Filmplakat Die Kanonen von Navarone

7,5/10

"Er ist aus Kreta. Dort meinen die Menschen was sie sagen." — Die Kanonen von Navarone, 1961

Die Kanonen von Navarone

Besprechung

1943, mitten im zweiten Weltkrieg, sind gut 2.000 britische Soldaten auf der griechischen Insel Kheros stationiert. Die Deutschen wollen die bis dahin neutrale Türkei in den Krieg zwingen. Dazu soll Kheros, die sehr dicht an der Türkei liegt, platt gemacht werden. Um ihre Männer zu retten, wollen die Briten sechs Zerstörer schicken. Doch die kämen niemals an, weil auf der griechischen Insel Navarone zwei riesige, radargesteuerte Kanonen stehen. Die sind mitten in einen Berg eingelassen und können nicht aus der Luft angegriffen werden. Captain Keith Mallory (Gregory Peck) wird auf ein Himmelfahrtskommando geschickt.

Der Spezialist fürs Klettern soll mit Corporal John Anthony Miller (David Niven), einem Experten für Sprengstoff, dem CPO „Butcher“ Brown (Stanley Baker), der auch der Schlächter von Barcelona genannt wird und drei weiteren Männern die 120 Meter hohe Steilklippe auf der Südseite Navarones erklimmen und die Kanonen sprengen. Außerdem noch mit dabei sind der junge Hitzkopf Spyros Pappadimos (James Darren) und der griechische Guerilla-Kämpfer Colonel Andrea Stavros (Anthony Quinn). Schließlich wird der Truppe von Major Roy Franklin (Anthony Quayle) angeführt.

Die sechs Männer haben sechs Tage Zeit, das Unmögliche zu schaffen. Dann kommen die britischen Zerstörer und die sollen bitte nicht mehr abgeschossen werden können. Die Operation ist äußerst schwierig. Schon früh bricht sich Franklin das Bein und Mallory muss das Kommando übernehmen. Vor allem Miller hat seine Probleme mit der Vorgehensweise von Mallory. Unterstützung bekommt die Bande auf Navarone durch Verbündete: Maria Pappadimos (Irene Papas), die Schwester von Spyros, sowie die stumme Anna (Gia Scala) stoßen zur Truppe dazu. Kurz vor dem Erreichen der Kanonen muss Miller feststellen, dass es einen Verräter in der Gruppe gibt. Denn die Deutschen waren immer sehr genau darüber informiert, was diese geheime Einsatztruppe gerade so trieb.

Meinung von

Eines vorweg: Auch wenn die Einleitung zu Die Kanonen von Navarone glaubhaft klingen – es gibt und gab niemals diese Insel. Der Film basiert auf dem Roman von Alistair MacLean. Carl Foreman schrieb das Drehbuch und produzierte den Film. Die Kanonen von Navarone war damals exorbitant teuer, was an den vielen Außenaufnahmen an echten, griechischen Schauplätzen lag. Man drehte auf Rhodos. Mit dem Projekt wurde Alexander Mackendrick beauftragt. Der hatte zuvor eher kleine, britische Filme wie Der Mann im weißen Anzug oder Ladykillers gedreht gehabt. Mit diesem riesigen Budget und dem massiven Staraufgebot war Mackendrick dann doch überfordert. Eine Woche vor Drehbeginn warf Foreman ihn raus. J. Lee Thompson übernahm die Regie mit einer denkbar kurzen Vorlaufzeit.

Der Streifen zeigt die kommenden sechs Tage, die die Spezialeinheit benötigt, um ihren Auftrag zu erfüllen. Auch wenn dieses Ereignis nicht der Wahrheit entspricht, so gab es damals doch viele kleine Truppen, die auf die Sabotage der Deutschen spezialisiert war; hauptsächlich von den Griechen aber auch von Briten. Sechs Tage sind eine lange Zeit und es kann viel passieren. Die Kanonen von Navarone ist beinahe 160 Minuten lang. Wir sehen teils nur Handlung und niemand spricht. Vor allem zum Schluss wird der Film spannend.

Die Kanonen von Navarone mutet wir ein reiner Actionfilm an. Oder ein Kriegsfilm. Tatsächlich ist er ein Antikriegsfilm mit Actioneinlagen. Das wird in vielen Momenten deutlich. Da ist zum Beispiel der viel gerühmte "Schlächter von Barcelona". Der Mann soll ein Experte im Töten mit dem Messer sein. Gut, wenn man so einen Typen mit in der Truppe hat. Aber Brown will nicht mehr. Seit sechs Jahren tötet er unentwegt, meistens im Nahkampf. Er kann nicht mehr. Das zeigt sich daran, dass er zögerlich wird. Selbst in äußerst brenzligen Situationen.

Da ist "der Professor" Corporal Miller. Der ist eigentlich Lehrer der Chemie und wurde in den Kriegsdienst eingezogen. Da er so gut ist mit dem Sprengstoff, hätte er längst eine Beförderung verdient, aber auch er will nicht im Krieg mitmischen. Er macht es, weil es seine Pflicht als Brite ist. Aber er mag es wahrlich nicht und hat deshalb auch jede Beförderung bisher verweigert. Irgendwie herrscht zwischen allen Beteiligten eine enorme Spannung und Antipathie. Sie sind nur geeint im Auftrag die Deutschen zu sabotieren.

Als Franklin sich das Bein bricht, ist Mallory kurz davor, ihm den Gnadenschuss zu geben. Nur um die Mission erfolgreich abzuschließen. Da geht Miller auf die Barrikaden. Auch später wenn Mallory erklärt, dass er Franklin bewusst mit Falschinformationen gefüttert hat, weil er davon ausging, dass die Deutschen ihn früher oder später fangen und verhören. Dieses Kalkül bringt Miller auf die Palme.

Am deutlichsten ist der Antikriegsmoment jedoch ziemlich am Anfang zu sehen. Mallory wird von Jensen (James Robertson Justice), einem hochrangigen Strategen, mit dem Auftrag betraut. Als die Männer zu ihrer Mission aufbrechen, meint Jensen zu einem Mitarbeiter:

Im Krieg ist alles möglich. Und in wahnwitzigen Situationen entwickeln Menschen oft ganz außerordentliche Fähigkeiten: Scharfsinn, Mut, sogar Selbstaufopferung. Schade, dass die Probleme des Friedens nicht auf gleiche Weise gelöst werden können. Welch eine Entwicklung würde die Menschheit nehmen.

Die beiden Frauen waren übrigens nicht in der Buchvorlage enthalten. Wir schreiben 1961 und in einem Kriegsfilm, voll gestopft mit Männern und Testosteron, tauchen auf einmal zwei Frauen auf. Die sind den Männern in allem ebenbürtig. Maria ist für ihren Vater eingesprungen, der eigentlich den sechs Männern als Führer dienen sollte. Maria ist eine Kämpferin und hält auch mit ihren sexuellen Interessen an Stavros nicht hinterm Berg. Solche Frauen waren damals extrem selten in Hollywood. Normalerweise waren Frauen Ego-Verstärker für Männer, nicht Maria.

Die Kanonen von Navarone war der erfolgreichste Film an den Kinokassen 1961. Dabei war er ein gewagtes Projekt. Das Fernsehen hatte mittlerweile in immer mehr Haushalten Einzug gehalten. Warum da noch ins Kino? Die Kinolandschaft war in einer Krise, Die Kanonen von Navarone zeigte aber, dass es sich lohnt finanzielle und künstlerische Investitionen zu tätigen. Der Film ging neue Wege. Er war nicht nur für das amerikanische Kino gedacht. Wir haben Amerikaner, Briten und Griechen im Film. Mit dem damaligen Popsänger James Darren wollte man ein junges Publikum ins Kino locken – was ein Wagnis war, weil Darren noch nie in einer solch großen Produktion mitwirkte.

Ziemlich am Anfang, bevor Mallory seine Instruktionen erhält, landet ein Flugzeug mit brennendem Motor. Das ist alles mit Modellen gemacht. Weil es dunkel ist, fällt das nicht unbedingt auf. Nur ... da steht ein Flugzeug am Himmel. Wieso?? Einmal davon abgesehen hat der Film einen Oscar für die besten Spezialeffekte erhalten.

Der Film ist ein Klassiker, gespickt mit großen Schauspielern, einer guten Geschichte und Spannung. Was will man mehr?