher wurde verfilmt. Sein erster Roman unter eigenem Namen wurde mit Andromeda gleich verfilmt. "Der große Eisenbahnraub" war sein fünfter Roman und sein zweiter Film. Er führte sogar Regie. Das hatte er aber auch vorher schon ein paar Mal gemacht (u.a. Westworld und Coma). Bei Der erste große Eisenbahnraub hatte Crichton also schon Erfahrung. Das merkt man dem Film auch an. Kulissen, Kostüme und die Führung der Schauspieler sind alle gelungen. Dass der Streifen etwas "langsam" ist, ist der Zeit geschuldet, in der er gedreht wurde.

Ansonsten ist er aber nette Unterhaltung mit netten Charakteren. Wer mag bitte keine Heist-Filme? Und dann im viktorianischen England? Das gibt es sonst nicht. Crichton zog seine Inspiration von dem im Jahre 1855 tatsächlich stattgefunden Eisenbahnraub. Er hat sich nur künstlerische Freiheiten herausgenommen und einige Details verändert. Obwohl das Buch Der große Eisenbahnraub heißt, kam die Geschichte als Der erste große Eisenbahnraub in die Kinos. Der Eisenbahnraub ohne "erste" fand 1963 statt. Davon wollte man sich distanzieren.