Filmplakat Taxi Driver

6,5/10

"Ich bin Gottes einsamster Mann." — Taxi Driver, 1976

Taxi Driver

Besprechung

Der Vietnam-Veteran Travis Bickle (Robert De Niro) kann nicht schlafen. Er ist unruhig und nicht sozial. Er schreibt Tagebuch und lebt alleine. Um seine Schlaflosigkeit wenigstens etwas produktiv zu nutzen, fährt er des nachts Taxi durch die verrotte Stadt, die sich im Schutze der Dunkelheit mit allerlei Ungeziefer füllt. Drogenabhängige, Prostituierte, Kriminelle, Wichser, Arschlöcher, Zuhälter, Dealer – alle kommen sie in der Nacht aus ihren Löchern und Travis hasst sie abgrundtief.

Eines Tages sieht er die Wahlhelferin Betsy (Cybill Shepherd), die für Travis die schönste Frau der Welt ist. Er macht Annäherungsversuche, wird jedoch abgelehnt. Mit gebrochenem Herzen erkennt er, dass er nichts mehr zu verlieren hat. Er macht sich bereit für einen letzten Kreuzzug gegen den Dreck dieser Welt. Dabei lernt er die 12-jährige Iris (Jodie Foster) kennen, die anschaffen geht. Der Taxifahrer will sie aus den Klauen ihres Zuhälters Sport (Harvey Keitel) befreien und dann seinen „Regierungsauftrag“ ausführen.

Meinung von

Travis ist eine arme Sau. Der Krieg hat ihn traumarisiert. Er lebt isoliert und erkennt, dass das Einzige, das ihn retten könnte das ist, was sich jeder Mensch wünscht: ein anderer Mensch. Nähe und Liebe vermisst er in seinem Leben und sucht sie in Betsy. Als diese ihn jedoch ablehnt, bricht Travis mit dieser Welt. Er wird ein Rächer. Schon immer war er radikal und rassistisch, aber wenn die Welt ihm die Liebe verwehrt, kann er auch zum letzten Akt übergehen. Er will den Präsidentschaftskandidaten Palantine (Leonard Harris) ermorden. Travis wird zur Maschine. Er fängt an seinen Körper von Dreck zu reinigen und stählt ihn fortan. Er beschafft sich Waffen und trainiert mit ihnen. Travis rüstet auf für seinen letzten Krieg. Ein Krieg, von dem er annimmt, dass er damit der Menschheit einen Gefallen tun würde.

Taxi Driver wird in der Filmwelt sehr hochgehalten und -geschätzt. Hoch waren auch meine Erwartungen. Vielleicht zu hoch. Was Regisseur Martin Scorsese abgeliefert hat ist gut, aber Taxi Driver stammt aus einer anderen Zeit. 1976 gedreht, ist der Film doch sehr ruhig. Tempo ist kaum vorhanden. Damit kann ich im Prinzip leben, aber auch wenn Travis anfängt zu seinem Rachefeldzug mobil zu machen, kommt keine Geschwindigkeit auf. Spätestens dann hätte ich jedoch welche erwartet.

Die Erwartungen waren auch hoch, weil alle Welt den Film ständig zitiert. Jeder (ab einem gewissen Alter) scheint die Szene zu kennen, in der Travis sein Spiegelbild anpöbelt (You talking to me?). Ich bin in den Film reingegangen mit der vagen Befürchtung, Taxi Driver könnte Der Pate II schlagen, was die Performance von Robert De Niro anbelangt. Keine Angst. Die Rolle als junger Vito Corleone ist immer noch — und wird es wohl auch bleiben — De Niros beste Darstellung. In Taxi Driver spielt er ordentlich, aber nicht so gut, wie erhofft. De Niro kann den Wahnsinnigen spielen und Travis wäre eine wunderbare Rolle dafür gewesen, doch er bleibt zu sehr zurückhaltend. Schade.

Denkt man an Taxi Driver, denkt man an De Niro, aber auch an Jodie Foster. Irgendwie dachte ich, würde die "Beziehung" zwischen den beiden Charakteren eine größere Rolle spielen, doch Iris läuft Travis zunächst nur ein paar Mal über den Weg. Erst später hängt er sich an sie dran und schmiedet den Plan, die 12-Jährige (Foster war 13, als der Film Premiere feierte) vom Straßenstrich runterzuholen. Das ist Travis’ einzige gute Tat. Er will die Straßen vom Abschaum säubern, er will einen Mord begehen und dennoch versucht er als Kontrastprogramm das junge Mädchen aus der Prostitution zu retten. Eigentlich sucht er Liebe, doch bei einem so jungen Ding will er das nicht. Hier will er nur helfen.

Eine der besten Szenen ist die, wenn Travis seinen blutverschmierten Finger an die Schläfe setzt und abdrückt. Das ist groß.

Das Ende ist etwas ernüchternd. Ich hätte durchaus mit einem Nicht-Happy-End leben können. Doch dann wird das Ruder rumgerissen und nicht nur, dass Travis lebt, er ist auch noch ein Held. Das hätte nicht sein müssen.

Taxi Driver ist gut, aber nicht überragend. Zudem braucht man Geduld. Wer irgendwelche wilde Action erwartet, sollte den Streifen lieber nicht schauen. Taxi Driver hat dennoch sehr viel für die Kultur geleistet. Vor allem in Amerika scheint jeder liebend gerne in der Verkleidung des durchgeknallten Travis mit Army-Jacke und Irokesen-Schnitt herumzulaufen. Es gibt also ein paar Bilder, die sich definitiv ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt haben. Wer das schafft, ist gut. Dennoch reichen mir diese Bilder alleine nicht aus, um den Film hoch zu loben.