Besprechung
Die Welt befindet sich im zweiten Weltkrieg. Die Menschen wollen alle vor den Deutschen fliehen. In Casablanca, das zwar französisch, aber nicht besetzt ist, sitzen Flüchtlinge aus aller Welt fest und warten auf ein Visum, um nach Amerika reisen zu können.
In diesen turbulenten Zeiten hat der Amerikaner Rick Blaine (Humphrey Bogart) eine gut funktionierende Bar. Ricks Bar ist der Anziehungspunkt für alle in Casablanca. Der bestechliche Polizeipräfekt Captain Louis Renault (Claude Rains) ist ebenfalls ein häufig anzutreffender Gast. Renault ist hilfsbereit, als die Deutschen unter dem Kommando von Major Heinrich Strasser (Conrad Veidt) einen Mörder suchen. Zwei Transitvisa sind abhanden gekommen, Freifahrtscheine aus Casablanca.
Major Strasser hat aber noch einen weiteren Auftrag. Der Widerstandskämpfer und KZ-Flüchtling Victor Laszlo ist in Casablanca angekommen. Da die Deutschen in der afrikanischen Stadt keine Handlungsfreiheit haben, will Strasser dafür sorgen, dass Laszlo die Stadt nicht verlassen kann. Renault, der sein Mäntelchen immer in den Wind hängt, ist ihm auf seine Art behilflich.
Mit Laszlo ist auch eine Frau angekommen, die beim Barbetreiber Rick schlimme, bittere Erinnerungen weckt. Ilsa Lund (Ingrid Bergman) reist mit Laszlo. Rick und Ilsa hatten vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris eine schöne Zeit, doch dann brach sie ihm das Herz. Wird Rick ihr helfen, oder wird er seinem Schmerz nachgeben?
Meinung von Nils
Zuerst war da ein Theaterstück, das nie aufgeführt wurde, dann entwickelte sich daraus ein Film, der noch während der Dreharbeiten nicht fertig geschrieben war. Es wurden Schauspieler zwischen Filmstudios hin- und hergeschachert — und dennoch ist einer der bedeutendsten Filme des 20. Jahrhunderts herausgekommen.
Casablanca zeigt uns Humphrey Bogart, er war gerade ein Jahr zuvor dank Die Spur des Falken in die A-Klasse der Hollywood-Schauspieler aufgestiegen, wie er einen rauen Helden mit weichem Kern spielt. Das klingt immer so abgedroschen, aber sein Rick ist schroff und zynisch, er fraternisiert nie mit den Kunden und hat sich nach den Vorkommnissen in Paris - von denen der Zuschauer erst später erfährt - von seiner Umwelt abgeschottet. Als Ilsa auftaucht, ist er am Boden zerstört. Klar, so einen Typen, der seiner verflossenen Liebe nachweint und sich dabei einen hinter die Binde kippt, das ist nichts Besonderes, doch Bogart sieht man den Schmerz und die Verzweiflung an. Ilsa hat ihm das Herz gebrochen und danach ist es nicht mehr verheilt.
Sein Schmerz bringt ihn dann auch in eine missliche Lage. Soll er Racheglüsten nachgehen und Ilsa schaden, oder soll er Größe beweisen und Opfer bringen für die Frau, die er so sehr geliebt hat, die nun aber mit einem anderen Mann zusammen ist? Victor Laszlo ist aber nicht nur irgendein Mann an der Seite von Ilsa. Er ist ein Held, er kann die Welt als Anführer des Widerstands gegen die Deutschen zu einem besseren Ort machen. Und Victor benötigt Ilsa als Halt und Stütze.
Rick ist, das beweist er immer wieder in kleinen Gesten, unter seinem harten Kern dennoch der Romantiker, der Weiche. Das findet Renault sehr amüsant. Man weiß nicht, wie man Renault wirklich einstufen soll. Er gibt es offen zu, dass er sein Mantel in den Wind hängt, aber es besteht auch eine Art Chemie zwischen dem französischen Polizisten und dem Amerikaner.
In Casablanca ist es heiß und die Stadt ist ein Kochtiegel für Flüchtlinge, aber auch für viel Abschaum, der in die Stadt gekommen ist. Rick macht Geld mit seiner Bar und wie es angedeutet wird, auch mit anderen Dingen. Offener geht sein Konkurrent Signor Ferrari (Sydney Greenstreet) mit seinen zweifelhaften Praktiken um. Signor Ferrari verkauft zu hohen Preisen Visa. Mit dem zwielichtigen Ungarte (Peter Lorre) hat Warner Brothers dann wieder die drei Darsteller aus dem Malteser Falken vor die Kamera geholt.
Die Geschichte ist fließend erzählt und hat keine Längen. Die Liebesgeschichte zwischen Rick und Ilsa wird in einer Rückblende erzählt, der Grund für das Verlassen kommt dann erst später im Film vor. Die Erklärung ist dann aber um so schockierender. Große Momente hat der Film, ebenso wie Filmgeschichtsmomente. Wir denken an die Abschlusseinstellung mit Renault und Rick auf der Landebahn — eine Einstellung, die übrigens erst später in einem Nachdreh hinzugefügt wurde, weil die Studiobosse der Meinung waren, dass das Ende, wie es davor war, nicht geklappt habe. Wir sind alle froh für diesen Nachdreh.
Ein großer Moment im Film ist die Szene, in der die Deutschen ein Lied schmettern und Victor das Orchester aufruft, die französische Nationalhymne zu spielen, woraufhin alle in Ricks Bar anfangen, die Marseillaise schmettern. Das ist ein beeindruckender Akt des passiven Widerstands und dennoch kommt es wie ein erbitterter Kampf herüber.
In der Nachproduktion sollte auch das berühmte "As time goes by" ersetzt werden. Doch dafür hätte man ebenfalls nachträglich drehen müssen. Allerdings hatte Ingrid Bergman derweil die Haare geschnitten bekommen, wodurch man sich entschied, das Lied, das eigentlich schon seit 1931 existiert, im Film zu lassen. Heute ist das Lied untrennbar mit dem Film verbunden.
Casablanca hat also einen wahren Helden, Liebe, Opfer, Spannung und darüber hinaus auch einen sehr angenehmen Humor. Der Film hätte durchaus trocknen und ernst herübergebracht werden, doch zum Glück waren die Epstein-Brüder, die am Skript saßen, so weitsichtig, den Film mit feinem Humor aufzulockern.
Durch Casablanca, der mitten im zweiten Weltkrieg gedreht wurde und von eben diesem handelt, wurde einem breiten Publikum nicht nur eine spannende Geschichte erzählt, den Menschen wurde auch bewusst gemacht, dass es auf der Welt Flüchtlinge gibt, die verzweifelt sind und dem Faschismus entfliehen wollen. Schon die Eingangseinstellung zeigt viele Köpfe, die sich sehnsüchtig nach einem Flugzeug umdrehen, das vielleicht auch sie endlich in die Freiheit bringen wird.
Der Film gewann drei Oscars (Bester Film, Bestes Skript und Beste Regie). Als Regisseur saß der aus aus Ungarn stammende Michael Curtiz im Stuhl. Ein Muss für jeden Filmfreund!