Filmplakat Du lebst noch 105 Minuten

7,5/10

"Ich laufe nicht herum und hausiere mit Gefühlen. Was ich will, erkämpfe ich mir." — Du lebst noch 105 Minuten, 1948

Du lebst noch 105 Minuten

Besprechung

Schon seit einiger Zeit ist Leona Stevenson (Barbara Stanwyck) krank. Sie muss das Bett hüten. Eines Abends wundert sie sich, wo ihr Mann Henry (Burt Lancaster) bleibt. Er wollte schon längst zu Hause sein. Als sie die Vermittlung anruft, begeht die einen Fehler und es kommt zu einer Kreuzschaltung. Leona muss mit anhören, wie zwei Männer davon reden, dass einer um 23.15h eine Frau umbringen soll.

Leona bekommt es mit der Angst zu tun. Kaum fähig das Bett zu verlassen, versucht sie jemanden übers Telefon zu erreichen, der ihr helfen könnte. Die Telefongesellschaft kann es nicht. Die Polizei lehnt jegliche Hilfe ab, weil die Hinweise zu dünn sind. Die Sekretärin von Henry, Elizabeth Jennings (Dorothy Neumann), verrät ihr am Telefon, dass sich ihr Mann am Tage mit einer Mrs. Ford getroffen habe. Die wollten sich treffen, sind aber nicht gemeinsam gegangen.

So hangelt sich Leona von einer Informationsquelle zur nächsten. Jede Geschichte, die ihr erzählt wird, malt ein genaueres Bild von Henry. In Rückblenden lernen wir Henry kennen, der aus armen Verhältnissen stammt. Leona ist die Erbin eines Pharmakonzerns, in dem Henry als Vizepräsident arbeitet. Henry ist aber nicht glücklich mit seiner Situation. Eine Enthüllung nach der anderen erzeugt immer mehr Panik bei Leona.

Meinung von

Zwei Jahre zuvor machte Burt Lancaster in Die Killer sein Leinwanddebüt. Barbara Stanwyck war schon weitaus länger im Filmgeschäft. Für ihre Darstellung in Du lebst noch 105 Minuten erhielt sie eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin. Die Geschichte stammt von Lucille Fletcher und war zuvor ein Radiohörspiel. Der Vorspann beschreibt es so, dass Du lebst noch 105 Minuten ihr erfolgreichstes Hörspiel gewesen sei. Fletcher schrieb auch das Drehbuch.

Der Film fängt damit an, dass zunächst geschildert wird, wie wichtig das Telefon in der Gesellschaft sei. Es nimmt die größten Geheimnisse auf, verbreitet Freude und Leid — und manchmal auch den Tod. Das Telefon spielt hier eine extrem große Rolle. Die Hauptperson ist ans Bett gefesselt und kann nur übers Telefon mit der Außenwelt kommunizieren. Du lebst noch 105 Minuten gilt als der erste Telefon-Slasher-Film, der Filmgeschichte. Viele sollten folgen, wie zum Beispiel auch Scream. Mit Du lebst noch 105 Minuten haben wir den Prototypen für dieses Filmgenre vorliegen.

Barbara Stanwyck hat damals also eine Oscar-Nominierung für ihr Schauspiel erhalten. Aus heutiger Sicht würde sie den natürlich nicht mehr bekommen. Ihr Spiel ist überdramatisch, wenn man mich fragt. Selber sagte sie aus, dass die Drehtage für sie emotional extrem auslaugend gewesen wären. Sie hat sich so sehr von dem Terror mitnehmen lassen. Das mag sein, heutzutage wirkt es zu dramatisch.

Die Geschichte ist an sich gut. Eine Frau hört von einem bevorstehenden Mord und versucht Hilfe zu bekommen. Dabei lernt sie immer mehr über ihren eigenen Ehemann. Einem Ehemann, der eigentlich bei ihr sein sollte, aber überraschend nicht da ist. Das Bild, das wir von Henry erlangen, ist kein schönes. Er stammt aus armen Verhältnissen und Leona hat ihn als ihren eigenen Besitz vereinnahmt. Er bekommt Geld von ihr. Er arbeitet in der Firma ihres Vaters. Sie setzt ihn unter enormen emotionalen Druck. Kein Wunder, dass er raus will. Henry will sein eigenes Geld verdienen. Er ist stolz und selbst den nimmt Leona ihm.

Während des Telefonats mit ihrem Arzt Dr. Philip Alexander (Wendell Corey) lernt sie nicht nur Dinge über ihren Mann. Wir lernen auch von Leonas Herzkrankheit – die keine ist. Allmählich formt sich ein rundes Bild und das führt zu Leona. Sie ist das Opfer, das um 23.15h sterben soll.

Absolut schockierendes Ende. Das hätte ich nicht erwartet. Der Film war übrigens damals ein Kassenknüller.