Filmplakat Harry und Sally

8/10

"Du hast Angst davor einfach glücklich zu sein." — Harry und Sally, 1989

Harry und Sally

Besprechung

Harry Burns (Billy Crystal) und Sally Albright (Meg Ryan) lernen sich kennen, als sie gemeinsam, frisch vom College, von Chicago nach New York fahren. 18 Stunden Autofahrt. Abwechselnd am Steuer. Beide sind noch jung und so viel haben sie im Leben noch nicht erlebt. Sally ist immer gut gelaunt, hat aber so ihre kleinen Macken, wenn es ums Bestellen von Essen geht. Harry ist schon in jungen Jahren abgebrüht, zynisch und bitter. Er wirft Sally auf der Fahrt so einiges an den Kopf. Er vertritt auch die Meinung, dass Männer und Frauen niemals nur Freunde sein können. Der Sex kommt immer dazwischen und vermiest alles.

Fünf Jahre später begegnen sie sich durch Zufall wieder. Sie ist mit Joe (Steven Ford) zusammen, er steht kurz vor der Heirat mit Helen (Harley Jane Kozak). Die Karten sind also neu gemischt. So sieht das Harry zumindest. Sally hat nur diesen ekligen, pessimistischen Typen in Erinnerung. Aber mit der Ehe vor Augen, ist er nicht mehr so schlimm.

Es vergehen noch einmal fünf Jahre, bis sich Harry und Sally in New York erneut über den Weg laufen. Sie hat sich von Joe getrennt, er wurde von Helen betrogen und steht vor der Scheidung. Noch einmal sind die Karten neu gemischt. In dieser verletzlichen Zeit fangen Harry und Sally an, sich zu befreunden.

Meinung von

Eine der besten romantischen Komödien hat Regisseur Rob Reiner mit Harry und Sally hier abgeliefert. Zum einen ist da die Frage, ob Männer und Frauen "nur" Freunde sein können. Dann zeigt der Film die unterschiedlichen Sichtweisen auf andere Beziehungsfragen. Das ist tatsächlich ein wichtiger Aspekt des Streifens: Männer und Frauen sind unterschiedlich – für alle, die es noch nicht mitbekommen haben. Jeder hat seine Vorstellungen von der Welt und von der Liebe. Diese unterschiedlichen Sichtweisen krachen hier aufeinander.

Der Film basiert ganz lose auf den Erfahrungen von Rob Reiner. Der war verheiratet und dann zehn Jahre Single, wobei er immer verbitterter und zynischer wurde, so wie Harry ist. Autorin Nora Ephron nahm die Geschichten von Reiner und mischte sie in Kontrast zu einer starken, positiven Frau in diese schöne Komödie. Hilfreich für Billy Crystal war, dass er und Reiner sich bereits kannten und gute Freunde waren. So konnte er noch mehr Reiner mit einbringen.

Harry ist also ganz klar der "das Glas ist halb leer"-Typ. Gleich zu Anfang macht er Sally klar, dass er zuerst den Schluss eines Buches liest. Sollte er sterben, wüsste er wenigstens, wie das Buch endete. Sally sagt von sich selber, dass sie noch nichts erlebt habe. Harry analysiert Sally während der Fahrt dahin gehend, dass sie so unfrei ist, weil sie einfach noch nie guten Sex hatte. Da ist das Thema und es steht von Anfang an zwischen ihnen, wie Sally es so schön sagt.

Harry und Sally ist ein Film, der heute wohl nicht mehr im Kino funktionieren würde. Unterm Strich wird sich ständig unterhalten. Menschen reden miteinander. Sie texten nicht, sie schauen sich in die Augen, oder wenigstens telefonieren sie. Harry und Sally unterhalten sich über die Natur von Beziehungen. Harry hat alternativ noch seinen Kumpel Jess (Bruno Kirby) und Sally kann sich noch mit Marie (Carrie Fisher) unterhalten. Aber es bleibt dabei: Menschen, die reden! Das könnten die wenigsten Zuschauer heute ertragen. Um so besser, dass Harry und Sally in der Zeit erschienen ist, in der ... nun ... erschienen ist.

Ein wunderbarer Film über ein Thema, das uns alle umtreibt. Zwei charismatische, glaubwürdige und zugängliche Protagonisten plaudern sich in etwas über 90 Minuten in unsere Herzen. Wenn jemand den Film nicht kennen sollte: Schämt Euch! Aber es sei Euch verziehen, wenn Ihr in Euch schnellstens anschaut!

Die legendäre Szene, in der Sally einen Orgasmus vortäuscht, birgt an sich ein paar kuriose Randgeschichten. Zum einen war der unechte Orgasmus im Restaurant nicht im Drehbuch. Der Vorschlag kam von Meg Ryan, ebenso die Idee, die Szene in einem so öffentlichen Raum spielen zu lassen. Rob Reiner soll von Nora Ephron in einem Gespräch erklärt bekommen haben, dass Frauen ihren Orgasmus vortäuschen. Das wollte, das konnte er nicht glauben. Dann, als der Film das erste Mal vorgeführt wurde, so weiß Reiner zu erzählen, sind bei der Szene alle Frauen vor Lachen beinahe von den Sitzen gerutscht – wohingegen kein einziger Mann gelacht habe. Die waren alle genau so schockiert wie Reiner zuvor.

Und schließlich: Wenn Sally fertig damit ist, Harry zu demonstrieren, dass nicht jede Frau, die zum Höhepunkt kommt auch wirklich kommt, sagt eine ältere Frau am Nebentisch zur Bedienung: Ich will genau das, was sie hatte! Dieser Spruch hat es nicht nur in die Top-100-Liste der größten Zitate des American Film Institutes geschafft. Dieser Spruch der älteren Dame wird von Rob Reiner Mutter Estelle aufgesagt.

Aber auch Billy Crystal hat viel zum Film dazu gesteuert. Darunter auch einer der besten Aussagen zum Thema Liebe: Wenn man begriffen hat, dass man den Rest des Lebens zusammen verbringen will, dann will man, dass der Rest des Lebens so schnell wie möglich beginnt. Groß!

Jeder sollte Harry und Sally gesehen haben. Sei es für die Witze oder die guten Dialoge zum Thema Liebe, Freundschaft und Sex. Man kann dabei etwas lernen. Und sei es, dass Frauen Orgasmen vortäuschen.