Filmplakat Interstellar

7,5/10

"Als Eltern ist man der Geist der Zukunft seiner Kinder." — Interstellar, 2014

Interstellar

Besprechung

Die Menschheit hat kaum noch etwas zu essen. Weizen gibt es nicht mehr. Forscher braucht man so gut wie nicht mehr, dafür Farmer wie Cooper (Matthew McConaughey), der früher NASA-Testpilot war. Cooper lebt mit seinen Kindern und dem Schwiegervater Donald (John Lithgow) auf einer Farm. Überall leiden die Menschen unter Sandstürmen, hervorgerufen durch Erosionen.

Tochter Murph (Mackenzie Foy) entdeckt in ihrem Zimmer herunterfallende Bücher. Sie glaubt an einen freundlichen Geist. Ihr Bruder Tom (Timothée Chalamet) nennt sie eine Spinnerin.

Cooper entdeckt durch Zufall die Koordinaten einer verborgenen NASA-Station. Hier trifft der Familienvater auf einen alten Bekannten, den Physikerprofessor Brand (Michael Caine). Der arbeitet an einer Rakete, wie sie noch nie da war und die die Menschheit vor der Auslöschung retten soll.

Brand überredet Cooper zusammen mit drei Forschern, darunter seiner Tochter, Amelia Brand (Anne Hathaway), zu unbekannten Ufern aufzubrechen. In der Nähe des Saturns wurde ein Wurmloch entdeckt, das anscheinend irgendjemand dort platziert hat. Man hat Sonden, aber auch schon bemannte Raketen durch das Wurmloch in eine ferne Galaxie entsandt. Übermittelte Daten zeigen potentiellen Ersatzerden. Die Crew soll eine neue Heimat für die Menschen der Erde finden.

Von der Reise ins Ungewisse ist Murph kein Stück begeistert, doch Cooper muss es wagen, die Menschheit zu retten; auch wenn er dafür seine Kinder zurücklassen muss. Während der langen Reise vergeht für die Crew die Zeit langsamer als auf der Erde.

Der erste Planet, den die vier Forscher in der neuen Galaxie erkunden wollen, ist bedrohlich nahe an einem riesigen schwarzen Loch …

Meinung von

Oh, ein Nolan-Film. Da müssen wir rein. Blind und ohne "Vorwarnung", denn Nolan-Filme müssen ja alle gut sein. Mit seinen Batman-Filmen und Inception hat es der britische Regisseur ins Bewusstsein auch des letzten Kinomuffels geschafft. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an Interstellar. Eines vorweg: Wer einen Actionfilm erwartet, wird herbe enttäuscht werden. Wer einem SciFi-Streifen mit epischen Raumschlachten entgegenfiebert, wird ebenfalls leer ausgehen. In Interstellar ist die Menschheit endgültig von der Natur in die Knie gezwungen worden. Nun geht es ums nackte Überleben. Ist es nicht der Nahrungsmangel, dann ist es das Ersticken, das die letzten Homo Sapiens auslöschen wird. Es muss eine Lösung zur Rettung der Menschen her.

Professor Brand hat gleich zwei Pläne. Plan A sieht vor, dass die Forschungscrew durch das Wurmloch reist und in der fremden Galaxie einen bewohnbaren Planeten findet. Sollte das scheitern, werden unzählige Keimzellen zunächst künstlich, dann natürlich ausgebrütet, um so die Menschenschöpfung vor der Auslöschung zu retten.

Nolan zeigt eine düstere Zukunft, die bedrohlich wirkt, weil sie so wahrscheinlich sein kann. Während die Menschen sich nur noch um Nahrungsbeschaffung kümmern, forschen die Wissenschaftler der NASA im Geheimen. Niemand will Gelder ausgeben für ein Traumprojekt, wenn der Teller leer ist.

Neben der Dramatik mit der Natur kommt die Spannung ins Spiel, die von der Beziehung Murph und Coopers ausgeht. Für die junge Murph ist der Weggang des Vaters nicht verständlich. Sie fühlt sich verlassen und hasst ihn fortan. Cooper hingegen unternimmt diese schwere Mission nur, um seine Kinder zu retten. Das ist sein Antrieb.

Während die Forscher in den Weiten des Alls Abenteuer bestehen, vergeht die Zeit für sie – vor allem am Rande des schwarzen Lochs – völlig anders als auf der Erde. Auf dem ersten Planeten verbringen Cooper, Brand und Doyle (Wes Bentley) gerade einmal etwas über eine Stunde. Der im Mutterraumschiff "Endurance" zurück gebliebene Romilly (David Gyasi) erlebt jedoch – wie die Menschen auf der Erde – über 23 Jahre.

Murph (Jessica Chastain) und Tom (Casey Affleck) sind mittlerweile erwachsen. Tom schickt seinem Vater noch Videobotschaften, Cooper kann jedoch nicht zur Erde funken. So erlebt er, wie sein Sohn erwachsen wird, heiratet, Kinder bekommt — bis Tom seinen Vater aufgibt. Das ist eine herzzerreißende Szene. Überhaupt gibt es in all der ruhigen, teils sehr langsamen Erzählweise in Interstellar die eine oder andere ergreifende Szene mit viel Emotion. Das ist wirklich gut gelungen. Daneben gibt es auch spannende Momente und ebenso witzige. Für den Witz ist der Roboter TARS (Bill Irwin) zuständig.

TARS und auch einige Einstellungen, vor allem die langsamen Aufnahmen des Saturns, vor dem ein kleines Raumschiff entlang fliegt oder die "Lichtershow" auf Coopers Helm, erinnern ein wenig wie eine Hommage an 2001: Odyssee im Weltraum. Mit der Ausnahme, dass TARS nicht böse ist, wie HAL, sondern echt ein angenehmer Punkt im Film.

Interstellar ist beinahe drei Stunden lang. Der Film hat nicht wirklich Längen, ist jedoch extrem langsam erzählt. Damit für heutige Sehgewohnheiten sehr ungewöhnlich. Es passieren trotz der Ruhe genügend Dinge, um den Film halbwegs spannend zu halten. Besonders gefallen hat mir im späteren Teil des Films, wenn der Zuschauer schon lange nur die Raumfahrer begleitet hat und dann in recht schnellen Schnittfolgen zwischen den beiden Galaxien hin- und hergesprungen wird. Auf der Erde wird die Zeit knapp und es gibt dramatische Entwicklungen, in der fremden Galaxie auf den unbekannten Planeten ebenso.

Man kann sich über Filmfehler unterhalten – und davon gibt es einige –, es ist jedoch völlig unnötig, sich über vermeintliche Fehler in den physikalischen Erklärungen des Films auszulassen. Wie immer bei Filmen, die mit Zeitreisen spielen, gibt es ein Paradoxon, das es nicht zu lösen gibt. Also schauen wir einmal darüber hinweg. Sonst hätten wir keinen Spaß mehr. Das Ende ist etwas zu kitschig und man hätte hier gerne nicht alle losen Fäden zusammenführen müssen. Ein wenig Ungewissheit täte dem Film gen Ende ganz gut.

Interstellar sollte man sich, wenn man ihn denn sehen möchte, nur im Kino anschauen. Auf einem Fernseher – und sei er noch so groß – wirkt der Film bestimmt nicht.

Nicht der beste Nolan-Film, aber eine interessante Ergänzung seines Oeuvres.