Filmplakat Der dünne Mann

7/10

"Waiter, will you serve the nuts? I mean, will you serve the guests the nuts?" — Der dünne Mann, 1934

Der dünne Mann

Besprechung

In einem Club wendet sich die junge Dorothy Wynant (Maureen O’Sullivan) an Nick Charles (William Powell), von dem sie weiß, dass er ein Detektiv ist. Ihr Vater, der exzentrische Erfinder Clyde Wynant (Edward Ellis) ist verschwunden. Er hatte versprochen zu ihrer Hochzeit zu kommen und wollte vorher noch ein wichtiges Geschäft erledigen. Doch nun sorgt sie sich um ihn. Nick tut es leid, aber er ist seit vier Jahren kein Detektiv mehr. Er kümmert sich viel mehr um das Geld seiner wohlhabenden Frau Nora (Myrna Loy).

Als die Sekretärin – und Geliebte – von Wynant erschossen aufgefunden wird, gerät der „dünne Mann“ Wynant unter Verdacht. Dorothy will die Schuld auf sich nehmen, aber Nick redet ihr das wieder aus. Von dem Fall angetan, drängelt Nora ihren Mann dazu, wieder ins Detektivgeschäft einzusteigen. Sie findet das alles wahnsinnig spannend und möchte einfach einmal sehen, wie ihr viel gerühmter Mann seine Spürnase wirken lässt. Nick sträubt sich jedoch.

Schließlich gibt er doch klein bei und übernimmt den Fall. Die Hilfe kann Lt. John Guild (Nat Pendleton) gut gebrauchen. Mittlerweile ist auch noch der Gauner Arthur Nunheim (Harald Huber) erschossen worden.

Meinung von

Moviejunkie Thorsten hat von der Filmreihe vorgeschwärmt. Also musste ich mal schauen, was Der dünne Mann denn tatsächlich kann. Eines vorweg: Mit "der dünne Mann" hat Autor Dashiell Hammett eigentlich Wynant gemeint. Im Laufe des Falles taucht noch ein "dicker Mann" auf. Der Roman, der letzte von Hammett, erschien 1934. Im selben Jahr wurde der Stoff unter der Regie von W.S. Van Dyke verfilmt. Der Film war ein großer Erfolg und irgendwie hat es sich bei den Leuten eingebürgert, dass Nick Charles der dünne Mann sei. Deshalb heißen die Folgefilme auch alle irgendwas mit "dünner Mann".

Der Film ist tatsächlich sehr amüsant. Das kommt vor allem vom Zusammenspiel zwischen William Powell und Myrna Loy. Die Loy soll eine sehr unkomplizierte Schauspielerin gewesen sein. Sie soll nicht Ich-bezogen und kompliziert agiert haben. Ihrer Nora merkt man das Geld an und die daraus gewachsene Langeweile. Sie möchte "aus Spaß", dass Nick den Mordfall übernimmt. Nick ist als alter Detektiv nicht auf den Mund gefallen und weiß einiges einzustecken. Eine Schusswunde? Kein Ding. Vorher noch die Frau mit einem Fausthieb ausschalten. "Sie war in der Schusslinie". Wohlgemerkt in der Schusslinie eines Revolvers. Die beiden Eheleute verstehen sich bestens und necken sich gegenseitig auf sehr vertraute Weise. Dem Spiel zuzuschauen bringt Spaß.

Dashiell Hammett war für seine knallharten Romane bekannt. Am besten wohl für den 1930 erschienenen und 1941 mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle erfolgreich verfilmten Die Spur des Falken. Der darin enthaltende Detektiv Sam Spade hatte seine eigene Romanreihe. Nick und Nora Charles sollten auch das Glück haben. In gewisser Weise jedenfalls. Der dünne Mann war wie gesagt der letzte Roman von Hammett. Wegen des großen Erfolgs schrieb Hammett jedoch noch zwei Drehbücher für die nächsten beiden "Der dünne Mann"-Filme.

Das Spiel zwischen den Ehepartnern ist spielerisch und zugleich keck. Sie necken sich immerzu, aber man sieht auch, dass sie dennoch zusammengehören. Nick scheint ein kleines Alkoholproblem zu haben, was hier im Film als komödiantische Idee verkauft wird. Tatsächlich soll Hammett die Figur der Nora nach seiner großen Liebe Lillian Hellmann geschrieben haben, was ihn zum Nick macht. Hammett war vor allem in seinen späten Jahren selber Alkoholiker. – Er wurde aber auch in der McCarthy-Ära wie viele Filmleute, so auch Dalton Trumbo, durch die damalige Hexenjagd arg gebeutelt.

Der Fall in Der dünne Mann ist zunächst ein Vermisstenfall, dann ein Mordfall. Entgegen anderen Krimis ist lange Zeit nicht klar, wer der wahre Mörder ist. Zwar gibt es Anzeichen, dass Wynant doch noch leben und damit der Täter sein könnte. Aber weil man als Zuschauer (heutzutage) weiß, dass Wynant auch tot ist, ist das eine falsche Fährte. Doch wer hat die gelegt und warum? Was hat es mit der mysteriösen neuen Erfindung auf sich?

Hammett – und damit auch Van Dyke – führen den Zuschauer lange vor. Der Film gipfelt dann in einem äußerst kuriosen Dinneressen. Alle Verdächtigen werden reingeführt, ob sie wollen oder nicht. Selbst Kleinganoven, die zwischendurch auftauchten, werden von der Polizei zum Dinner gebracht. Hier enthüllt dann Nick in einer klassischen "Ich-decke-den-Mörder-auf"-Szene, wer der Täter denn nun tatsächlich war. Das geschieht wieder mit viel Witz. Nick erzählt und erzählt, dann fällt auf einmal ein Name. Die Person ist erschrocken, doch Nick will die Person nur auf eine Kleinigkeit hinweisen, oder er fragt, ob eine andere Person nicht essen wolle. Da denkt man immer "Aha! Der ist es also!" und dann gehen die Ausführungen von Nick einfach weiter. Sehr schön gemacht.

Wer alte Krimis mag, der ist hier gut aufgehoben. Wer einen dichten Kriminalfall sehen möchte, der ist ebenfalls willkommen. Und wenn man ein wunderbar aufeinander abgestimmtes Paar bei der Arbeit erleben möchte, der möge sich auch Der dünne Mann anschauen. Gerne im Original, denn hier ist der Witz sehr fein.