Filmplakat Hotel Mumbai

9/10

"Fuck your prayer. That's what started this shit." — Hotel Mumbai, 2019

Hotel Mumbai

Besprechung

Am 26. November 2008 landet eine kleine Mannschaft schweigsamer, junger Männer mit einem Schlauchboot in der indischen Metropole Mumbai. Sie teilen sich sofort in kleine Gruppen auf. Über Funk stehen sie mit ihrem Anführer in Verbindung. Diese Männer begehen an mehreren Stellen gezielte Angriffe. So schießen zum Beispiel zwei Männer wahllos an einem der größten und geschäftigsten Bahnhöfe der Welt in die Menge. Andernorts werden Bombenanschläge verübt. Mehrere Geiselnahmen finden statt.

Die Gäste des noblen Hotel Taj Mahal Palace and Tower bekommen davon zunächst nichts mit. Sie werden fürstlich von den vielen Bediensteten verwöhnt. Darunter ist auch Arjun (Dev Patel), der, wie alle aus dem Hotel, mit voller Hingabe für die Gäste da ist. Arjun braucht die Schicht, weil seine Frau ihr zweites Kind erwartet. Unter den Gästen haben wir u.a. das Ehepaar David (Armee Hammer) und Zarah (Nazanin Boniadi), die mit Sally (Tilda Cobham-Hervey) angereist sind, die sich um das Baby von David und Zarah kümmert. Außerdem ist da noch der russische Geschäftsmann Vasili (Jason Isaacs), der nach dem Dinner noch mit Prostituierten auf dem Zimmer feiern will.

Dann bricht die Hölle los. Vier schwer bewaffnete Männer dringen in das Hotel ein und metzeln zunächst alle Menschen in der Lobby dahin. Danach machen sie sich systematisch daran, Stockwerk für Stockwerk von den „Ungläubigen zu säubern“. Arjun und andere Bedienstete versuchen die Gäste zu beschützen. Hilfe von außen ist zunächst nicht zu erwarten, da Mumbai selber über keine Spezialeinheit verfügt, die mit so einem Terrorakt umzugehen weiß. Eine solche Einheit muss erst aus Neu Delhi eingeflogen werden, was sehr lange dauert.

Meinung von

Fuck! Das ist einmal ein sehr intensiver, spannender Film! Geiseldramen sind nicht neu. Aber das kann als wilde Schreierei oder auch Schießerei umgesetzt werden. Hotel Mumbai basiert auf wahren Vorkommnissen. Man hat sich ein paar künstlerische Freiheiten herausgenommen, die sind aber nicht so schlimm. Der Kern der Sache, der Terror, der kommt sehr gut, sehr erschreckend durch.

Eine Geschichte wird glaubwürdig, wenn die Figuren darin glaubwürdig sind. Wir haben eine Hand voll, nicht zu viele, Menschen, die wir bei dieser Tour verfolgen. Da ist das Pärchen David und Zarah. David ist Amerikaner, Zarah hat einen britisch-muslimischen Hintergrund. Sally ist das Kindermädchen, die sich bis zuletzt um den kleinen Sproß kümmert. Arjun arbeitet unter dem strengen aber gutherzigen Küchenchef Oberoi (Anupam Kher), der seinem Stab einbläut The guest is god!. Das ist der Grund, warum viele der Angestellten das Hotel nicht verlassen, wenn sie die Chance dazu haben. Sie bleiben ihren Gästen loyal gegenüber. Alle Figuren sind gut gezeichnet und glaubwürdig.

Selbst die Attentäter sind glaubwürdig. Diese muslimischen Fundamentalisten sind gründlich gehirngewaschen. Die Stimme in ihren Ohren flüstert immer etwas vom heiligen Krieg, vom Opfer - das alles aus sicherer Entfernung. Die Terroristen gehen mit einer schrecklichen Kaltherzigkeit ans Werk. Sie sind relativ stumm, gehen gelassen im Hotel herum und erschießen jeden "Ungläubigen", den sie finden können. Sie wissen zu täuschen. So lassen sie z.B. eine Empfangsdame bei Hotelgästen anrufen, dass alles wieder in Ordnung sei und wenn es klopfe, dann sei das Hilfe, die gekommen ist. Dann hören wir kurze Schusssalven.

Es gibt in Hotel Mumbai diverse Szenen, wo das Publikum die Luft anhält, sich vor Spannung unangenehm im Sitz bewegt und erleichtert ausatmet, wenn alles vorbei ist. Man konnte richtig fühlen, wie angespannt die Zuschauer waren, so erschreckend gut ist der Terror umgesetzt.

Die jungen Glaubenskrieger sind jedoch nicht durch die Bank weg Marionetten. Da ist zum Beispiel Imran (Amandeep Singh), der, nachdem er angeschossen wurde, die Glaubwürdigkeit seines "großen Bruders", der Stimme in seinem Ohr, in Zweifel zieht. Haben diese "ehrenwerten Menschen" tatsächlich für seine Dienste seiner Familie Geld gegeben? Imran stellt sich offensichtlich auch die Frage, ob wirklich jeder im Hotel sterben muss? Irgendwie ist das, was er da macht wohl doch nicht so 100%-ig richtig. Was die Terroristen da machen, erfüllt den Zuschauer dennoch mit Zorn und Verzweiflung. (Ich verstehe immer noch nicht, wieso sich die Menschen für Glauben die Köpfe einschlagen ...)

Ich kann diesen eindringlichen Film nur wärmstens empfehlen. Leider wird er hierzulande nicht mehr im Kino laufen, da er direkt auf DVD rauskommt. Das ist wahnsinnig schade. Der Film wirkt auf großer Leinwand mit vielen Leuten um einen herum sehr intensiv. Das wird er auf der kleinen Mattscheibe nicht so rüberbringen können.

Hotel Mumbai lief im Rahmen des Fantasy Filmfests etwas "außerhalb des Genres", wie es so schön vor dem Film noch hieß. Aber, Mann bin ich froh, den gesehen zu haben!