Besprechung
Der Illustrator Clay Riddell (John Cusack) hat gerade einen neuen Auftrag an Land gezogen und ist am Flughafen Boston gelandet. Eben noch hat er mit seiner geschiedenen Frau telefoniert, als der Akku seines Mobiltelefons den Geist aufgibt. Kurz darauf laufen alle Menschen am Flughafen Amok, kreischen, beißen um sich, bringen andere Menschen um, fressen sich gegenseitig auf – Auslöser scheinen die Telefone zu sein. Ein Signal hat die Menschen in den Wahnsinn getrieben.
Clay kann sich in die U-Bahn flüchten, wo er auf den Zugführer Tom McCourt (Samuel L. Jackson) stößt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg raus aus den Tunneln. An der Oberfläche entdecken sie Chaos an allen Ecken der Stadt. Die verrückt gewordenen Menschen laufen wie im Schwarm herum und machen sich schlagartig über alle „normalen“ Menschen her.
In Clays Wohnung stößt die junge Alice Maxwell (Isabelle Fuhrmann) zu den beiden Männern. Clay will nach New England, um seinen Sohn zu sehen. Die beiden Anderen begleiten ihn. Dabei muss sich das Trio immer wieder vor Aggressoren in Sicherheit bringen. Wie es scheint, haben diese Menschen ein gemeinsames Bewusstsein entwickelt und handeln wie eine Person, nachts müssen sie sich „aufladen“, weshalb es sicher ist, in der Dunkelheit zu reisen.
Meinung von Nils
Ein wenig nervös war ich dann kurz vor dem Start des Films doch. Mein letzter John Cusack-Film – ebenfalls auf einem Fantasy Filmfest gesehen – war The Numbers Station; und der war schlecht. Bitte nicht, dass mich wieder so ein langweiliger Streifen erwartet …
Doch Cell fängt recht ordentlich an. Wenn die Menschen das Signal erhalten und Amok laufen, laufen sie richtig Amok. Hossa, was für ein Gemetzel. Ein wenig besorgt war ich, weil neben mir eine junge Frau saß, die sich schüttelte vor Lachen ob der Gewalt. Wieso muss ich immer die Verrückten neben mir haben?
Wie gesagt, der Anfang ist vielversprechend, aber sobald Clay im Untergrund ist und auf Samuel L. Jackson trifft … fehlt einiges. Verdammt, wenn mir so was passierte, wäre ich panisch und würde mir ständig die Frage stellen "Warum?" (das habe ich dann auch während des Films andauernd gemacht). Clay und Tom nicht. Ja, zunächst laufen sie um ihr Leben, aber wenn sie in Clays Wohnung sind, vergeht mächtig viel Zeit, bis diese Frage das erste mal aufkommt. Die Dialoge sind irgendwie nicht natürlich und der Situation angemessen.
Der Typ vom Fantasy Filmfest, der den Streifen ankündigte, meinte noch, er habe das Buch gelesen und das Ende des Films sei anders als im Buch – nämlich besser. Also wenn dem so ist, muss das Buchende extrem grottenschlecht sein. Mich hat das Ende unbefriedigt das Kino verlassen lassen. Es wird nie die Frage nach dem "Was ist hier überhaupt passiert?" geklärt. Gut, das mag typisch für Stephen King sein. Ich habe noch nie ein Buch von ihm gelesen, aber ich glaube, die sind im Schnitt so. Oder? King hat die Vorlage zu dem Film und das Drehbuch geschrieben. Ich vermisse aber die Erklärung auch deswegen, weil Clay eine Vision hatte. Er hat den Anführer der gehirnlosen Menschen, den Vorboten einer Apokalypse, für einen Comic gezeichnet. Wieso? Keine Antwort.
Was zunächst gut anfängt, versandet schnell in ein 0815-Roadmovie. Zwischendurch gibt es den einen oder anderen Lacher – sei es, weil die Situation so absurd ist, oder weil man wegen der Gewalt nervös lachen muss. Zwischendurch wird noch ein durchgeknallter Überlebender reingewürfelt, dann nähern wir uns auch schon dem Ende, das, ich sagte es bereits, sehr unbefriedigend ist.
Ich fand die Idee eigentlich ganz gut und rede mir den Film damit auch im Nachhinein noch ein wenig schön: Die Mobiltelefone sind unser Untergang. Schaut Euch doch mal um, überall auf der Straße, in den Cafés, in Bus und Bahn – überall starren die Menschen auf ihre kleinen Telefone. Ihr seid alle abhängig davon. Ich nehme Cell von daher als eine Kritik an dieser Technik hin. King ist bekannt dafür, das Grauen in dem Alltäglichen zu finden. Mobiltelefone sind der Start des Untergans der Menschheit. Die "Phoners", wie sie im Film heißen, sind zombiegleich unterwegs. Sie laufen gemeinsam in eine Richtung, immer hinter einem wechselndem Führer hinterher – wie ein Vogelschwarm. Sie haben ein gemeinsames Bewusstsein, gleichgeschaltet – im übertragenen Sinne wegen dem, was die Menschen alle auf den Smartphones lesen. Diese Analogie finde ich ganz stimmig und damit bekommt der Film, obgleich er viele Schwächen aufweist, noch ein paar Sterne.
Damit macht dann auch das miese Ende wieder Sinn. Irgendwie.
Übrigens sind nicht nur die Dialoge schlecht, die Trickeffekte sind anscheinend von einem Praktikanten geschaffen worden, der sich neben seinem ersten Semester noch ein paar Dollar in einer Nachtschicht hat dazuverdienen müssen. Die Rauchschwaden? Unnatürlich und billig. Das brennende Fußballfeld? Unnatürlich und billig.
Man muss Hardcore-Fan von Stephen King-Verfilmungen, von John Cusack oder von Samuel L. Jackson sein, um Cell zu mögen. Wobei noch erwähnt sei, dass Mr. Jackson erstaunlich zurückhaltend spielt. Wir kennen ihn ja immer als sehr lauten, sehr dominanten Charakter. Sein Tom McCourt ist allerdings ein eher zurückhaltender Mensch. Ungewöhnlich. Rettet den Film aber auch nicht.
Der Film bricht nebenbei erwähnt eines der größten Tabus im Film: Lasse niemals einen Hund zu Schaden kommen! Ich sage nur Wachmann am Flughafen ...