Filmplakat Heavy Trip

6,5/10

"Metal? Scheint zu wirken." — Heavy Trip, 2018

Heavy Trip

Besprechung

Taivalkoski ist ein kleines Dorf in Finnland. Hier leben die Freunde Turo (Johannes Holopainen), Lotvonen (Samuli Jaskio), Pasi (Max Ovaska) und Jynkky (Antti Heikkinen). Die Jungs spielen sie zwölf Jahren Metalmusik. Sie üben im Keller von Lotvonens Eltern, die einen Rentier-Schlachthof haben. Schlagzeuger Jynkky ist der Meinung, die Band müsse endlich auch mal irgendwo auftreten. Er kann seine Kumpels überzeugen. Der allwissende Bassist Pasi fordert jedoch, dass sie nur mit eigenen Liedern auftreten sollten. Sänger Turo, der als Pfleger in der hiesigen psychiatrischen Anstalt arbeitet, soll die Texte schreiben.

Heraus kommt ein Lied, von dem alle begeistert sind. Als zufällig der Festivalveranstalter Frank Massegrav (Rune Temte) auf der Suche nach Rentierblut auf dem Schlachthof auftaucht, gibt Jynkky dem Norweger das Demoband. Von dort verbreitet sich das Gerücht, die noch namenlose Band werde auf dem Festival „Northern Damnation“ in Norwegen auftreten. Plötzlich sind die vier Außenseiter nicht mehr die Dorf-Loser.

Bevor es aber auf nach Norwegen geht, müssen noch einige Dinge erledigt werden. Angefangen von der Namensfindung – man einigt sich „Impaled Rektum“ – und einem Logo, muss auch die Fahrt nach Norwegen irgendwie gemeistert werden. Außerdem wäre es wohl noch von Vorteil, würde sich Frank mal melden und zusagen, dass Impaled Rektum tatsächlich auf dem Festival auftritt.

Meinung von

Der Streifen wurden auf dem Fantasy Filmfest 2018 angekündigt, lief mir aber ehrlich gesagt zu spät. Daher gab es den leider nicht im Kino. Obwohl, er wäre auch, wenn ich mich recht erinnere, auf Finnisch mit Untertiteln gezeigt worden. Das ist irgendwie unsexy.

Die Geschichte zeigt vier Loser in einem Kaff in Finnland. Weil sie "anders" sind, werden sie angefeindet. Viel machen kann man in dem Dorf nicht. Da bleibt einem vielleicht wirklich nur noch das Träumen.

Heavy Trip ist mit einem Budget von 3.100.000 Euro damals die teuerste finnische Komödie. Das Budget ist im Vergleich zu anderen Produktionen natürlich nichts. Man kann den Film schon beinahe im Bereich Low Budget ansiedeln. Dennoch ist er warmherzig und lustig. Die Cliches werden bewusst bedient: Metalheads als introvertierte, verschrobene Typen. Der Rest des Dorfes, der nicht versteht, was die Jungs machen und lieber die Volksmusik von Oberschleimer Jouni Tulkku (Ville Tiihonen) hört. Seine Band, die "Star Moustaches", hat wenigstens eine gewisse Lokalberühmtheit.

Das Bild der Loser-Musiker wurde schon oft benutzt, so auch in Deathgasm, in dem es aber mehr übersinnlich und fantastisch zugeht. Heavy Trip ist im Vergleich dazu sehr bodenständig und nachvollziehbar. Was die beiden Filme gemein haben: in Neuseeland und in Finnland ist man weit entfernt von Hollywood. Dadurch entstehen sehr ungewöhnliche, durchgeknallte Streifen, die klar ein Nischendasein leben. Das macht sei aber so frisch.

Turo ist zwar Metaler und sein Gesang ist guttural, was nicht Jedermanns Geschmack ist, trotzdem ist der langhaarige Pfleger ein sehr schüchterner Typ. Wenn er von den Dorf-Rabauken angepöbelt und beschimpft wird, fällt ihm nichts dazu ein und er fährt stumm mit seinem klapperigen Rad weiter. Am Ende lernt er, dass man etwas wagen muss, um Erfolg zu haben. Das gilt für die Musik, aber auch für die Liebe. Die Dorfschönheit Miia (Minka Kuustonen) steht irgendwie auf Turo und er auch auf sie — aber es dauert, bis die Zwei zusammen kommen. Das ist alles recht vorhersehbar, aber davon abgesehen immer noch charmant.

Pasi ist ein wandelndes Musiklexikon. Stocksteif gibt er seine trockenen Kommentare ab. Sehr schön. Jynkky ist die gute Seele der Band. Er hatte die Idee aus dem Keller raus zu kommen. Sein größter Wunsch ist es, im Ausland zu spielen. Sein Idee für ein Bandfoto ist wohl die größte Idee, die man jemals sah. Lotvonen ist treublöd und schaut aus wie ein junger Jim Carrey. Ersatz-Drummer Oula (Chike Ohanwe) rockt!

Endlich hören wir mal symphonischen post-apokalyptischen gotteslästerlichen rentierzermürbenden, extrem verwerflichen finno-skandinavischen Metal. Wer wollte das noch nicht?

Der Film ist klassische 90 Minuten lang. Leider hat er an einigen Stellen seine Längen und man hätte ihn bestimmt um eine viertel Stunde kürzen können. Da kommt wohl die Unerfahrenheit der Crew (Schreiber und Regisseure) zum Vorschein. Die Passage mit der norwegischen Grenze ist sogar sehr, sehr seltsam und albern.

Man kann sich Heavy Trip anschauen. Tut nicht weh. Die Figuren sind liebenswert, die Geschichte etwas holperig aber doch nett. Den Deathmetal der Band muss man nicht mögen, der kommt aber auch zum Glück nicht oft vor. Die Hintergrundmusik ist eher melodischer.

Völlig blöd war der schnelle Wandel des Dorfpolizisten Kujanpää (Kai Lehtinen). Der war immer gegen Turo, erst recht, als er mitbekam, dass der Musiker seiner Tochter Miia schön Augen macht. Und dann am Ende ratz-fatz "Das ist mein zukünftiger Schwiegersohn" ... Naja.