Filmplakat Weißer Terror

7/10

"Man unterschätze niemals den Wert einer Gefängnisstrafe." — Weißer Terror, 1962

Weißer Terror

Besprechung

Caxton ist eine Kleinstadt im Süden der Vereinigten Staaten. Eines Tages kommt ein Mann im weißen Anzug in die Stadt. Adam Cramer (William Shatner) stellt sich als „Sozialpfleger“ vor. Caxton habe ein Problem und er wolle helfen, sagt er. In der Stadt wurde ein Gesetz zur Integration der afroamerikanischen Bevölkerung erlassen. In die Mittelschule, die bisher nur für Weiße zugänglich war, sollen zehn ausgesuchte Farbige zur Schule gehen.

Cramer macht sich schnell beliebt. Er holt sich den reichen Pferdebesitzer Verne Shipman (Robert Emhardt) auf seine Seite. Dann hält der charismatische Mann eine lodernde Hasspredigt vor dem Rathaus. Cramer stachelt die weiße Bevölkerung an, etwas gegen die „Rassenintegration“ zu tun. So mancher Bürger aus Caxton steht voll und ganz hinter Cramer. Der fährt auch schon mal mit dem örtlichen Ku-Klux-Klan durchs Schwarzenviertel, auf dem letzten Wagen das große Kreuz, das vor der Kirche der Farbigen abgefackelt wird.

Wie es scheint, ist die gesamte Stadt Cramers Meinung. Der Chefredakteur der Lokalzeitung, Tom McDaniel (Frank Maxwell), stellt sich jedoch gegen Cramer. Ebenfalls der fahrende Vertreter Sam Griffin (Leo Gordon), der mit seiner Frau Vi (Jeanne Cooper) im gleichen Hotel wie Cramer abgestiegen ist. Schnell wird die Stimmung in der Stadt immer giftiger. Erst wird ein Bombenschlag auf die Kirche im Schwarzenviertel verübt, dann der farbige Schüler Joey Greene (Charles Barnes) der Vergewaltigung von McDaniels Tochter Ella (Beverly Lunsford) beschuldigt.

Meinung von

Ah, die Vereinigten Staaten. Das Land der Zuwanderer und der offenen Meinung. Oh, und des offenen Rassismus. Den dürfen wir nicht vergessen, wenn wir über die USA reden. Besonders in den 50er und 60ern war das ganz normal in Amerika. Das zeigt uns Weißer Terror auf eindringliche Art und Weise. William Shatner spielt den weißen Agitator. Er kommt in die Stadt mit einer Agenda, die er durch gezielte Anschuldigungen und Reden umgesetzt sehen will. Cramer will ein "weißes, freies, amerikanisches" Land. "Neger" haben da nichts zu suchen.

Den Film zu sehen schmerzt ungemein. Es ist so eklig mit anzuschauen, wie jemand Hass predigt, von "der schwarzen Welle" redet, die die Weißen überschwemmen wird. Man dürfe den Schwarzen nicht einen Millimeter nachgeben, sonst würde man damit den Untergang der Weißen heraufbeschwören. Auch wenn William Shatner gewohnt schlecht schauspielert, das Ekelgefühl kann er dennoch hervorrufen.

Damals (vermutlich heute auch noch, nur nicht mehr so offen) war Rassismus völlig normal in den Staaten. Er schwebte immer über jedem Dörfchen und jeder Stadt. Da brauchte nur ein Mann wie Cramer kommen, der den Rassismus aus dem Schwebezustand in die Köpfe der Mitmenschen herunter holte. Noch einmal: Das Schauspiel von Shatner ist unterirdisch. Und auch diverse, vermutlich günstigen Laiendarsteller, machen einen grausamen Schauspielerjob. Dennoch schmerzt es, diesen Film zu sehen. Er schreit Ungerechtigkeit aus jedem Fitzelchen Zelluloid.

Der Zeitungsmensch McDaniel muss am eigenen Leibe feststellen, welche Macht ein Mob hat. Die "guten Menschen von Caxton" schlagen ihn zu Brei, als er zu Joey geht und ihn und seine schwarzen Mitschüler dazu auffordert jetzt erst Recht nicht aufzugeben. Er solidarisiert sich mit den Farbigen und bekommt die Quittung: gebrochene Rippen, innere Blutungen und ein verlorenes Auge.

Die Geschichte zeigt sehr anschaulich, wie sich Hass verselbstständigt. Cramer predigt zwar seine Anti-Neger-, Anti-Kommunisten- und Anti-Juden-Reden. Was er jedoch nicht beachtet, ist die Macht des Hasses, der sich einen Weg bahnt. Der Bombenschlag auf die Kirche war nicht von ihm geplant. Dass dabei der Prediger ums Leben kommt ebenso nicht. Cramer konnte auch nicht ahnen, dass der Pöbel losläuft und einen Weißen zusammenschlägt.

Sam Griffin wird als grober Geselle vorgestellt. Wie es scheint, wird er auch schon mal handgreiflich gegenüber seiner Frau. Später erst sollen wir erfahren, dass nicht nur McDaniel noch gesunden Menschenverstand hat, sondern dieser fahrende Vertreter ebenfalls. Nachdem der "feine" Mr. Cramer Mrs. Griffin verführt hat, steht Sam bei Adam im Zimmer. Der erfahrene Verkäufer stellt Cramer bloß. Beide seinen sie Verkäufer – Cramer ist ein schäbiger Seelenverkäufer –, aber Griffin hat Erfahrung. Er weist Cramer darauf hin, dass Cramer etwas entfacht hat, das er nicht mehr kontrollieren kann. Griffin sagt zu Cramer: Du hast etwas angefangen, was du nicht mehr kontrollieren kannst. Weißt du, wer jetzt der Boss ist? Wach auf mein Junge, der Mob ist der Boss!

Schaut man über Shatners schlechtes Spiel hinweg, nimmt man hin, dass in der deutschen Synchronisation zum Beispiel nie von Juden die Rede ist, sondern nur von Kommunisten – was uns wieder vor Augen führt, dass es immer besser ist, Filme im Original zu sehen –, wenn man das also akzeptiert, ist Weißer Terror ein guter Film. Er zeigt das hässliche Gesicht Amerikas. Da mag einer mit einem weißen Anzug daherkommen, aber in diesem Anzug steckt eine tiefschwarze, verkommene Seele. Man muss also immer genau hinschauen.