Filmplakat Hundstage

7/10

"Ich bin Katholik und möchte keinem ein Haar krümmen, ist das klar!?" — Hundstage, 1975

Hundstage

Besprechung

Drei Männer betreten an einem heißen Augustvorabend in Brooklyn eine Bank. Was folgt, ist ein Banküberfall, der von der ersten Minute an schief geht. Zuerst steigt Stevie (Gary Springer) aus, weil er dem Druck nicht gewachsen ist. Zurück bleiben Sonny (Al Pacino) und Sal (John Cazale) sowie eine Hand voll Geiseln. Geld ist keines vorhanden und schon steht die Polizei vor der Tür. Sonny und Sal sind gefangen.

Der Polizist Moretti (Charles Durning) ist der Verhandlungspartner. Allerdings traut Sonny ihm nicht. Moretti hat jedoch auch einen schweren Job. Nicht nur, dass ein massives, schussbereites Polizeiaufgebot angetreten ist, die Presse ist ebenfalls zahlreich vorhanden, wie auch zivile Zuschauer. Die letzte Gruppe kann Sonny auf seine Seite ziehen, u.a. mit Attica-Rufen.

Sonny hat den Überfall nicht aus Lust und Laune heraus angezettelt. Er will Geld für die Geschlechtsumwandlung seines Lovers Leon (Chris Sarandon) auftreiben. Die Tatsache, dass er sich um die Geiseln kümmert, führt dazu, dass die festgehaltenen Bankangestellten mit der Zeit Sympathien für den Bankräuber entwickeln.

Meinung von

Für mich ist Al Pacinos beste Rolle immer noch die von Michael Corleone in Der Pate. In Hundstage gibt er jedoch auch eine große Leistung zum Besten. Der Film basiert auf der Geschichte des John Wojtowicz, der tatsächlich im August 1972 eine Bank in Brooklyn überfallen hat. Auch die Sache mit der Geschlechtsumwandlung ist wahr. Regisseur Sidney Lumet geht zudem auf den Aspekt mit der Medienwirksamkeit des Falles ein. In Hundstage sammeln sich schnell hunderte von Menschen an, um zu sehen, was da in der Bank passiert. Der Schlachtruf "Attica" bezieht sich auf einen Aufstand in dem gleichnamigen Männergefängnis, bei dem 1971 32 Inhaftierte und elf Angestellte ums Leben kamen. Der Begriff war entsprechend emotional aufgeladen, die Reaktion der Zuschauer verständlich. Sonny genießt die Aufmerksamkeit. Im Grunde will er es nur jedem Recht machen: seinem Liebhaber, den Zuschauern, den Geiseln.

Zu den Bankangestellten baut er im Laufe der Geiselnahme ein freundschaftliches Verhältnis auf. So lässt er z.B. eine Geisel mit seinem Gewehr spielen. Selbst die herrische Angestellte Sylvia (Penelope Allen), die Sonny am Anfang angeht, wird mit der Zeit milder und sieht den Menschen, nicht den Bankräuber.

Lange bleibt der Zuschauer im Unklaren, was die wahren Beweggründe von Sonny sind. Als klar wird, dass Sonny mit meine Frau nicht seine Ehefrau Angie (Susan Peretz), mit der er zwei Kinder hat, sondern seinen Liebhaber Leon. Mitte der 1970er ein hoch dotierten Schauspieler wie Al Pacino einen Homosexuellen darzustellen lassen, war unglaublich. Angie schildert Sonny als aggressiv, auch Leon beschreibt ihn so. Doch hat Sonny auch kein leichtes Leben im Spannungsfeld zwischen bürgerlichem und homosexuellen Leben. Die Zuschauer, die ihm zuvor noch zugejubelt haben, wenden sich teilweise von ihm und beschimpfen ihn als Schwuchtel.

Regisseur Lumet legte viel Wert darauf, dass Chris Sarandon seine Figur nicht stereotypisch spielt. Leon ist ein weinerlicher, zarter Mann und zeigt seine Homosexualität lediglich in einer etwas angewinkelten Hand, wenn er mit Sonny telefoniert. Das Telefon ist dann übrigens auch der stärkste Moment für Al Pacino. Lumet ließ den Schauspieler die Szene mehrfach spielen, bis er so erschöpft war, wie Lumet die Figur haben wollte. Der Blick Pacinos am Ende des Telefonats ist Gold wert.

Lumet wollte übrigens von Anfang an Pacino für die Rolle haben, hatten die Zeitungen doch den echten Wojtowicz als eine Art Pacino beschrieben. Doch der Serpico-Darsteller (hier haben Lumet und Pacino zuerst zusammengearbeitet), wollte nicht. Zum Schluss konnte er ihn doch überreden. In Hundstage spielen Pacino und John Cazale erneut zusammen. In Der Pate waren sie drei Jahre zuvor Brüder. Cazale ist der passive Teil des Bankräuber-Duos. Er sagt kaum etwas, schaut stets traurig drein. Nur wenn eine Geisel sich eine Zigarette ansteckt wird er emotionaler, spricht davon, dass man seinen Körper nicht zerstören solle und zeigt einen Hauch von Religiosität.

Hundstage zeichnet sich übrigens auch noch dadurch aus, dass es keine musikalische Untermalung gibt. Wir wissen alle, wie wichtig Musik ist, um ein Gefühl oder eine Stimmung zu transportieren. Lediglich der Vorspann ist musikalisch begleitet, sonst verzichtet Lumet komplett auf Musik, was den Film intensiver macht, da man nicht abgelenkt wird. Der Zuschauer bleibt mit den Schauspielerin auf engstem Raum und erlebt sie direkt.

Das Plakat spricht von einem Medienrummel, was eine harsche Kritik an den Medien vermuten lässt. Ganz zum Anfang kommt ein bisschen dieser Kritik auf, die zeigt, wie wahnsinnig die Medien sind, wie viel sie auffahren, um alles zu filmen. Doch die Medien kommen am Ende zu kurz. Der Film verfolgt diesen Punkt nicht konsequent, schwenkt mehr auf die Figur Sonny und dessen Beweggründe.