Filmplakat The Green Knight

8,5/10

"Ist es falsch Großes von dir zu erwarten?" — The Green Knight, 2021

The Green Knight

Besprechung

An König Artus‘ (Sean Harris) Hof tummelt sich auch dessen Neffe Gawain (Dev Patel) herum. Obwohl von hohem Geblüt, ist er eher ein Taugenichts, der lieber im Hurenhaus rumhängt. Hier verkehrt er bevorzugt mit Essel (Alicia Vikander). Am Weihnachtsabend, als alle Ritter an der Tafelrunde sitzen, fordert der kränkliche Artus Gawain auf, an seiner Seite Platz zu nehmen. Gawain soll dem König und seiner Frau (Kate Dickie) eine Geschichte erzählen, auf dass der König seinen Neffen besser kennenlernen könne.

Doch Gawain hat keine Geschichte zu erzählen. Ihm ist noch nichts passiert, er hat noch nichts erlebt. Da erscheint eine unheimliche Gestalt im Saal. Ein Reiter, der aussieht wie ein Baum, fordert den mutigsten Helden des Reiches heraus mit ihm die Klinge zu kreuzen. Gawain meldet sich. Doch der Grüne Ritter (Ralph Ineson) hat eine Bedingung: Welche Wunde ihm auch immer beigefügt wird, er wird dem Angreifer in einem Jahr die gleiche Wunde zufügen.

Gawain enthauptet den Ritter. Doch der steht wieder auf. Das Jahr vergeht und Gawain muss sich seinem Schicksal stellen. Er muss zur Grünen Kapelle reisen und sich dort dem Grünen Ritter stellen.

Meinung von

"Der Grüne Ritter" heißt eigentlich "Sir Gawain and the Green Knight" im Original. Dabei handelt es sich um eine mittelenglische Ritterromanze eines unbekannten Autors. Regisseur und Drehbuchautor David Lowery hat sich wohl sehr eng an die literarische Vorlage gehalten, hat es sich aber auch nicht nehmen lassen, einige Veränderungen vorzunehmen. Zum Beispiel begleitet im Buch ein Diener des Lords Bertilak de Hautdesert (Joel Edgerton) Gawain zur Kapelle. Lowery lässt einen Fuchs sprechen &nfash; weil: Es ist ein Märchen, da müssen auch sprechende Tiere auftauchen, so der Regisseur in einem Interview.

David Lowery mag wohl die Herausforderungen. Sein letzter Film war der Abschlussfilm von Robert Redford, Ein Gauner und Gentleman. Nun also die Verfilmung einer Ritterromanze. Was ihm und seinem Team bei der Umsetzung wichtig war, ist, dass The Green Knight nicht wie alle anderen mittelalterlich angelegten Filme/Serien ausschaut. Er wollte nicht einen Game of Thrones-Abklatsch. Leder und Co. waren verpönt – zumal der Film vegan umgesetzt wurde. Also war Leder auch keine Option. Hier hat sich die Kostümdesignerin Malgosia Turzanska mit komplett neuen Materialien auseinandersetzen müssen. Was herausgekommen ist, ist sehr schön. Leider – Fuck you, Corona! – habe ich den Film nicht im Kino gesehen. Dort gehört er aber hin. Tolle Bilder, alles gut gespielt, interessante Figuren links und rechts. Die Riesen? So sah ich noch nie welche.

Dev Patel hat das erste Mal von dem Projekt gehört, da steckte er gerade in den Dreharbeiten zum wundervollen David Copperfield. Er war sofort angetan. Schon der zweite Regisseur, der sich sagt "Hautfarbe ist egal. Talent zählt!" und damit einen Schauspieler mit indischem Hintergrund für einen britischen Edelmann gecastet hat. Patel macht seinen Job aber auch wieder verdammt gut. Anfangs ist er schlaksig, ein Weiberheld und Trinker. Als er erkennt, dass er seinem König nichts bieten und keine Heldentaten vorweisen kann, ergreift er die erste Chance, um sich zu beweisen. Sehr überstürzt gehandelt. Alle anwesenden Ritter haben keine Anstalten gemacht die Herausforderung des Grünen Ritters anzunehmen. So macht sich Gawain schnell zur Legende.

Doch dieser Ruhm hält nicht lange. Ein Jahr. Ein Jahr, in dem er nichts gemacht hat, um sich dem unheimlichen Gegner zu stellen. Dass er überhaupt loszieht ist schon ein Wunder. Seine Reise ist dann aber nicht nur von kleinen und großen Abenteuern gepflastert, sie lastet auch schwer auf Gawain. Kann er sich beweisen? Hat er Ehre in sich?

Wir begleiten also Gawain auf seinem schweren Weg zu seinem Schicksal. Wird er ehrenvoll, also ritterlich handeln? So, wie er es von sich selbst erwartet und wünscht. So, wie es seine Umwelt von ihm erwartet. Das Ende war zunächst etwas verwirrend und auch enttäuschend, wurde dann aber geschickt aufgelöst und hat ein stimmiges Ende.

Der Film wirkt während des Schauens. Er wirkt aber auch noch nach. Anschaubefehl. Hier noch einmal die Warnung: Das ist kein Game of Thrones-Abklatsch. Erwartet kein dickes Budget, wildes CGI und riesige Action. Lowery ist ganz im Gegenteil ein Freund – Hach ... – von echten Requisiten und Landschaften. Die Schauspieler sollen sehen, womit sie interagieren. Das tut jedem Film gut. So auch The Green Knight.