Filmplakat Leave No Trace

7,5/10

"Der Schmerz macht ihnen klar, dass sie noch leben." — Leave No Trace, 2018

Leave No Trace

Besprechung

Der Kriegsveteran Will (Ben Foster) lebt mit seiner Tochter Tom (Thomasin McKenzie) in einem Wald bei Portland. Sie üben das „Unsichtbarsein“ – sowohl im Wald, als auch in der Stadt, wo sie von Zeit zu Zeit einkaufen gehen. Für Will ist das unabhängige Leben im Wald, dieses Untertauchen, der einzige Weg zu leben. Tom ist nichts anderes gewöhnt und liebt sowohl ihren Vater, als auch die Umstände, unter denen die Teenagerin aufwächst.

Durch eine Unachtsamkeit Toms wird das Duo von den Rangers aufgegriffen. Will und Tom werden zunächst getrennt. Die Sozialbehörde interessiert sich vor allem für Tom. Am Ende werden Vater und Tochter in ein Sozialprogramm gesteckt. Hier leben sie recht unabhängig in einem Haus. Will geht einem Job in einer Tannenschonung nach.

Diese Art zu leben ist jedoch unerträglich für Will. Er packt Tom ein und beide fliehen in Richtung Bundesstaat Washington, wo sie wieder in einem Wald unterkommen. Allerdings ist es hier um einiges kälter als in Portland. Tom verletzt sich schwer und die beiden kommen in einer Kommune im Wald unter.

Meinung von

Harter Tobak. Gar nicht weil viel passiert oder uns irgendwas gezeigt wird, was verstörend wäre. Leave No Trace ist ein extrem ruhiges Drama. Will hat eine Posttraumatische Belastungsstörung. Der Krieg, von dem wir nicht wissen, welcher das war, hat tiefe seelische Narben bei Will hinterlassen. Er kann nicht mehr mit Menschen umgehen. Er muss die Abgeschiedenheit der Natur haben. Wir sehen ihn aber nicht ständig schweißgebadet und schreiend aus Albträumen aufwachen. Es gibt nur eine kleine Szene, wo uns als Zuschauer bewusst wird, dass er unter den Eindrücken des Krieges leidet.

Wie dieser Mann unter diesen Umständen ein Kind großziehen kann, ist kaum zu glauben. Tom genießt die Zeit im Wald. Ihr Vater ist ihr Lehrer. Es ist ja nicht so, dass die beiden komplett von der Zivilisation abgeschnitten wären. Aber wenn sie in die Stadt gehen, bleiben sie auch "grau" und unauffällig. Niemand hält sie für Obdachlose oder Vagabunden.

Die Trennung von Vater und Tochter ist für beide schmerzhaft. Als sie dann in dem Sozialprogramm unterkommen, lernt Tom die Annehmlichkeiten eines "normalen Lebens" kennen. Sie könnte sich vorstellen, auch in diesen Gefügen zu leben. Es ist jedoch schlicht und ergreifend nicht möglich für Will. Er muss da raus.

Die Episode in dem Waldcamp könnte gut ausgehen, doch Will zieht es wieder in die Isolation. Das ist der Punkt, wo Vater und Tochter sich trennen. Regisseurin Debra Grafik (Winter's Bone) zeigt uns von Anfang an eine zarte Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich irgendwann trennen müssen. Der Film ist echt ruhig und hat schöne Waldaufnahmen. Die Trennung von Will und Tom ist genau so leise, wie der Rest des Films. Es wird kaum gesprochen, ein, zwei Tränen fließen und Vater und Tochter gehen auseinander, Tom nabelt sich ab. Das musste kommen, das wussten beide und so ergeben sie sich den Umständen. Die letzte Einstellung ist entsprechend stark, wenn Will von einem Weg abgeht und im Unterholz verschwindet. Der Krieg hat ihn dazu gemacht, was er ist und so löst er sich quasi auf.

Autor Peter Rock hat nach dem Lesen eines Zeitungsartikels die Geschichte um Will und Tom geschrieben. In "My Abandonment" schreibt er die wahre Vater-Tochter-Geschichte fort. Der Artikel ging nur bis zu dem Punkt, wo Will und Tom aus dem Sozialprogramm fliehen. Debra Granik hat dann zusammen mit Anne Rosellini das Drehbuch geschrieben. Der Film ist gut und wurde auch so von Anderen aufgenommen. Er ist keine leichte Kost, aber eine beeindruckende Geschichte, die von beiden Schauspielern wunderbar getragen wird.

Ben Foster soll nach dem Unterschreiben des Vertrags zusammen mit der Regisseurin 40% der Dialoge rausgestrichen haben.