Filmplakat Flatliners

6,5/10

"Und lächelnd werde ich diese Welt verlassen ..." — Flatliners, 1990

Flatliners

Besprechung

Die Wissenschaft scheint nicht mehr viele Grenzen zu kennen. Die Frage nach dem „Was kommt nach dem Tod?“ ist jedoch noch so eine nicht überschrittene Grenze. Der ehrgeizige Medizinstudent Nelson Wright (Kiefer Sutherland) will die Antwort auf diese Frage haben. Er plant durch Unterkühlung und einen Mix aus Medikamenten seinen Gehirntod herbeizuführen. Nach einer Minute sollen ihn seine Kommilitonen Rachel Mannus (Julia Roberts), Joe Hurley (William Baldwin) und Randy Steckle (Oliver Platt) wieder zum Leben erwecken. Nelson hätte noch gerne David Labraccio (Kevin Bacon) dabei, der lehnt so ein unmoralisches Experiment jedoch ab. – Am Ende ist David dann doch mit an Bord.

Nelson stirbt. Als er wiederbelebt wird, fühlt er sich wie ein feingestimmtes Instrument. Seine Sinne sind schärfer. Für Nelson war die Reise auf die andere Seite ein voller Erfolg. Allerdings macht er nun Bekanntschaft mit einem Geist aus seiner Vergangenheit, der ihn peinigt und gar körperlich misshandelt. Nelson schweigt über diese Erfahrung.

Nun wollen Rachel und Joe auch die Schwelle überschreiten. Joe überbietet Rachel. Der Hirntod wird länger aufrecht erhalten. Für Joe war die Erfahrung ebenfalls eine schöne – bis auch er von der Vergangenheit eingeholt wird. Die nächsten Grenzgänger warten schon und überbieten sich mit der Zeit noch einmal.

Meinung von

Regisseur Joel Schumacher hatte mit St. Elmo's Fire einen Haufen junger Schauspieler vor die Kamera geholt und diese "Jungerwachsenen-Zeug" machen lassen. Nein, nicht das, was Ihr denkt ... Ich darf doch sehr bitten. Dies ist eine saubere Seite. Die St. Elmos waren damit beschäftigt erwachsen zu werden. Die Protagonisten in Flatliners wollen auch ihre Grenzen erkunden. Nur nicht so melodramatisch, sondern mehr in Richtung Horror- oder Mystery-Genre gehend.

In St. Elmo's Fire sahen wir das so genannte "Brat Pack". Das sollte in Flatliners nicht auftreten. Das wollte Schumacher nicht. Schumacher holte sich aber "seinen" The Lost Boys-Star Kiefer Sutherland ins Boot. Julia Roberts' Bekanntheitsgrad ging mit Pretty Woman durch die Decke, nur wenige Monate bevor Flatliners in die Kinos kam. Kevin Bacon war durch Footloose der Kinogänger-Generation bestens bekannt. Das sind schon mal gute Gründe für einen erfolgreichen Film.

Flatliners versucht eine Antwort auf die Frage "Ist da nach dem Tod noch etwas?" zu beantworten. Der Film versucht aber auch nicht zu düster zu sein. Aus heutiger Sicht ist er eher harmlos. Als ich ihn damals im Ufa (†) sah, war der schon irgendwie unheimlich. Regisseur Schumacher und seine Filmmannschaft gehen oft sehr runter mit der Helligkeit, mixen mit dem Experimentierraum ein wenig Gothik-Optik rein, was dem Film ein interessantes Aussehen verleiht. Dann gibt es noch die Nachwelt-Erfahrungen ...

Die würde man wohl heutzutage (es gab 2017 ein Remake, das sich keiner angeschaut hat) anders darstellen. Die Geschichte geht nicht auf religiöse Sichtweisen ein. Das ist auch gut so. Stattdessen zeigt Schumacher, was uns "hinter der Linie" erwartet, das hat unweigerlich mit dem zu tun, was wir im Diesseits getan haben. Das zu ergründen dauert nicht lange, ist aber auch nicht sofort zu erkennen.

Die jungen Mediziner sind alle recht gut gezeichnet. Kiefer Sutherland legte das Fundament für seine Karriere als Arschloch-Charakter. Julia Roberts spielt die verzweifelte Tochter, die unbedingt wissen möchte, was im Jenseits ist — nur nicht aus egoistischen Gründen, wie Nelson, sondern um das Wohl ihres Vaters willen. Kevin Bacon, der "Rebell" aus Footlose ist hier das verkörperte Gewissen. Er beschwört die Freunde, diesen Schritt nicht zu gehen. Er ist es auch, der am Ende am ehesten Frieden mit seinen Dämonen schließen kann.

Also: Keine Antwort auf das "Wie sieht es im Jenseits" aus, dafür aber ein nett gemachter Fingerzeig, dass alles, was man macht, auch Konsequenzen hat. Vielleicht sogar im Jenseits. Ob das, was unsere Protagonisten da erleben wirklich das Jenseits oder doch nur eine Art Traum ist, bleibt unbeantwortet.