Filmplakat Das China-Syndrom

8,5/10

"Ich begreife nicht, wie jemand absichtlich die Unterlagen eines Kernkraftwerks fälschen kann ..." — Das China-Syndrom, 1979

Das China-Syndrom

Besprechung

Eigentlich will die erfolgreiche Lokal-Reporterin Kimberly Wells (Jane Fonda) vom Sender 3 zusammen mit ihrem Kameramann Richard Adams (Michael Douglas) eine Reportage über Energieversorgung machen. Dazu ist sie im Kernkraftwerk Ventana. Von der Besucherempore aus wird das Kamerateam Zeuge eines seltsamen Vorfalls. Der leitende Betriebsingenieur Jack Godell (Jack Lemmon) kommt dabei mächtig ins Schwitzen, steht das Kernkraftwerk doch kurz vor einer Schmelze. Richard filmt den Vorfall heimlich.

Offiziell gab es nur einen kleinen, harmlosen Vorfall. Kimberly muss sich dem Leiter des Senders, Don Jacovich (Peter Donau), beugen und ihre Reportage fallen lassen. Dafür sorgt schon der Ventana-PR-Mann Bill Gibson (James Hampton).

Richard, der Atomgegner ist, bleibt jedoch hartnäckig und stiehlt den Film. Er deckt auf, dass es sich bei dem Vorfall in dem Kraftwerk weiß Gott nicht um eine harmlose Sache gehandelt hat. Auch Godell wird langsam misstrauisch. Die Untersuchung, die auf den Vorfall folgte, ging doch sehr schnell über die Bühne. Zudem findet er ein radioaktives Leck und gefälschte Röntgen-Aufnahmen von Schweißnähten. Von nun an schwebt er in Lebensgefahr und greift zu einem finalen Schritt.

Meinung von

Ah, Atomkraft. So schön sauber und sicher. Und es gibt auch gar keine Probleme mit der Entsorgung des radioaktiven Mülls. Alles super. — Schon in den späten 1970ern waren die Bedenken dieser Technik gegenüber vorhanden, es gab Gegner, es gab Anhörungen, es gab die Atomindustrie, die alles von sich gewiesen hat. Also ganz wie heute auch noch. Na gut, allmählich ist es etwas besser geworden und die Atomindustrie wird zum Glück zurückgefahren.

Was alles passieren kann in so einem Kraftwerk, das zeigt uns Das China-Syndrom auf spannende Weise. Wir werden Zeugen des ersten Vorfalls, der Vertuschung des selben und des Sinneswandels von Godell. Das wird alles flüssig und packend erzählt. Es wird kaum Zeit auf Privatleben von Kimberly oder Richard verschwendet, sondern immer bei der eigentlichen Geschichte geblieben.

Die Atomindustrie will den ganzen Vorfall schön unter den Teppich kehren. Es wartet schon ein weiteres Atomkraftwerk auf Freischaltung. Da fließen Millionen! Eine langwierige Untersuchung oder gar eine Stilllegung von Ventana kann man sich nicht leisten. Also wird geschummelt. Doch nicht nur akut wird die Unwahrheit erzählt. Jack findet heraus, dass Schweißnähte, die vor sechs Jahren geprüft wurden, offensichtlich nicht genau untersucht wurden. Hier wurde fröhlich gepfuscht und vertuscht. Es besteht also eine ernsthafte Gefahr für alle Menschen in Südkalifornien. Doch die Geldsäcke wollen nichts davon wissen. Langsam wandelt sich Godell, langsam aber rechtzeitig. Er war einer der dekorierten Ex-Atom-U-Bott-Leute, die nun im Kraftwerk arbeiten. Er liebt die Anlage und würde alles für sie tun – doch hier wird von skrupellosen Menschen eine Grenze überschritten, die man nicht übertreten darf. Es stehen Menschenleben auf dem Spiel und das nicht zu knapp.

Seine Lösung – die Besetzung des Kontrollraums des Kraftwerkes – ist eine geniale Idee. Kimberly soll ihn live interviewen. Doch der Vorstandsvorsitzende Evan McCormack (Richard Herd) setzt alles daran, Godell mundtot zu machen. Zu viel steht für ihn auf dem Spiel, das kann er nicht von einem alten Techniker zunichte machen lassen. Dumm nur, dass die "Lösung" McCormacks genau das ist, wovor Godell gewarnt hat.

Vielleicht ist es die Tatsache, dass Michael Douglas nicht nur vor der Kamera stand, sondern auch Produzent war, seine Produktionsfirma IPC war ebenfalls beteiligt – das gibt einem das Gefühl, dass Das China-Syndrom ein Film ist, der Douglas am Herzen lag. Das spürt man irgendwie, wenn man den Film sieht. Das China-Syndrom ist ein guter Atomkraft-Gegner-Film, der nicht nur stumpf mit dem Zeigefinger zeigt oder Panik macht, sondern einen möglichen Vorfall zeigt und außerdem schildert, wie das alles vertuscht wird. Ich war jedenfalls sehr angetan von dem Film und fand ihn trotz seines hohen Alters nicht nur aktuell, sondern auch spannend.

Wer sich übrigens fragt, woher der Film seinen Namen hat: Wenn der Fall eingetroffen wäre, der im Film beschrieben ist — Kühlwasser weg, Kernmaterial ist ungeschützt, heißt sich auf, frisst sich durch den Kessel ins Erdreich, wenn es auf Grundwasser trifft verdampft es das explosionsartig in einer radioaktiven Wolke — dann spricht man vom China-Syndrom. Weil sich das radioaktive Material direkt nach unten, "bis nach China" durchfressen würde.