Filmplakat Der elektrische Reiter

8/10

"Das alles dient dem Verkauf." — Der elektrische Reiter, 1979

Der elektrische Reiter

Besprechung

Einst war Sonny Steele (Robert Redford) ein gefeierter Cowboy. Irgendwann ist der fünffache Rodeo-Weltmeister dann vom Multi-Konzern AmpCo angeheuert worden. Seitdem ist er das Gesicht von Frühstücksflocken, tourt durchs Land und tritt bei Rodeos als „elektrischer Reiter“ auf. Sein Anzug ist übersät mit kleinen Glühlampen, dann reitet Sonny im Halbdunkel herum und hält eine leuchtende Frühstücksflocken-Schachtel empor. Kein Wunder, dass Sonny jeden Abend sturzbesoffen ist.

AmpCo hat nach Las Vegas eingeladen. Hier will der Konzern die 300-Millionen-Dollar-Fusion mit einer Bank aushandeln. Sonny wird auch rangekarrt. Er soll das preisgekrönte Rennpferd „Rising Star“, das im Besitz von AmpCo ist, bei einer Varieté-Nummer auf die Bühne reiten. Sonny sieht, dass das Pferd unter Drogen steht und eine kaputte Ferse hat. Kurz entschlossen steigt er aufs Pferd und reitet in die Nacht.

Was folgt ist eine angestrengte Suche nach dem Pferdedieb. Das Pferd ist zwölf Millionen Dollar wert. Kein Wunder, dass AmpCo-Boss Hunt Sears (John Saxon) das Pferd zurück haben will. Niemand weiß, wo Sonny und Rising Star sind. Die gewitzte TV-Reporterin Hallie Martin (Jane Fonda) findet eine erste Spur und heftet sich an die Fersen von Sonny. Der hat ein ganz bestimmtest Ziel vor Augen.

Meinung von

Was für ein wunderbarer Film! Nach Die drei Tage des Condor hat sich Robert Redford zum fünften Mal mit Regisseur Sydney Pollack zusammen getan und einen Film gedreht. Bereits in dem bildgewaltigen Jeremiah Johnson ging es um Natur und um Freiheit. Redford, der selber viel für Pferde übrig hat, steigt für Pollack in den Sattel und fühlt sich sichtlich wohl. Zumindest ab der Flucht. Bis dahin sehen wir einen gefallenen Stern. Sonny Steele hat alles gegeben, wurde unzählige Male verletzt, seine Knochen werden von viel Metal zusammengehalten. Seine Ehe zu Charlotta (Valerie Perrine) ist gescheitert. Der Alkohol ist Sonnys bester Freund.

Zwar versuchen auch die Begleiter Wendell (Willie Nelson) und Leroy (Timothy Scott) Sonny gute Freunde zu sein. Das fällt aber schwer, wenn der Star ständig betrunken ist. Das geht sogar so weit, dass Sonny eines Abends bei einer Show völlig dicht vom Gaul fällt. Schließlich reitet jemand anderes anstatt von Sonny. Es ist dunkel, da fällt das dem Publikum eh nicht auf. Sonny ist fertig. Sein Leben hat keinen Sinn mehr. Er hasst sich selber dafür, dass er diesen lächerlichen Anzug trägt und von Frühstücksflocken-Schachteln grinst. Dem zuzusehen schmerzt.

Dann der Bruch. Sonny hat einen Vertrag mit AmpCo, aber was die mit dem Pferd gemacht haben, das geht zu weit. Sonny weiß, dass so ein Pferd nicht einfach ruhig auf eine Bühne geht. AmpCo hat Rising Star mit Drogen vollgepumpt. Die machen das Pferd steril. Rising Star ist, wie Sonny auch, eine Wertanlage. Irgendwann will man bestimmt mit dem ehemaligen Rennpferd züchten. Das geht alles nicht. Sonny macht das einzige Richtige. Er haut ab. Der frühere Rodeo-Cowboy kennt sich natürlich gut mit Pferden aus. Er weiß, was für Rising Star gut ist: die Freiheit. Das ist etwas, wonach es auch Sonny dürstet.

Es kommt gut herüber, dass Sonny viel an dem Pferd liegt. Als Hallie ein Interview machen will, erzählt er ihr davon, dass er Rising Star laufen gesehen hat. Dieses Pferd hat ein riesiges Herz, eine große Seele und es verdient mehr als unter Drogen herumgeführt zu werden – so wie Sonny.

Der elektrische Reiter hat eine einfache, solide Geschichte, die einfühlsam und auch mit ein wenig Humor umgesetzt ist. Und bevor jemand sagt, der Nils schreibt gleich wieder etwas davon, dass man erst gar nicht auf eine Verfolgungsjagd hoffen soll – doch, es gibt auch eine Verfolgungsjagd. Sonny auf Rising Star gegen Polizei im Auto und auf Motorrädern. Dieses Pferd und dieser Reiter schaffen es aber, entgegen jeglicher Wahrscheinlichkeit, den Gesetzeshütern zu entkommen.

Neben der Befreiung von dem Pferd und von Sonny, handelt Der elektrische Reiter auch, allerdings etwas kleiner gekocht, vom Tierschutz. Der Raub geht selbstverständlich durch die Medien. Menschen rufen bei Radiosendern an und loben den Mut von Sonny. Es wird klar, dass man so nicht mit Tieren umgehen darf. Das sieht Sears ebenso – wenn auch aus anderen Beweggründen. Er weiß, dass die Sache mit den Drogen seinen Bankendeal gefährdet.

Also: Wer einen herunter gekommenen Robert Redford sehen möchte, wie er seinen Lebenswillen wieder entdeckt, dem sei Der elektrische Reiter wärmstens empfohlen. Wie gesagt: Ein wunderbarer Film.