Besprechung
Zinos (Adam Bousdoukos) hat eine kleine Drecksspelunke in Wilhelmsburg. In einer alten Werkshalle serviert er fettigen Fisch, Pommes und Bier. Seinen Kunden gefällt’s, er kommt damit auch zurecht. Könnte alles gut sein, aber seine Freundin Nadine (Pheline Roggan) will nach Schanghai, um sich zu verwirklichen. Außerdem steht eine Dame vom Finanzamt in der Tür und will Geld von ihm sehen. Freundin weg, Geld knapp – und dann ist auch noch Bruder Illias (Moritz Bleibtreu) plötzlich auf Freigang und will einen Job. Nur auf dem Papier, damit er auch tagsüber raus kann, ne?
Irgendwie muss Zinos sein Leben wieder auf die Reihe bekommen. Wie wäre es mit einem Pächter für die Soul Kitchen? Dann könnte er seiner Nadine hinterherfahren. Der alte Schulkamerad Neumann (Wotan Wilke Möhring), dem Zinos durch Zufall über den Weg gelaufen ist, zeigt starkes Interesse an dem Restaurant, aber verkaufen will Zinos nicht.
Da kommt der äußerst exzentrische Koch Shayn (Birol Ünel) gelegen. Der Mann, der weiß Gott nicht jeden Scheiß kocht, schwingt nun den Kochlöffel in der Soul Kitchen. Der Laden kommt in Schwung und wirft Geld ab.
Weil Zinos immer noch zu seiner Nadine will – die entsprechend am Telefon nervt – überschreibt er das Restaurant seinem spielsüchtigen Bruder Illias. Neumann wittert eine Chance …
Meinung von Nils
Viel im Vorfeld gelobt worden, der neue Streifen von Hamburgs Top-Regisseur Fatih Akin. Mich hat vor allem an dem Film gereizt, dass Akin zuvor in einem Interview gesagt haben soll, er habe den Film vor allem als eine Art historisches Zeugnis für seine Kinder gemacht. Angesichts der rasanten und extrem schlechten Stadtentwicklungspolitik in Hamburg, wollte er einen Film mit vielen markanten Drehorten innerhalb der Hansestadt machen, um später zu zeigen, dass es mal so oder so aussah - und nicht alles Stahl und Beton ist. Klasse Ansicht. Den Film musste ich sehen!
Die Medien priesen Soul Kitchen als neuen Hamburger "Heimatfilm" an, eben wegen der vielen urigen Drehorte (Gängeviertel, Speicherstadt, Wilhelmsburg, Schanze) - das will ich nicht unbedingt so stehen lassen. "Heimatfilm" ist einfach negativ behaftet. Ich habe mich hingegen jedes Mal gefreut, wenn ich ausrufen konnte "Oh, Max-Brauer-Allee!" oder "Schau mal, Sotiris bei der Fabrik!". Ist halt mein Hamburg. Und dann noch im Film! Cool.
Die Story ist nett, die Charaktere alle klasse besetzt. Adam Bousdoukos gefällt sehr gut als in sein Restaurant verliebter Koch "mit Bandscheibe". Oh, ich konnte seinen Schmerz fühlen! Und ganz klarer Liebling ist Birol Ünel als Messer werfender Koch. Herrliche Type.
Soul Kitchen hat wirklich schöne Momente, gute Figuren, eine nette Geschichte, einige echte Brüller und natürlich die schönste Kulisse von Welt! Keine Frage. Leider hat der Film aber auch einige Längen. Die Party zur Verabschiedung von Zinos mit anschließendem Tanz? Viel zu lang und langweilig. Hier hätte Akin gerne etwas straffen können.
Unterm Strich ein schöner Hamburg-Film mit diversen kleinen Gastauftritten "echter Hamburger", wie z.B. Jan Fedder als Mann vom Gesundheitsamt. Lustig auch der Auftritt von Maria Ketikidou, die einen Abstecher vom Großstadtrevier machte, um Zinos zu verhaften. Schöne Idee — wenn auch ein Heimspiel, ist der Film doch u.a. vom NDR mitfinanziert.
Soul Kitchen hat trotz seiner Längen amüsiert, ist aber leider kein Top-Film. Ich hätte es gerne gesagt, aber an manchen Ecken hakte der Streifen eben. Kann man sich jedoch anschauen.