Besprechung
Jack (Colin Firth) lebt Ende des 19. Jahrhunderts in England auf dem Lande. Es ist ein wohlhabendes Leben, das er da führt. Er hat ein Mündel namens Cecily (Reese Witherspoon) und einen jüngeren Bruder, der nur Ärger macht. Dessen Name ist Ernst. Immer wieder muss Jack nach London reisen, weil Ernst in Schwierigkeiten steckt. Was niemand weiß: Jack ist Ernst. Ernst ist sein Alter Ego, wenn er mal Dampf ablassen will. Das macht er auch gerne mit seinem Kumpel Algy (Rupert Everett), der ständig in finanziellen Schwierigkeiten steckt.
Algy hat eine Cousine, in die Jack verliebt ist. Auch Gwendolen (Frances O’Connor) hegt innige Gefühle für – Ernst. Da ist etwas an diesem Namen, das sie ungemein anzieht. Ein Umstand, der Jack das Leben schwer macht. Ebenfalls ein Dorn im Auge ist Gwendolens Mutter, Lady Bracknell (Judi Dench), die einer Hochzeit der beiden Turteltäubchen im Wege steht. Für Lady Bracknell muss der Mann ihrer Tochter makellos sein. Ernst – oder Jack – kann in vielerlei Hinsicht punkten, doch als Lady Bracknell erfährt, dass der Anwärter auf den Posten des Ehemannes ein Findelkind war – hat er haushoch verloren.
Jack geht zurück aufs Land, wo er die traurige Kunde verbreitet, dass sein ihm immer wieder Ärger bereitender Bruder Ernst gestorben sei. Das kollidiert ein wenig mit der Tatsache, dass Algy plötzlich auf dem Landsitz auftaucht und sich als Ernst ausgibt. Um die Verwirrung zu komplettieren verliebt sich Cecily in diesen Ernst und Gwendolen reist an, um ihren Ernst zu finden.
Meinung von Nils
Von Oscar Wilde stammt die Vorlage. Eigentlich ein Bühnenstück, wurde es von Regisseur Oliver Parker für die Leinwand umgeschrieben und entsprechend auf Zelluloid gebannt. Wildes Stücke zeichnen sich in der Regel durch einen wunderbaren Wortwitz und Tempo aus. Ernst sein ist alles macht da keine Ausnahme. Gewürzt wird es mit einem herrlichen Verwirrspiel, das alle Beteiligten in Schwierigkeiten bringt. Wortwitz ist allerdings immer so ein heikles Thema, wenn es um Übersetzungen geht. In geschriebener Form mag das alles noch hinhauen, aber sobald man bei der Übersetzung auf Lippenbewegungen achten muss, geht doch so mancher Witz leider verloren. Das Gefühl hatte ich bei Ernst sein ist alles auch. Da sind so zwei oder drei Situationen, wo das Gesprochen (in der deutschen Synchronisation) keinen Sinn macht. Ich saß da und dachte Hä?
Aber davon abgesehen, ist Ernst sein ist alles wunderbare Unterhaltung. Am Anfang noch etwas schleppend, nimmt der Film Fahrt auf sobald Jack/Ernst und Gwendolen aufeinandertreffen. So richtig Fahrt nimmt er dann auf, wenn Algy als Ernst auf dem Landgut ankommt. Ich mag diese Identitätsverwechselungs-Spiele. Die Empörung der beiden Damen, wenn sie herausfinden, dass sie von den Männern belogen und betrogen wurden ist zwar da, aber doch schnell verflogen. Hier hätte ich mir eigentlich mehr erwartet, aber genauer betrachtet, hätte das den Fluß und das Tempo des Films nur gestört. Also ist eigentlich alles so gut, wie es ist.
Judi Dench spielt die griesgrämige Lady hervorragend. Ich sah danach noch das Making Of, wo die Dame etwas plauderte und auch mal lachte. Das kann sie!? Wow. Colin Firth gefällt mir besser als Rupert Everett, Frances O’Connor besser als Reese Witherspoon. Der Film ist bis in die Nebenrollen super – weil so “typisch britisch” – besetzt.
Filme wie Ernst sein ist alles gibt es heute nicht mehr. Solche Geschichten werden aber auch nicht mehr geschrieben – was ich schade finde. Ernst sein ist alles ist wunderschöne Unterhaltung mit einem feinen Humor. Die Aufklärung um die Herkunft Jacks ist etwas hanebüchen, aber man verzeiht es dann doch gerne. Und wie es scheint, war es damals kein Ding, wenn Cousin und Cousine was miteinander hatten … Empörend.