Besprechung
Wegen einer Bagatelle, die er im betrunkenen Zustand verübt hat, wird der ehemalige, mehrfach ausgezeichnete Kriegsveteran Luke (Paul Newman) zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die soll er im Süden der Staaten in einem „Road Prison“ absitzen. Hier müssen die Insassen täglich raus und in enormer Hitze an den Straßen Unkraut mähen, Gräben ausheben oder sogar Straßen bauen. Luke lässt es zunächst ruhig angehen. Innerhalb der Gefangenen gibt es klare Rollen. Luke will mit niemandem anecken. Er beobachtet erst einmal. Dragline (George Kennedy) hat das Sagen in der Gefangenenbaracke und er hat ein Auge auf den Neuen. Dragline feindet Luke sofort an.
Luke hat nicht nur ein gewinnendes Lächeln an sich. Er ist vor allem ein wahrlich Unbeugsamer. Wenn Dragline ihn zum Boxen auffordert, gibt Luke nicht auf. Immer und immer wieder steht er auf. Alle Insassen flehen Luke an aufzuhören, doch Luke macht weiter. Das ist verrückt, es bedeutet auch, dass die Insassen Respekt vor ihm bekommen. Luke wird ein Leuchtturm der Hoffnung.
Als Lukes Mutter Arletta (Jo Van Fleet) stirbt, lässt der Captain des Lagers (Strother Martin) Luke vorsichtshalber in den Bunker sperren. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, so der Captain, drehen sich die Gedanken um ihn oder sie und der Gefangene will ausbrechen. Der Aufenthalt in Einzelhaft hat bei Luke jedoch genau das Gegenteil zur Folge, er wird nicht ruhiger. Luke kämpft, wie es seine Art ist, bis zum letzten Atemzug für seine Freiheit.
Meinung von Nils
Viel von dem Film gehört, aber nichts genaues. Er soll gut sein, das hatte ich gehört – und er ist gut! Paul Newman spielt einen Mann, der im Krieg Befehle befolgt hat. Dafür wurde er reich mit Orden behangen. Aber dieser Mann ist kein Held, Luke ist ein Mann, der sich treiben lässt, der nicht mehr weiß, was sein Sinn ist. Aus diesem Grund hat er auch keine Angst. Weder vor dem bärengleichen Dragline – George Kennedy erhielt für seine Rolle den Oscar für die beste Nebenrolle –, noch vor dem stummen, Spiegelbrille tragenden Oberaufseher Boss Godfrey (Morgan Woodward) oder vor dem Captain. Luke gibt niemals auf, egal was das Leben für Steine in seinen Weg legt.
Ich erwartete einen Film über einen "zu Unrecht verurteilen Mann, der Ungerechtigkeit im Gefängnis erdulden muss, aber niemals aufgibt". Das wäre eine zu einfache Geschichte. Wir sehen zunächst, wie dieses Gefängnis funktioniert. Wie ticken die Insassen? Welche Chemie, Rangordnung und Regeln gibt es? Luke beobachtet genau wie wir Zuschauer. Er kennt das Imponiergehabe seiner Mithäftlinge und amüsiert sich stumm darüber. Das ist alles zu offensichtlich für ihn.
Luke hat sich zunächst mit seinem Schicksal abgefunden. Zwei Jahre Gefängnis sind auch nur eine weitere Etappe in einem Leben ohne Ziel. Man muss sich ja nicht verrückt machen lassen. Nach der beeindruckenden Szene, in der Dragline und Luke boxen, sind die Fronten für alle klar: Luke wird niemals aufgeben. Dragline nimmt ihn als seine Leitfigur an, wie alle anderen Häftlinge auch. Sie beten ihn heimlich an und Dragline verteidigt seinen Luke fortan, wo er nur kann. Luke will 50 hartgekochte Eier in einer Stunde essen? Kein Problem. Luke schafft alles. Luke gibt niemals auf.
Der Unbeugsame ist ein, für die damalige Zeit typischer, ruhiger Film. Hier kommt es auf Charaktere und auf Schicksale an. Newman ist bestens besetzt und dabei wollte er extra, dass Drehbuchautor Donn Pearce nicht eine Rolle schreiben sollte, die "Newman auf den Leib geschrieben ist". Newman wollte eine Herausforderung, einen besonderen Charakter.
Der Film hat so viele Besonderheiten. Ein aussergewöhnliches Gespräch zwischen Luke und seiner Mutter. Newman singt und spielt das Banjo. Dafür musste er viel üben und die Dreharbeiten zu der wirklich bewegenden Szene wurden auf das Ende der Drehtage verschoben. Luke singt ein trauriges Lied in Gedenken an seine verstorbene Mutter, alle Häftlinge wissen, dass ihr Held leidet und ziehen sich stumm zurück, während Luke weint. Das ist echt großartig.
Die Szene mit den Eiern ist legendär (Newman soll maximal acht Eier gegessen haben und keine 50). Die Szene mit dem Faustkampf zwischen Luke und Dragline hat drei Tage Dreharbeit bedeutet, an dem beide Schauspieler am Ende völlig erschöpft waren. Es gibt die Szene, in der Luke "prophylaktisch" in Einzelhaft gesteckt wird und selbst der ihn einsperrende Boss meint, er befolge doch nur Befehle. Hier entgegnet Luke Weil sie es Pflicht nennen, muss es noch lange nicht richtig sein, Boss.
Dieser Satz sagt viel aus. Luke beugt sich keiner Autorität und von Befehlen hat er genug. Auch wenn es nie groß zur Sprache kommt, aber diese Lektion dürfte er im Krieg gelernt haben. Man muss nicht allen Befehlen blind gehorchen.
Der Hauptspruch für den Film lautet im Original What we've got here is a failure to communicate.
Das ist in der deutschen Synchronisation ganz schlecht übersetzt. Dort heißt es: Dieser Mensch ist ohne jedes Vertrauen.
. Irgendwie geht dabei die Wichtigkeit und Bedeutung des Satzes verloren, den der Captain zu Luke sagt – und der Lukes letzter Satz sein soll.
Columbia Pictures lehnte das Drehbuch ab. Die hatten erst kurz vorher einen Gefängnisfilm abgeliefert gehabt, der nicht gut ankam. Das Eisen war ihnen zu heiß. Auch wollten sie keinen Film machen, bei dem die Hauptfigur am Ende stirbt. Warner Brothers waren auf solche Filme geradezu spezialisiert.
Der Unbeugsame ist ein mächtiger Film, ein Streifen, der lange nachwirkt. Er ist ruhig, hat ein wenig Witz, sehr charismatische Figuren und er ist wunderschön fotografiert. Regisseur Stuart Rosenberg kritisiert das sogar. Er wollte einen Film machen, der zeigt, wie harsch das Leben in dem Gefängnis und in dem Klima ist. Stattdessen lieferte Kameramann Conrad L. Hall großartige, beeindruckende Bilder ab. Hall wählte außergewöhnliche Perspektiven, ungewohnte Nahaufnahmen und die Spiegelbrille von Boss Godfrey ist einzigartig! Das sind ganz, ganz große Bilder, die der Film uns zeigt.
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