Filmplakat Kill Your Friends

8,5/10

"Success is a gang-bang." — Kill Your Friends, 2015

Kill Your Friends

Besprechung

London, Ende der 1990er. Steven Stelfox (Nicholas Hoult) arbeitet beim Plattenlabel Unigram in der A&R-Abteilung. Er ist scharf auf den Posten des „Head of A&R“. Gezielt betreibt er faules Spiel gegen seinen derzeitigen Chef, Schneider (Dustin Demri-Burns). Als der abdanken muss, wittert Steven – der wie irgendwie jeder in der Branche einen Scheiß von der Musikindustrie Ahnung hat – seine Aufstiegschance. Stattdessen bekommt der völlig verblödete und ständig zugekokste Waters (James Corden) den Job. Steven rastet aus und bringt Waters um.

Der ehrgeizige Talentsucher wird Interim-Head. Er braucht einen Hit. Schnell. In Cannes beim jährlichen Musiklabel-Treffen greift er panisch zu, als ihm Rudi (Moritz Bleibtreu) einen miesen und anzüglichen Dance-Song anbietet. Das Teil läuft scheiße in Großbritannien. Steven will an die angesagte schwedische Band „The Lazies“ rankommen, um seinen Fehler wieder gut zumachen, doch die wollen nur mit Parker-Hall (Tom Riley) einen Deal eingehen, Stevens Erzrivalen bei EMI. Unigram kann den Vertrag mit der Band allerdings doch unter Dach und Fach bringen – Parker-Hall fängt als „Head of A&R“ an und wird so Stevens Boss.

Steven weiß nicht weiter. Zu allem Unglück steht auch immer wieder dieser nervige Polizist Woodham (Edward Hogg) auf der Matte, der wegen Waters‘ Mord ermittelt. Mr. Stelfox droht völlig abzustürzen.

Meinung von

Was für eine beschissene Branche! Der Film basiert auf dem gleichnamigen Erfolgsroman von John Niven. Er portraitiert einen Berufszweig, bei dem es nur ums Manipulieren der Massen und ums Zerfleischen innerhalb der eigenen Peergroup geht. Steven Stelfox, wunderbar von einem aalglatten Nicholas Hoult dargestellt, ist das Paradebeispiel für diese Branche. Niemand hat Ahnung von Musik. Er selber hasst Bands wie die Pest. Und doch sind die Typen, die auf Droge bestimmen, wer ein Hit wird, wie Götter. So fühlen sie sich und so gebaren sie sich auch. Steven hat ein Buch, das er liest: "Unleash your Monster". Das sagt eigentlich alles. Eine Art Bibel für ihn, die ihm Anleitung gibt, wie er zu Erfolg kommt und wie er am geschicktesten über Leichen geht – im übertrieben wie auch im wörtlichen Sinne.

Anleitung ist etwas, das Steven fehlt. Er kann keine eigene Entscheidung treffen, keine Aussage darüber machen, was sein Musikstil ist. Das ist auch egal. Hauptsache einen Hit landen und den ausquetschen bis es nicht mehr geht. Und überleben! Wer nicht für sein Überleben sorgt, geht unter, wird vernichtet – etwas, das Steven nicht ertragen könnte.

Nicholas Hoult spricht immer wieder direkt in die Kamera und holt den Zuschauer so ab, zieht ihn in seinen Bann. Wobei Hoult wirklich gut und charismatisch spielt. Ein wenig erinnert er an die fieberhafte Darstellung Christian Bales in American Psycho.

Kill Your Friends ist vom ersten Moment an lustig. Ich saß zumindest beinahe die vollen 100 Minuten debil grinsend in meinem Kinosessel. Es ist ein Drama, das Steven erlebt, immerhin schauen wir uns seinen Überlebenskampf an. Doch wie er kämpft ist so böse, so fies, dass man nur lachen kann. Neben Hoult ist der Unigram-Rechtsanwalt Trellick (Joseph Mawle), der Talentscout Darren (Craig Roberts) und natürlich Moritz Bleibtreus Rudi zu nennen, als Charaktere, die wunderbar porträtiert werden. Trellick ist hinterhältig, verschlagen, gemein. Darren unschuldig, aber begierig in diesem Sauhaufen mitzumischen, dass er jeden Mist mitmacht. Und Rudi ist so ein herrlicher Vollproll. Sein "Hit" ist der letzte Dreck – aber er macht ihn zu Geld. Auch das ist die Musikindustrie. Jeder legt jeden aufs Kreuz. Es fließen enorme Summen und wer es verbockt, der fliegt.

Mit Kill Your Friends hat Regisseur Owen Harris seinen ersten abendfüllenden Kinofilm abgedreht – und er hat einen verdammt guten Job hingelegt. Seine Darstellung der Musikbranche ist glaubwürdig, erschreckend und so, wie er es macht, auch sehr lustig.

Ich fragte mich irgendwann, was Kill Your Friends auf dem Fantasy Filmfest zu suchen hat, werden hier doch gerne eher Horror- und Metzelfilme gezeigt (zu selten SciFi!). Aber ganz am Ende wird auch noch etwas gemetzelt. Schön sauber in der Badewanne … Keine Angst.