Besprechung
Es ist schon einmal ein Junge in der amerikanischen Kleinstadt verschwunden. Nun ist es wieder passiert. Der zehnjährige Justin Whitter (Riley Caya) ist auf dem Weg nach Hause verschwunden. Der Polizist Greg Harper (Jon Tenney) macht sich daran, diesen kniffeligen Fall zu knacken. Erschwert wird die Arbeit durch den schief hängenden Haussegen. Jackie Harper (Helen Hunt) hatte eine Affäre. Sohn Connor (Judah Lewis) ist richtig angepisst von seiner Mutter. Greg schläft immer öfter auf der Couch.
Ein schwerer Fall vor der Brust, ein Elefant im Wohnzimmer – als ob das nicht schon reichte, passieren auch noch seltsame Dinge im Hause Harper. Besteck verschwindet, Musik geht aus ungeklärtem Grund an, Fotos verschwinden. Eines Abends wird Greg sogar in einem Kleiderschrank eingesperrt. Er verdächtigt seinen Sohn, doch der war es nicht.
Meinung von Nils
Das Fantasy Filmfest wird von zwei Leuten begleitet, die sich hin und wieder vorne hinstellen und etwas zum Film sagen. Diesmal hieß es, I See You habe noch keinen Buzz, aber das wird noch kommen. Der Streifen wurde im Vorfeld sehr gelobt. Hätte er das doch nur gelassen. Die Erwartungen waren bei mir hoch. I See You konnte sie während der Vorführung nicht ganz erfüllen.
I See You ist klassisch in drei Akte aufgeteilt. Im ersten Drittel geht es um den Fall des vermissten Jungen, die angespannte Lage im Hause Harper und um die mysteriösen Vorkommnisse. Der zweite Akt deckt auf, was wir im ersten Akt nicht gesehen haben. Das ist auf der einen Seite natürlich richtig so. Wir wollen wissen, welcher Spuk hier am Werke ist. Regisseur Adam Randall macht es durchaus geschickt. Er wechselt im wahrsten Sinne des Wortes den Blickwinkel. Zunächst ist man verwirrt, was das soll, doch dann klärt es sich auf.
Für mich hat der zweite Akt zu viel Zeit eingenommen. Das ist der wichtigste Kritikpunkt. Im dritten Akt geht es dann wieder um den Vermisstenfall. Der Twist ist so ein "Fuck. Echt jetzt?"-Moment. Im Grunde ist I See You ein guter Thriller. Das wird auch durch den enorm auf die Nerven gehenden Soundtrack unterstrichen. Hier ist keine Harmonie, so wie im Harper-Haus. Gleichzeitig ist die musikalische Untermalung unheimlich. Immerhin gehen unheimliche Dinge vor sich.
Apropos unheimlich: Masken können unheimlich sein. Ich erinnere hier an die Clownsmaske vom Joker in The Dark Knight. In I See You kommt auch eine vor und die ist ihrer Art ebenfalls sehr gruselig.
Man muss wohl erst eine Nacht drüber schlafen, um zu erkennen, dass I See You doch ein guter Streifen ist. Er ist intelligent erzählt und facettenreich. Es passieren Dinge, die einen nach dem Schauen noch einmal dazu bringen, über dies oder jenes nachzudenken, was man da gesehen hat.