Filmplakat Skin

7/10

"Geht doch zu den anderen Kindern. Schnappt euch 'ne Fackel und verbrennt den Dschihadi." — Skin, 2018

Skin

Besprechung

Bryon „Babs“ Widner (Jamie Bell) stammt aus einem schlechten Elternhaus. Er ist früh abgehauen und wurde schließlich von Fred „Hammer“ Krager (Bill Camp) und Shareen (Vera Farmiga) aufgenommen. Sie lehrten in weißen Hass. Babs ist Neonazi, ein Mitglied der „Viking“-Bewegung. Sein Gesicht ist mit Tätowierungen übersät. Bei einem „Nordic Fest“ lernt er Julie Price (Danielle Macdonald) und ihre drei Mädchen kennen. Julie ist mit ihren Töchtern nur da, weil die drei mit einem Lied auftreten sollten und sie dafür Geld bekommt. Mit dem ganzen Nazi-Scheiß will sie nichts mehr zu tun haben.

Babs ist irgendwie angetan von Julie. Die beiden kommen sich näher. Babs kümmert sich rührend um die Mädchen. Nur die älteste Tochter, Desiree (Zoe Margaret Colletti), steht Babs skeptisch gegenüber.

Es kommt die Zeit, wo Babs nicht mehr mitmachen will. Zur Initiation des jungen Ausreißers Gavin (Russell Posner) wollen die Nazis eine Moschee abfackeln. Babs gibt den muslimischen Gastarbeitern, die in der Moschee übernachten die Möglichkeit sich zu retten. Danach will Babs aussteigen. Er wendet sich an den Menschenrechtsaktivisten Daryle Jenkins (Mike Colter). Der gibt sein Bestes, um Bryon aus dem Kreis der „Vikinger“ rauszuholen. Hammer und seine Jungs sind gar nicht begeistert. Niemand kehrt der weißen Familie den Rücken zu.

Meinung von

Der aus Israel stammende Regisseur Guy Nattiv erhielt für seinen Kurzfilm Skin den Oscar. Der Kurzfilm, der auf einer Dokumentation über Widners Ausstieg basiert, stellt wiederum die Vorlage für den Spielfilm Skin dar. Bryon Widner war, wie im Film auch, ein vom FBI gesuchter weißer Suprematist. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Jamie Bell hatte sich zur Vorbereitung auf die Rolle ein paar Mal mit dem echten Widner getroffen, der sich damals in einer Art Zeugenschutzprogramm befand.

Der Film fängt mit einer Horde skandierender Neonazis an. Sie ziehen in Columbus, Ohio in die Stadt ein. Dabei stoßen sie auf Gegendemonstranten, darunter auch Jenkins. Es kommt zu gewaltsamen Übergriffen. Ein Farbiger wird verfolgt und unter anderem von Babs brutal zugerichtet. Damit ist der Ton des Films klar. Es geht hart und eklig zu.

Bell hat die Rolle angenommen. Er ist brutal, rastet schnell aus und haut gnadenlos drauf. Im Grunde ist er ein guter Soldat. "Hammer" und "Mom" Shareen haben ihm in dem Moment, wo er Halt brauchte, diesen gegeben. Dann haben sie ihn mit weißem Hass abgefüllt. Dieser Hass, diese Aggressivität schlummert immer unter der Oberfläche. Auch, als er schon aussteigen will.

Leichte Kost ist das, was uns Nattiv und Bell da zeigen, nicht gerade. Vor allem wenn Byron aussteigen will, muss er feststellen, dass die eigene "Familie" nicht vor Gewalt zurückschreckt, wenn es um Verräter geht. Von Anfang an sehen wir, wie Byron über Monate hinweg die Tätowierungen aus dem Gesicht weggelasert werden und wie schmerzhaft das ist.

Im Grunde wollte Byron nur eine Familie haben. Seine Eltern, besonders sein Vater, waren nicht für ihn da. Sein Vater schmiss mit leeren Flaschen nach Byron. Kein Wunder, dass diese kaputten Menschen empfänglich sind für eine Gemeinschaft, wie sie Krager bietet. Gavin ist das jüngste Beispiel, wie Ausreißer und obdachlose Jugendliche "abgeschleppt" werden und dann mit ekligen Ideologien gefüttert werden. Ausgehungert nimmt man auch solche Kost an.

Skin ist ein ansehnlicher Film. Man muss sich aber schon zwei Stunden auf ein trauriges Drama einlassen wollen. Was bei solchen Filmen immer wichtig ist: die Frage, ob sie auch Emotionen auslösen können. Der Zuschauer muss eine Bindung zum Protagonisten herstellen können, damit wir mitfühlen. Das wird durch Bells Schauspiel bewerkstelligt. Es ist schon interessant, den kleinen Billy Elliot auf einmal als Neonazi zu sehen.