Filmplakat The Wild Bunch

8/10

"Wir träumen alle davon wieder Kinder zu sein. Auch die Schlimmsten von uns." — The Wild Bunch, 1969

The Wild Bunch

Besprechung

Der Wilde Westen ist am sterben. Es ist 1913 und Pike Bishop (William Holden) und sein Gang haben eben einen Überfall verübt. Dabei gab es viele Tote. Und alles für Nichts. Die Beute war Ablenkung. Zu allem Übel ist Pikes ehemaliger Kumpel Deke Thornton (Robert Ryan) hinter ihm her. Thornton wurde vor einiger Zeit gefasst, im Gefängnis gequält und nun hat er von der Eisenbahngesellschaft die Chance bekommen, sich zu rehabilitieren. Dafür muss Thornton eben Pike dingfest machen.

Pike, Dutch Engstrom (Ernest Borgnine), Lyle (Warren Oates) und Tector Gorch (Ben Johnson), der Mexikaner Angel (Jaime Sánchez) sowie der alte Freddie Sykes (Edmond O’Brien) wollen noch einen glorreichen Überfall verüben. Dann soll Schluss sein. In Mexiko, wohin sich die Bande zurückgezogen hat, nehmen sie einen Job von General Mapache (Emilio Fernández) an. Sie sollen einen Zugtransport von Waffen überfallen.

Der Coup klappt. Thornton ist Pike dabei dicht auf den Fersen. Pike traut Mapache nicht, weshalb die Übergabe der Waffen genau ausgeklügelt ist.

Meinung von

Regisseur Sam Peckinpah hatte mit dem Low-Budget-Film Sacramento Erfolg gehabt, also gab man ihm viel Geld und Stars für eine große Produktion. Sierra Charriba war ein finanzieller Flop. Es kam zu Streitereien und Peckinpah wurde gefeuert. Danach schlug er sich unter anderem mit dem Schreiben von Drehbüchern durch. Schließlich kam The Wild Bunch daher.

Peckinpah wollte mit seinem Western die Brutalität des Wilden Westens zeigen. Die Western der 1950er waren in der Regel glorreich und "sauber", schon eher romantisch. Peckinpah und Drehbuchautor Walon Green wussten, dass der Westen so nicht war. Schon in der Eingangsszene sehen wir, dass Pike und Co. keine netten Menschen sind. Sie schießen wild um sich, es werden Unbeteiligte getötet, Menschen werden als Schild benutzt, es wird in den Rücken geschossen. Die Szene setzt den Ton des Films fest. Die finale Schießerei ist dann ebenfalls blutig und brutal. Das gab es in der Art bis dahin noch nicht im Kino. Entsprechend waren Publikum, Kritiker und Filmstudio entsetzt.

Die Zeit der Western im Kino lief aus, also verfrachtete Peckinpah seine Geschichte auch in eine Zeit, da der Fortschritt die Wild-West-Romantik zunichte macht. Das wird am deutlichsten am Automobil des General Mapache. Sykes weiß auch zu berichten, dass es bereits Geräte gibt, die fliegen können. Peckinpah war kein großer Freund der Moderne. Entsprechend hart geht er mit dem Wegbruch des Wilden Westens um.

Pike und seine Männer sind alte Antihelden. Sie sind Banditen und Mörder, die nur wollen, dass etwas von ihnen übrig bleibt, wenn sie nicht mehr sind. Ein letzter Job, dann ist es geschafft, dann kann es endlich Ruhe geben. Peckinpah steuert auf seine finale Schlussszene zu. Pike und Co. haben immer nur an sich gedacht. Ein Raubüberfall um Waffen für einen Despoten stehlen, der dann die arme Bevölkerung Mexikos ausnimmt? Kein Problem, Hauptsache das Geld stimmt. Da hilft es auch nicht, dass Angel, einer aus den eigenen Reihen, aus einem dieser geschundenen Dörfer stammt. Nach dem Job sollten sich eh die Wege von Pike und Angel trennen.

Dann dieser eine Augenblick. Pike und die beiden Gorch-Brüder haben sich eben in einem Bordell vergnügt, während Dutch draußen hockte und in der Ferne hörte, wie sein Kumpel Angel gefoltert wird. Da dämmert es Pike. Alles, was er bisher gemacht hat war falsch. Einen Freund im Stich zu lassen war falsch. Ein junges Mädchen als Hure zu gebrauchen war falsch. Er geht zu den Brüdern und ohne ein großes Wort zu verlieren, wissen sie, was zu tun ist.

Als Regisseur war Peckinpah gefürchtet, weil er so viel improvisiert hat. Dieser eine, grandiose Gang der vier verbliebenen Schurken, die auf dem Weg zu einem noch viel größeren Schurken sind – das stand alles nicht im Skript. Die Eingebung hatte Peckinpah kurz vorher.

Interessant an dem Ende: Pike und seine Männer hätten gehen können. Doch sie ballern die Mexikaner alle über den Haufen. Bis auf beiden Seiten niemand mehr steht. Das erinnerte mich schon an George Roy Hills Zwei Banditen. Aber auch nur, weil ich den Film vorher gesehen hatte. In dem Film gibt es gefühlt das grandioseste, verzweifelste Ende der Filmgeschichte, wenn Paul Newman und Robert Redford loslaufen. Zwei Banditen kam eine Woche nach The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz heraus. Ich denke, da hat nicht der eine beim anderen abgeschaut. Aber beide Filme spielen in einer ähnlichen Zeit und sind beide ähnlich melancholisch.

The Wild Bunch ist gemein, hart und hat kein Happy End. Auch deswegen kam der Film damals nicht gut an. John Wayne, das Urgestein des Westerns, soll sich beschwert haben, dass The Wild Bunch den Mythos des alten Westerns zerstört habe. Ja. Aber seine Zeit war gekommen und Peckinpah hat es nur ausgesprochen.