Besprechung
Sind sind Mutter und Tochter und sie sind über 200 Jahre alt. Clara (Gemma Arterton) hat ein Geheimnis, das sie ihrer Tochter Eleanor (Saoirse Ronan) nicht mitteilen will. Eleanor wiederum hat das Geheimnis, dass sie – wie ihre Mutter auch – ein Vampir ist. Sie schreibt ihre Geschichte immer und immer wieder auf, wirft die Blätter dann jedoch in den Wind.
Clara verdient den Unterhalt für sich und Eleanor mit Prostitution. Beide sind immer auf der Flucht. Es gibt eine Gruppe Männer, die hinter Clara her ist. Davon hat sie jedoch in all den Jahren ihrer Tochter nie etwas gesagt.
Nach ihrem letzten Versuch unterzutauchen, landen Mutter und Tochter in einer Stadt am Meer. Eleanor kommt dieses Kaff bekannt vor, doch Clara verstreut ihre Gedanken. Hier lernt die „junge“ Eleanor, die sich so sehr wünscht nicht mehr lügen zu müssen, den todkranken Frank (Caleb Landry Jones) kennen. So sehr sie es auch möchte, sie kann sich ihm nicht anvertrauen.
Derweil hat Clara den verzweifelten Noel (Daniel Mays) kennengelernt. Der hat eben ein heruntergekommenes Hotel von seiner Mutter geerbt, das Byzantium. Hier nisten sich Mutter und Tochter ein. Doch sie haben Spuren hinterlassen. Die Männer sind ihnen auf der Spur und kommen beständig näher.
Meinung von Nils
Man braucht Zeit, Zeit wie sie die beiden Hauptcharaktere auch hatten. Byzantium ist ein sehr ruhig erzählter Film. Beide Frauen spielen ihre Rollen sehr gut. Clara mag man nicht besonders, auch weil es ihr so leicht fällt, ihren Körper herzugeben, um an Geld zu kommen. Doch sie ist eine gute Mutter, da sie Eleanor stets beschützt hat und es auch immer noch tut.
Doch jede Tochter will sich irgendwann von ihrer Mutter lossagen - erst recht, wenn sie knapp 200 Jahre mit ihr verbracht hat. Dabei ist es nicht einmal die Gesellschaft der Mutter, die Eleanor nicht mehr möchte. Sie wünscht sich einfach nur, dass sie nicht immer lügen müsste. Doch das Lügen ist zum Überleben notwendig.
Regisseur Neil Jordan zeigt in schönen Bildern, mit längst vergessenen Einstellungen, das Leben der beiden Flüchtigen. Dabei schafft er einen neue Art von Vampiren. Die Lebensgeschichte von Clara und Eleanor wird Stück für Stück in Rückblenden erzählt. Langsam verstehen wir auch Claras Handlungsweise.
Jordan zeigt uns Vampire, die Licht abkönnen, die nicht ständig auf Blutsuche sind, sondern nur hin und wieder den roten Lebenssaft saugen. Dazu fahren sie auch keine Fangzähne aus, sondern stechen mit einem langen Daumennagel die Venen auf. Kein Glamour, kein Sparkeling, keine wilden Blutorgien. Vampirismus ist hier kein Virus, hat nichts mir Religion zu tun. Es ist eine völlig andere Art von Vampirismus. Sehr angenehm zu sehen, dass man die Idee noch neu überdenken kann.
Im Film wird es auch erwähnt: Der Mensch braucht Geschichten. Gut erzählte Geschichten. Das liefert uns Jordan. Eleanor hat eine Geschichte, die sich dringend mitteilen möchte, aber nicht darf. Byzantium ist diese Geschichte und die Geschichte der jungen Frau. Wir sehen tolle Einstellungen und eine dichte Atmosphäre. Alles fließt langsam dahin. Wer Schockmomente will, wer Action sucht – der ist bei Byzantium fehl am Platz. Na gut, ein wenig Splatter ist auch vorhanden …
Die Idee mit der Geschichte eines Vampirs hatte Neil Jordan bereits 1994 mit Interview mit einem Vampir verfilmt. Damals war jedoch noch etwas mehr Glorie vorhanden und auch mehr "Action". Diesmal wird mehr auf die Beziehung zwischen Mutter und Tochter geschaut.
Wer schon etwas älter ist und noch weiß, wie es ist, einen ruhigen Film zu schauen, der ist mit Byzantium gut bedient. Ich vermute mal, dass der beim jungen Publikum keinen Preis gewinnen wird. Die werden einen Bogen um Clara und Eleanor machen. Schade.