Filmplakat The Man Who Killed Don Quixote

7,5/10

"Ein Künstler muss grausam sein. Bist Du grausam?" — The Man Who Killed Don Quixote, 2018

The Man Who Killed Don Quixote

Besprechung

Als Student hatte Toby Grisoni (Adam Driver) mal einen Erfolg als Filmemacher. Er drehte mit Laiendarstellern in Spanien einen Film über Don Quixote. Jahre später, Toby ist mittlerweile ein bekannter Regisseur für Werbung, kommt er zurück nach Spanien. Er soll einen Spot für einen russischen Wodka drehen, Don Quixote ist der Aufmacher. Bei den Dreharbeiten läuft es allerdings nicht so gut. Dann ist da auch noch Jacqui (Olga Kurylenko), die Frau vom Boss (Stellan Skarsgård), die hinter Toby her ist. Ein gefährliches Spiel.

Toby nimmt eine Auszeit und haut einfach ab. Dabei kommt er in das kleine Nest Los Sueños, wo er einst seinen gefeierten Studentenfilm drehte. Hier muss er feststellen, dass er nicht in guter Erinnerung geblieben ist. Der hiesige Bar-Besitzer Raul (Hovik Keuchkerian) ist stinksauer. Toby hatte sein Tochter Angelica (Joana Ribeiro) in dem Film mitspielen lassen. Danach ist sie nach Madrid abgehauen, um dem Traum vom Film nachzulaufen. Angelica ist laut Raul daran kaputt gegangen. Ebenso wurde der kleine Schuster Javier Sanchez (Jonathan Pryce) beeinflusst. Der wurde damals als Don Quixote gecastet – und hält sich auch heute noch für den verrückten Ritter aus der Feder von Miguel de Cervantes.

Dieser Don Quixote sieht in Toby seinen alten Gefährten Sancho Panza und „entführt“ Toby in ein wildes Abenteuer.

Meinung von

Gut Ding braucht Weile. Regisseur Terry Gilliam hat satte 17 Jahre gebraucht, um den Film zu drehen. 2000 fing er an, das Projekt mit Johnny Depp, Vanessa Paradis und Jean Rochfort an. Diverse Probleme führten zum Abbruch der Dreharbeiten. Tatsächlich hat Gilliam an der Idee bereits seit 1989 geschraubt. 2015 wurde John Hurt geachtet, doch der verstarb 2017. Kurz danach hatte Gilliam dann doch endlich alles beisammen: die Finanzierung und seine Schauspieler, so dass man im März 2017 anfing zu drehen.

Soviel zu den Rahmenbedingungen. Hat sich das Warten gelohnt? Ja – wenn man Terry Gilliam-Filme mag. In The Man Who Killed Don Quixote geht es um die traurige Figur des Don Quixote, der von sich selber behauptet unsterblich zu sein. Mit ihm geht dann auch niemals das Rittertum unter. Wir sehen es nur nicht, aber so lange es einen Don Quixote gibt, wird es auch Edelmut und Rittertum geben.

Toby wird in eine sehr seltsame Geschichte reingezogen. Der alte Javier ist felsenfest davon überzeugt, dass er der Ritter aus dem Mittelalter ist. Mehr aus Mitleid, dass er den Schuster in den Wahnsinn getrieben hat und aus einem daraus erwachsenen Pflichtgefühl, folgt Toby dem Don Quixote. Im Laufe ihres Abenteuers läuft Toby nicht nur Angelica wieder über den Weg, die nun eine junge, attraktive Frau ist. Es vermischen sich auch Realität und Fantasie. Ein illegales Camp von marokkanischen Flüchtlingen wird zur mittelalterlichen Stadt, angefüllt mit Zigeunern. Don Quixote kämpft zudem gegen den "Ritter der Spiegel".

Das sind krasse Brüche, doch Gilliam geht auch weniger drastisch vor. Der russische Auftraggeber für die Wodka-Werbung, Alexei Miiskin (Jordi Mollà), hat ein Schloss gekauft, auf dem er ein dekadentes Kostümfest gibt. Hier treffen Toby und Angelica erneut aufeinander. Angelica ist "der Besitz" von Miiskin. Der macht sich einen Spaß daraus, den alten Javier zu demütigen.

Gilliam zeigt den zynisch gewordenen Toby, wie er erkennen muss, dass seine Kunst ein ganzes Dorf unglücklich gemacht hat. Wiedergutmachung fällt hier schwer. Sein gemeinsamer Ritt mit Javier ist als Teil einer Wiedergutmachung zu verstehen. Als der Regisseur auf seine einstige Jungschauspielerin Angelica stößt, will er sie retten. Ebenso den alten Javier.

Film kann also nicht nur Träume erzeugen, sondern auch Menschenleben zerstören. Am Ende sehen wir, dass es Rittertum noch gibt und dass Don Quixote tatsächlich unsterblich ist. Als Javier stirbt, wird Toby so stark traumarisiert, dass er die Rolle des Ritters einnimmt. Angelica wird Sancho Panza. So bleibt der Edelmut also tatsächlich erhalten.

The Man Who Killed Don Quixote ist ein typische Gilliam-Streifen. Realität und Fantasie vermischen sich. Er ist bitter und traurig, hat aber daneben auch komische Momente. Vermutlich ist das nicht Jedermanns Geschmack. Sein Geld wird der Film wohl nur mit Müh' und Not eingespielt haben. Wenn überhaupt ... Was schade ist. The Man Who Killed Don Quixote ist eine gute, fantastische Geschichte, klasse umgesetzt von Gilliam.

Der Film ist auch eine Art Kritik am Filmmachen und dem Einfluss auf Menschen im Umfeld der Filmmaschinerie. Gleichzeitig ist er natürlich eine Liebeserklärung an den Film. Einen Film zu machen ist schwer – im konkreten Beispiel von The Man Who Killed Don Quixote trifft das im wahrsten Sinne des Wortes zu. 17 Jahre an einem Film arbeiten? Das ist hart.