Besprechung
Nur weil die Mutter (Audrey Fildes) von Louis (Dennis Price) mit einem italienischen Sänger durchgebrannt ist, hat die Familie der D’Ascoyne sie verstoßen. Das bedeutet auch, dass ihr Sohn Louis Mazzini all seiner adeligen Privilegien beraubt wurde. Von der eigenen Familie. Als die Mama stirbt, wird ihr sogar die Beisetzung in der Familiengruft verwehrt. Es reicht. Louis fasst den Entschluss sein Recht einzufordern. Dazu müssen nur die acht D’Ascoynes, die in der Adelsfolge vor ihm dran sind, ins Gras beißen. Bevor er jedoch mit seinem Feldzug startet, macht er seiner Jugendfreundin Sibella (Joan Greenwood) einen Antrag. Den sie ablehnt, weil Louis arm ist.
Als erstes muss der hochnäsige Ascoyne D’Ascoyne (Alec Guiness) dran glauben. Danach ergattert Louis dessen Job bei der Bank von Senior Lord Ascoyne (Alec Guiness). Der nächste Cousin muss dran glauben. Der Hobbyfotograf Henry (Alec Guiness) ist gar nicht so ein schlechter Kerl. Aber er ist im Weg. Von dort geht es weiter. Der leicht vertrottelte Pastor Lord Henry (Alec Guiness) wird auch aus der Titelfolge gestrichen. So arbeitet sich Louis Verwandten um Verwandten vor.
Während sich Louis seiner Ahnen entledigt, findet Sibella immer mehr Interesse an ihm. Da winkt doch ein Adelstitel? Abgesehen davon, ist sie zwar mittlerweile reich verheiratet, aber ihr Ehemann Lionel (John Penrose) ist wohl der langweiligste Knochen in ganz Großbritannien. Da ist Louis doch viel spannender. Louis hat jedoch mittlerweile andere Pläne. Die Witwe von Opfer Nummer Zwei, Edith (Valerie Hobson), so steif sie auch sein mag, scheint eine gute Partie zu sein.
Meinung von Nils
Wo ist dieser Film mein Leben lang gewesen? Wieso wusste ich nicht schon früher von Adel verpflichtet? Der Film ist großartig! Selten eine so köstliche, schwarze Komödie gesehen. Der Film hat Witz und Charme, ist intelligent, elegant und spannend. Adel verpflichtet ist in vieler Hinsicht bemerkenswert.
Zunächst einmal ist der Film eine Satire, die das Klassen-System der Briten angreift. Louis hat einen nicht-adeligen Vater und deshalb wurden seine Mutter und auch er von den D'Ascoynes verbannt. Louis ist in armen Verhältnissen aufgewachsen. Zwar hat ihm seine Mutter alles mitgegeben, was einen Herzog ausmacht, aber das Umfeld stimmte nicht. Der Film greift die Hochnäsigkeit der Adligen an. Dabei ist er kein "sozialistischer Streifen", der den Adel abschaffen will. Im Gegenteil: Unser "Held" will genau das werden, was der Film eigentlich angreift: adelig.
Dann die Tatsache, dass Louis unser Held ist. Geschickt wird uns Dennis Price' Rolle des Louis vorgestellt und sympathisch gemacht. Schon von Anfang an. Denn: Wir erfahren alles, was in dem Film passiert am Vorabend seiner Hinrichtung. Am nächsten Morgen soll er seinem Schöpfer gegenübertreten und ist dabei die Ruhe selbst und extrem höflich. Louis erzählt uns seine Geschichte in einer einzigen Rückblende. Er spricht wie Henry Hill in GoodFellas aus dem Off, was auch bemerkenswert für einen Film aus dem Jahre 1949 ist.
Louis erzählt, wieso er Menschen umgebracht hat und wie das über die Bühne ging. Eigentlich müssten wir alle empört sein. Man kann doch nicht für einen Mörder stimmen. Aber Louis ist Unrecht angetan worden, deshalb sind wir auf seiner Seite. Hinzu kommt, dass die Erzählung leichtfüßig, beschwingt und urkomisch ist. Da hilft es auch, dass alle Opfer von einer Person gespielt werden: alle acht D'Ascoyne-Erben werden von Alec Guiness gespielt. Der las das Skript, lachte sich schlapp und wollte alle acht Figuren spielen.
Neben den erwähnten Todeskandidaten sind da noch der Admiral, der General, der Lord sowie Lady Agatha, die Feministin. Auch von Guiness gespielt. Als Oberhaupt ist dann noch Ethelred, der im Familienanwesen Chalfont residiert und als Letzter dran glauben muss. Der Kunstgriff Alec Guiness acht Figuren spielen zu lassen, erzeugt ganz nebenbei den Effekt, dass er nicht wirklich stirbt. Ist eine Figur aus dem Weg geräumt, können wir uns sicher sein, dass Guiness gleich wieder erscheint.
Zum Glück wählte man Alec Guiness. Der damals 34-Jährige zieht nicht einfach nur andere Kleidungen an, sondern spielt acht verschiedene Personen. Man nimmt ihm das herrliche Spiel ab, weil er alles gibt.
Adel verpflichtet ist so schwarz und düster, man mag kaum glauben, dass der aus dem Jahr 1949 stammt. Klar, es gibt auch andere düstere Komödien, zum Beispiel Arsen und Spitzenhäubchen. Der ist sogar noch fünf Jahre früher gedreht worden. "Arsen" ist jedoch eine Screwball-Comedy aus den Staaten. Der ist völlig überdreht und vor allem extrem schnell. Das fehlt bei Adel verpflichtet. Der Film ist ruhig und elegant. Genau das macht den Film so anziehend. Man denkt, man sieht einen Streifen, der im auslaufenden 19. Jahrhundert spielt und bekommt dann diese tiefschwarze Komödie vorgesetzt. Ich hing an vielen Stellen mit einem "Was zum Teufel"-Ausdruck im Gesicht, gepaart mit einem fetten Grinsen.
Anschauen. Sofort!